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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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Natur übergegangen, von denen es vorhin keine Spur
zeigte. Doch wäre dieser Fall nicht einzig. Wenn,
wie die Geschichte der Erde lehrt, einst die Bildung der
ganzen jetzigen festen Masse aus dem Flüssigen möglich
war, wenn die Bestandtheile dieser festen Masse, nicht
alle zugleich in dem flüssigen Chaos enthalten seyn
konnten, sondern der Gehalt der allgemeinen Fluthen
zu verschiedenen Zeiten verschieden seyn mußte, so zei-
gen sich schon hierinnen eine Menge Erscheinungen,
welche unsre jetzige Chemie noch nicht zu lösen vermag,
und welche für die Möglichkeit des Ueberganges einer
für einfach gehaltnen Grundform in die andre sprechen.

Auch selbst im Thierreich muß das Wasser in ge-
wissen Fällen noch ernährend wirken, wie im Pflan-
zenreich, ja selbst für die Natur des Menschen scheint
ihm dieses Vermögen nicht ganz abzusprechen, und wir
finden in den Büchern der Aerzte mehrere Beyspiele
verzeichnet, in denen ohne einigen Genuß von Nah-
rungsmitteln, durch bloßes Wassertrinken das Leben
lange Zeit gefristet wurde. Vier und zwanzig Tage
erhielt sich jener Schwermüthige, welcher aus Dürf-
tigkeit und Lebensüberdruß den Hungertod erwählt hat-
te, blos bey dem Genuß des Wassers kräftig, und als
nach dieser Zeit die hinzukommenden Freunde ihn von
neuem Speise zu nehmen nöthigten, geschahe der Ueber-
gang zu der gewöhnlichen Weise des Lebens leicht, und
in wenigen Tagen. Jener Wahnsinnige zu Haarlem,
der sich in seinem Wahn, an einen einsamen Ort be-

Natur uͤbergegangen, von denen es vorhin keine Spur
zeigte. Doch waͤre dieſer Fall nicht einzig. Wenn,
wie die Geſchichte der Erde lehrt, einſt die Bildung der
ganzen jetzigen feſten Maſſe aus dem Fluͤſſigen moͤglich
war, wenn die Beſtandtheile dieſer feſten Maſſe, nicht
alle zugleich in dem fluͤſſigen Chaos enthalten ſeyn
konnten, ſondern der Gehalt der allgemeinen Fluthen
zu verſchiedenen Zeiten verſchieden ſeyn mußte, ſo zei-
gen ſich ſchon hierinnen eine Menge Erſcheinungen,
welche unſre jetzige Chemie noch nicht zu loͤſen vermag,
und welche fuͤr die Moͤglichkeit des Ueberganges einer
fuͤr einfach gehaltnen Grundform in die andre ſprechen.

Auch ſelbſt im Thierreich muß das Waſſer in ge-
wiſſen Faͤllen noch ernaͤhrend wirken, wie im Pflan-
zenreich, ja ſelbſt fuͤr die Natur des Menſchen ſcheint
ihm dieſes Vermoͤgen nicht ganz abzuſprechen, und wir
finden in den Buͤchern der Aerzte mehrere Beyſpiele
verzeichnet, in denen ohne einigen Genuß von Nah-
rungsmitteln, durch bloßes Waſſertrinken das Leben
lange Zeit gefriſtet wurde. Vier und zwanzig Tage
erhielt ſich jener Schwermuͤthige, welcher aus Duͤrf-
tigkeit und Lebensuͤberdruß den Hungertod erwaͤhlt hat-
te, blos bey dem Genuß des Waſſers kraͤftig, und als
nach dieſer Zeit die hinzukommenden Freunde ihn von
neuem Speiſe zu nehmen noͤthigten, geſchahe der Ueber-
gang zu der gewoͤhnlichen Weiſe des Lebens leicht, und
in wenigen Tagen. Jener Wahnſinnige zu Haarlem,
der ſich in ſeinem Wahn, an einen einſamen Ort be-

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[272/0286] Natur uͤbergegangen, von denen es vorhin keine Spur zeigte. Doch waͤre dieſer Fall nicht einzig. Wenn, wie die Geſchichte der Erde lehrt, einſt die Bildung der ganzen jetzigen feſten Maſſe aus dem Fluͤſſigen moͤglich war, wenn die Beſtandtheile dieſer feſten Maſſe, nicht alle zugleich in dem fluͤſſigen Chaos enthalten ſeyn konnten, ſondern der Gehalt der allgemeinen Fluthen zu verſchiedenen Zeiten verſchieden ſeyn mußte, ſo zei- gen ſich ſchon hierinnen eine Menge Erſcheinungen, welche unſre jetzige Chemie noch nicht zu loͤſen vermag, und welche fuͤr die Moͤglichkeit des Ueberganges einer fuͤr einfach gehaltnen Grundform in die andre ſprechen. Auch ſelbſt im Thierreich muß das Waſſer in ge- wiſſen Faͤllen noch ernaͤhrend wirken, wie im Pflan- zenreich, ja ſelbſt fuͤr die Natur des Menſchen ſcheint ihm dieſes Vermoͤgen nicht ganz abzuſprechen, und wir finden in den Buͤchern der Aerzte mehrere Beyſpiele verzeichnet, in denen ohne einigen Genuß von Nah- rungsmitteln, durch bloßes Waſſertrinken das Leben lange Zeit gefriſtet wurde. Vier und zwanzig Tage erhielt ſich jener Schwermuͤthige, welcher aus Duͤrf- tigkeit und Lebensuͤberdruß den Hungertod erwaͤhlt hat- te, blos bey dem Genuß des Waſſers kraͤftig, und als nach dieſer Zeit die hinzukommenden Freunde ihn von neuem Speiſe zu nehmen noͤthigten, geſchahe der Ueber- gang zu der gewoͤhnlichen Weiſe des Lebens leicht, und in wenigen Tagen. Jener Wahnſinnige zu Haarlem, der ſich in ſeinem Wahn, an einen einſamen Ort be-

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/286>, abgerufen am 25.11.2024.