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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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das ewige Meer gehen, an ferner Küste, vernahmen
wir von einem letzten Ruheort. Wird doch dort die
innre Gluth sich kühlen, die tiefe Wunde heilen! Blü-
he dann ab arme Zeitlose, wenn der Winter naht, ein-
zige späte Blüthe, welche keine Früchte trägt. Deine
Früchte, du wunderbare Blume! wird jenseit des
Winters ein neuer ferner Frühling reifen.

Endlich siehe, die Sonne der hohen Mannskraft
ist hinunter. Des Weges letzter Theil war öde und
einsam. Alle Blüthen waren vorüber, und selbst die
Früchte die sie uns getragen! denn was wir für unser
ewiges Eigenthum gehalten, hat das Schicksal, dessen
freye Gabe es gewesen, zurückgenommen. Noch vor
unsren Augen ist in Trümmer gesunken ein Theil unsres
Tagewerks, das für die Ewigkeit gebaut schien, und
von der jungen Welt vergessen. Nur der Wille, das
Streben in uns, das sich bis ans Grab nur immer rei-
ner und besser geworden, erhalten, war unser, und
an diesem hält sich das innre Vertrauen fest. Erreicht
ist die stille Küste, wo sich der einst so mächtige Strom
ins Meer verlohren, und der graue Wandrer siehet sich
einsam unter Gräbern. Noch ist das tiefe Sehnen,
das uns bis hieher geführt, nicht gesättigt, ach selbst
die Hofnung des Sommers, welcher es reifen sollte,
ist nun vorüber, und die Zeit des Schnees bedeckt die
Saat eines künftigen Frühlings. Da blickt durch die
Trümmer einer alten hohen Vergangenheit, der Mond
mit vollem Licht herein. Der Himmel öffnet sich dort

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das ewige Meer gehen, an ferner Kuͤſte, vernahmen
wir von einem letzten Ruheort. Wird doch dort die
innre Gluth ſich kuͤhlen, die tiefe Wunde heilen! Bluͤ-
he dann ab arme Zeitloſe, wenn der Winter naht, ein-
zige ſpaͤte Bluͤthe, welche keine Fruͤchte traͤgt. Deine
Fruͤchte, du wunderbare Blume! wird jenſeit des
Winters ein neuer ferner Fruͤhling reifen.

Endlich ſiehe, die Sonne der hohen Mannskraft
iſt hinunter. Des Weges letzter Theil war oͤde und
einſam. Alle Bluͤthen waren voruͤber, und ſelbſt die
Fruͤchte die ſie uns getragen! denn was wir fuͤr unſer
ewiges Eigenthum gehalten, hat das Schickſal, deſſen
freye Gabe es geweſen, zuruͤckgenommen. Noch vor
unſren Augen iſt in Truͤmmer geſunken ein Theil unſres
Tagewerks, das fuͤr die Ewigkeit gebaut ſchien, und
von der jungen Welt vergeſſen. Nur der Wille, das
Streben in uns, das ſich bis ans Grab nur immer rei-
ner und beſſer geworden, erhalten, war unſer, und
an dieſem haͤlt ſich das innre Vertrauen feſt. Erreicht
iſt die ſtille Kuͤſte, wo ſich der einſt ſo maͤchtige Strom
ins Meer verlohren, und der graue Wandrer ſiehet ſich
einſam unter Graͤbern. Noch iſt das tiefe Sehnen,
das uns bis hieher gefuͤhrt, nicht geſaͤttigt, ach ſelbſt
die Hofnung des Sommers, welcher es reifen ſollte,
iſt nun voruͤber, und die Zeit des Schnees bedeckt die
Saat eines kuͤnftigen Fruͤhlings. Da blickt durch die
Truͤmmer einer alten hohen Vergangenheit, der Mond
mit vollem Licht herein. Der Himmel oͤffnet ſich dort

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[307/0321] das ewige Meer gehen, an ferner Kuͤſte, vernahmen wir von einem letzten Ruheort. Wird doch dort die innre Gluth ſich kuͤhlen, die tiefe Wunde heilen! Bluͤ- he dann ab arme Zeitloſe, wenn der Winter naht, ein- zige ſpaͤte Bluͤthe, welche keine Fruͤchte traͤgt. Deine Fruͤchte, du wunderbare Blume! wird jenſeit des Winters ein neuer ferner Fruͤhling reifen. Endlich ſiehe, die Sonne der hohen Mannskraft iſt hinunter. Des Weges letzter Theil war oͤde und einſam. Alle Bluͤthen waren voruͤber, und ſelbſt die Fruͤchte die ſie uns getragen! denn was wir fuͤr unſer ewiges Eigenthum gehalten, hat das Schickſal, deſſen freye Gabe es geweſen, zuruͤckgenommen. Noch vor unſren Augen iſt in Truͤmmer geſunken ein Theil unſres Tagewerks, das fuͤr die Ewigkeit gebaut ſchien, und von der jungen Welt vergeſſen. Nur der Wille, das Streben in uns, das ſich bis ans Grab nur immer rei- ner und beſſer geworden, erhalten, war unſer, und an dieſem haͤlt ſich das innre Vertrauen feſt. Erreicht iſt die ſtille Kuͤſte, wo ſich der einſt ſo maͤchtige Strom ins Meer verlohren, und der graue Wandrer ſiehet ſich einſam unter Graͤbern. Noch iſt das tiefe Sehnen, das uns bis hieher gefuͤhrt, nicht geſaͤttigt, ach ſelbſt die Hofnung des Sommers, welcher es reifen ſollte, iſt nun voruͤber, und die Zeit des Schnees bedeckt die Saat eines kuͤnftigen Fruͤhlings. Da blickt durch die Truͤmmer einer alten hohen Vergangenheit, der Mond mit vollem Licht herein. Der Himmel oͤffnet ſich dort U 2

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/321>, abgerufen am 24.11.2024.