sich im Pflanzenreich nebeneinander, im Raume zu er- kennen giebt.
Die ersten Anfänge des Thierreichs gleichen eben so sehr den Pflanzen als den Thieren, wie bey den er- sten Anfängen des Pflanzenreichs dieselbe Unentschie- denheit statt gefunden. Gallertartig, durchsichtig, gleichsam aus kleineren und größeren Körnern unregel- mäßig zusammengesetzt, erscheinen die Polypen, an dem Pflänzchen oder sonst festen Gegenstand worauf sie sitzen, noch fest gewachsen, und in ihm pflanzen- artig wurzelnd. Ein bloßer Darmkanal mit Armen, pflegen sie immer begierig nach den kleinen Gegenstän- den, welche im Wasser umherschwimmen, zu haschen, und das Verzehrte geht schnell und unmittelbar in die allgemeine Masse des kleinen Körpers über. Die Jun- gen wachsen, wie Zweige und Sprößlinge bey den Pflanzen, aus dem Körper des alten Polypen hervor, und erreichen öfters dieselbe Größe wie der alte, ehe sie sich von diesem trennen. Oefters sieht man aus den noch im väterlichen Körper festsitzenden Jungen, wie- derum neue Junge hervortreiben, und dem mit Kind und Enkel verbundenen Alten, wird von seiner Nach- kommenschaft das Futter, nach welchem alle zugleich haschen, streitig gemacht. Bekannt sind die Versuche des Bonnet und Anderer, die seitdem unzählig oft wie- derholt sind, daß man den Polypen nach allen Rich- tungen zerschneiden, ja umwenden kann wie einen Handschuh, so daß die innre Höhle des Leibes heraus-
R
ſich im Pflanzenreich nebeneinander, im Raume zu er- kennen giebt.
Die erſten Anfaͤnge des Thierreichs gleichen eben ſo ſehr den Pflanzen als den Thieren, wie bey den er- ſten Anfaͤngen des Pflanzenreichs dieſelbe Unentſchie- denheit ſtatt gefunden. Gallertartig, durchſichtig, gleichſam aus kleineren und groͤßeren Koͤrnern unregel- maͤßig zuſammengeſetzt, erſcheinen die Polypen, an dem Pflaͤnzchen oder ſonſt feſten Gegenſtand worauf ſie ſitzen, noch feſt gewachſen, und in ihm pflanzen- artig wurzelnd. Ein bloßer Darmkanal mit Armen, pflegen ſie immer begierig nach den kleinen Gegenſtaͤn- den, welche im Waſſer umherſchwimmen, zu haſchen, und das Verzehrte geht ſchnell und unmittelbar in die allgemeine Maſſe des kleinen Koͤrpers uͤber. Die Jun- gen wachſen, wie Zweige und Sproͤßlinge bey den Pflanzen, aus dem Koͤrper des alten Polypen hervor, und erreichen oͤfters dieſelbe Groͤße wie der alte, ehe ſie ſich von dieſem trennen. Oefters ſieht man aus den noch im vaͤterlichen Koͤrper feſtſitzenden Jungen, wie- derum neue Junge hervortreiben, und dem mit Kind und Enkel verbundenen Alten, wird von ſeiner Nach- kommenſchaft das Futter, nach welchem alle zugleich haſchen, ſtreitig gemacht. Bekannt ſind die Verſuche des Bonnet und Anderer, die ſeitdem unzaͤhlig oft wie- derholt ſind, daß man den Polypen nach allen Rich- tungen zerſchneiden, ja umwenden kann wie einen Handſchuh, ſo daß die innre Hoͤhle des Leibes heraus-
R
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0271"n="257"/>ſich im Pflanzenreich nebeneinander, im Raume zu er-<lb/>
