nen *) Gesetze der Bewegungen und Entfernungen der Planeten selbstständig und von neuem zu entdecken. Es war dieses Keplern vorbehalten, dessen Ent- deckungen schon fast vor 2 Jahrhunderten eine Bahn in das Innerste der höheren Naturwissenschaft eröfnet haben, auf welcher erst die jetzige Zeit, durch jene Arbeiten, welche in Physik, Chemie und anderwärts geschehen, weiter fortzuschreiten anfängt, nachdem für die Ungeduld des menschlichen Strebens die etwas späteren Neutonischen Entdeckungen ein nicht unnützli- cher Hemmungspunkt geworden. Es pflegt nämlich der Genius der Welt, wenn in Wissenschaft oder Ge- schichte den künftigen Jahrhunderten ein großes Werk obliegt, den Plan und die Gränzen des Ganzen in einzelnen großen Menschen schnell zu überblicken, wie auch im Einzelnen ein wissenschaftliches Gemüth bey irgend einer geistigen Arbeit am schicklichsten zuerst nach einer schnellen Uebersicht des Planes strebt. Her- nach wird langsam, durch die langfortgesetzte Arbeit ganzer Zeitalter, das im Einzelnen ausgebildet, was der gewaltige Geist jener seltenen Menschen im Ganzen erfaßte, und erst ins Daseyn rief. Allerdings ist durch das glückseelige Werk jener Einzelnen hiebey das Höch-
*) Es ist nämlich nicht unwahrscheinlich, daß jene weisen Alten, von denen ich in der 2ten Vorlesung sprach, auch die Keplerischen Gesetze gekannt haben. Verschiedne Spu- ren leiten uns hierauf, wovon anderwärts gehandelt werden wird. Besonders deutlich scheint es, daß ihnen die ellip- tische Gestalt der Planetenbahnen bekannt war.
nen *) Geſetze der Bewegungen und Entfernungen der Planeten ſelbſtſtaͤndig und von neuem zu entdecken. Es war dieſes Keplern vorbehalten, deſſen Ent- deckungen ſchon faſt vor 2 Jahrhunderten eine Bahn in das Innerſte der hoͤheren Naturwiſſenſchaft eroͤfnet haben, auf welcher erſt die jetzige Zeit, durch jene Arbeiten, welche in Phyſik, Chemie und anderwaͤrts geſchehen, weiter fortzuſchreiten anfaͤngt, nachdem fuͤr die Ungeduld des menſchlichen Strebens die etwas ſpaͤteren Neutoniſchen Entdeckungen ein nicht unnuͤtzli- cher Hemmungspunkt geworden. Es pflegt naͤmlich der Genius der Welt, wenn in Wiſſenſchaft oder Ge- ſchichte den kuͤnftigen Jahrhunderten ein großes Werk obliegt, den Plan und die Graͤnzen des Ganzen in einzelnen großen Menſchen ſchnell zu uͤberblicken, wie auch im Einzelnen ein wiſſenſchaftliches Gemuͤth bey irgend einer geiſtigen Arbeit am ſchicklichſten zuerſt nach einer ſchnellen Ueberſicht des Planes ſtrebt. Her- nach wird langſam, durch die langfortgeſetzte Arbeit ganzer Zeitalter, das im Einzelnen ausgebildet, was der gewaltige Geiſt jener ſeltenen Menſchen im Ganzen erfaßte, und erſt ins Daſeyn rief. Allerdings iſt durch das gluͤckſeelige Werk jener Einzelnen hiebey das Hoͤch-
*) Es iſt naͤmlich nicht unwahrſcheinlich, daß jene weiſen Alten, von denen ich in der 2ten Vorleſung ſprach, auch die Kepleriſchen Geſetze gekannt haben. Verſchiedne Spu- ren leiten uns hierauf, wovon anderwaͤrts gehandelt werden wird. Beſonders deutlich ſcheint es, daß ihnen die ellip- tiſche Geſtalt der Planetenbahnen bekannt war.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0170"n="156"/>
nen <noteplace="foot"n="*)">Es iſt naͤmlich nicht unwahrſcheinlich, daß jene weiſen<lb/>
Alten, von denen ich in der 2ten Vorleſung ſprach, auch<lb/>
die Kepleriſchen Geſetze gekannt haben. Verſchiedne Spu-<lb/>
ren leiten uns hierauf, wovon anderwaͤrts gehandelt werden<lb/>
wird. Beſonders deutlich ſcheint es, daß ihnen die ellip-<lb/>
tiſche Geſtalt der Planetenbahnen bekannt war.</note> Geſetze der Bewegungen und Entfernungen der<lb/>
Planeten ſelbſtſtaͤndig und von neuem zu entdecken.<lb/>
Es war dieſes <hirendition="#g">Keplern</hi> vorbehalten, deſſen Ent-<lb/>
deckungen ſchon faſt vor 2 Jahrhunderten eine Bahn<lb/>
in das Innerſte der hoͤheren Naturwiſſenſchaft eroͤfnet<lb/>
haben, auf welcher erſt die jetzige Zeit, durch jene<lb/>
Arbeiten, welche in Phyſik, Chemie und anderwaͤrts<lb/>
geſchehen, weiter fortzuſchreiten anfaͤngt, nachdem<lb/>
fuͤr die Ungeduld des menſchlichen Strebens die etwas<lb/>ſpaͤteren Neutoniſchen Entdeckungen ein nicht unnuͤtzli-<lb/>
cher Hemmungspunkt geworden. Es pflegt naͤmlich<lb/>
der Genius der Welt, wenn in Wiſſenſchaft oder Ge-<lb/>ſchichte den kuͤnftigen Jahrhunderten ein großes Werk<lb/>
obliegt, den Plan und die Graͤnzen des Ganzen in<lb/>
einzelnen großen Menſchen ſchnell zu uͤberblicken, wie<lb/>
auch im Einzelnen ein wiſſenſchaftliches Gemuͤth bey<lb/>
irgend einer geiſtigen Arbeit am ſchicklichſten zuerſt<lb/>
nach einer ſchnellen Ueberſicht des Planes ſtrebt. Her-<lb/>
nach wird langſam, durch die langfortgeſetzte Arbeit<lb/>
ganzer Zeitalter, das im Einzelnen ausgebildet, was<lb/>
der gewaltige Geiſt jener ſeltenen Menſchen im Ganzen<lb/>
erfaßte, und erſt ins Daſeyn rief. Allerdings iſt durch<lb/>
das gluͤckſeelige Werk jener Einzelnen hiebey das Hoͤch-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[156/0170]
nen *) Geſetze der Bewegungen und Entfernungen der
Planeten ſelbſtſtaͤndig und von neuem zu entdecken.
Es war dieſes Keplern vorbehalten, deſſen Ent-
deckungen ſchon faſt vor 2 Jahrhunderten eine Bahn
in das Innerſte der hoͤheren Naturwiſſenſchaft eroͤfnet
haben, auf welcher erſt die jetzige Zeit, durch jene
Arbeiten, welche in Phyſik, Chemie und anderwaͤrts
geſchehen, weiter fortzuſchreiten anfaͤngt, nachdem
fuͤr die Ungeduld des menſchlichen Strebens die etwas
ſpaͤteren Neutoniſchen Entdeckungen ein nicht unnuͤtzli-
cher Hemmungspunkt geworden. Es pflegt naͤmlich
der Genius der Welt, wenn in Wiſſenſchaft oder Ge-
ſchichte den kuͤnftigen Jahrhunderten ein großes Werk
obliegt, den Plan und die Graͤnzen des Ganzen in
einzelnen großen Menſchen ſchnell zu uͤberblicken, wie
auch im Einzelnen ein wiſſenſchaftliches Gemuͤth bey
irgend einer geiſtigen Arbeit am ſchicklichſten zuerſt
nach einer ſchnellen Ueberſicht des Planes ſtrebt. Her-
nach wird langſam, durch die langfortgeſetzte Arbeit
ganzer Zeitalter, das im Einzelnen ausgebildet, was
der gewaltige Geiſt jener ſeltenen Menſchen im Ganzen
erfaßte, und erſt ins Daſeyn rief. Allerdings iſt durch
das gluͤckſeelige Werk jener Einzelnen hiebey das Hoͤch-
*) Es iſt naͤmlich nicht unwahrſcheinlich, daß jene weiſen
Alten, von denen ich in der 2ten Vorleſung ſprach, auch
die Kepleriſchen Geſetze gekannt haben. Verſchiedne Spu-
ren leiten uns hierauf, wovon anderwaͤrts gehandelt werden
wird. Beſonders deutlich ſcheint es, daß ihnen die ellip-
tiſche Geſtalt der Planetenbahnen bekannt war.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/170>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.