kennen giebt.</p><lb/><p>Die erſten Anfaͤnge des Thierreichs gleichen eben<lb/>ſo ſehr den Pflanzen als den Thieren, wie bey den er-<lb/>ſten Anfaͤngen des Pflanzenreichs dieſelbe Unentſchie-<lb/>
denheit ſtatt gefunden. Gallertartig, durchſichtig,<lb/>
gleichſam aus kleineren und groͤßeren Koͤrnern unregel-<lb/>
maͤßig zuſammengeſetzt, erſcheinen die Polypen, an<lb/>
dem Pflaͤnzchen oder ſonſt feſten Gegenſtand worauf<lb/>ſie ſitzen, noch feſt gewachſen, und in ihm pflanzen-<lb/>
artig wurzelnd. Ein bloßer Darmkanal mit Armen,<lb/>
pflegen ſie immer begierig nach den kleinen Gegenſtaͤn-<lb/>
den, welche im Waſſer umherſchwimmen, zu haſchen,<lb/>
und das Verzehrte geht ſchnell und unmittelbar in die<lb/>
allgemeine Maſſe des kleinen Koͤrpers uͤber. Die Jun-<lb/>
gen wachſen, wie Zweige und Sproͤßlinge bey den<lb/>
Pflanzen, aus dem Koͤrper des alten Polypen hervor,<lb/>
und erreichen oͤfters dieſelbe Groͤße wie der alte, ehe ſie<lb/>ſich von dieſem trennen. Oefters ſieht man aus den<lb/>
noch im vaͤterlichen Koͤrper feſtſitzenden Jungen, wie-<lb/>
derum neue Junge hervortreiben, und dem mit Kind<lb/>
und Enkel verbundenen Alten, wird von ſeiner Nach-<lb/>
kommenſchaft das Futter, nach welchem alle zugleich<lb/>
haſchen, ſtreitig gemacht. Bekannt ſind die Verſuche<lb/>
des Bonnet und Anderer, die ſeitdem unzaͤhlig oft wie-<lb/>
derholt ſind, daß man den Polypen nach allen Rich-<lb/>
tungen zerſchneiden, ja umwenden kann wie einen<lb/>
Handſchuh, ſo daß die innre Hoͤhle des Leibes heraus-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[257/0271]
ſich im Pflanzenreich nebeneinander, im Raume zu er-
kennen giebt.
Die erſten Anfaͤnge des Thierreichs gleichen eben
ſo ſehr den Pflanzen als den Thieren, wie bey den er-
ſten Anfaͤngen des Pflanzenreichs dieſelbe Unentſchie-
denheit ſtatt gefunden. Gallertartig, durchſichtig,
gleichſam aus kleineren und groͤßeren Koͤrnern unregel-
maͤßig zuſammengeſetzt, erſcheinen die Polypen, an
dem Pflaͤnzchen oder ſonſt feſten Gegenſtand worauf
ſie ſitzen, noch feſt gewachſen, und in ihm pflanzen-
artig wurzelnd. Ein bloßer Darmkanal mit Armen,
pflegen ſie immer begierig nach den kleinen Gegenſtaͤn-
den, welche im Waſſer umherſchwimmen, zu haſchen,
und das Verzehrte geht ſchnell und unmittelbar in die
allgemeine Maſſe des kleinen Koͤrpers uͤber. Die Jun-
gen wachſen, wie Zweige und Sproͤßlinge bey den
Pflanzen, aus dem Koͤrper des alten Polypen hervor,
und erreichen oͤfters dieſelbe Groͤße wie der alte, ehe ſie
ſich von dieſem trennen. Oefters ſieht man aus den
noch im vaͤterlichen Koͤrper feſtſitzenden Jungen, wie-
derum neue Junge hervortreiben, und dem mit Kind
und Enkel verbundenen Alten, wird von ſeiner Nach-
kommenſchaft das Futter, nach welchem alle zugleich
haſchen, ſtreitig gemacht. Bekannt ſind die Verſuche
des Bonnet und Anderer, die ſeitdem unzaͤhlig oft wie-
derholt ſind, daß man den Polypen nach allen Rich-
tungen zerſchneiden, ja umwenden kann wie einen
Handſchuh, ſo daß die innre Hoͤhle des Leibes heraus-
R
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/271>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.