Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich würde zu weitläuftig werden, wenn ich, was
indeß anderwärts geschehen soll, auseinandersetzte, wie
sich im ganzen Thierreich, das was auf den höheren
Stufen vollkommen, und zu seiner Bestimmung taug-
lich hervortritt, in den früheren als bloßes Streben,
als unvollkommene dem Anschein nach zwecklose Anlage
zeigt, wie sich zum Beyspiel, in den Geschlechtern der
Fische, besonders in jenen, welche dem egyptischen
Bischir verwandt sind, auf eine ähnliche Weise, die
ersten Anfänge der künftigen Gliedmassen, wie sie bey
den Amphibien hervortreten, unvollkommen voraus
verkündigen. Nichts weniger als zu dem eigentlichen
Gebrauch der Glieder fähig, jedoch auch schon als
Flosse nicht mehr so wie in früheren Geschlechtern taug-
lich. Bey den Amphibien sind gerade die Theile, wel-
che schon Uebereinstimmungen mit dem Bau der Vögel
zeigen, dem Anscheine nach die nutzlosesten, so wie die
Anlage der künftigen Finger die sich bekanntlich schon
an dem Flügel der Vögel zeigt, für das Daseyn des
Vogels selber völlig zwecklos ist.

Man wird sich erinnern, wie ich in meiner letz-
ten Vorlesung von zwey entgegengesetzten Reihen des
Thierreichs sprach, die besonders in der Klasse der
Säugethiere aufgezeigt wurden. Da wo die erste Klas-
se, die der Pflanzenfressenden Thiere, ihrem Gipfel na-
he ist, in dem Geschlecht der Elephanten, hat in frü-
heren Zeiten das jetzt untergegangene Thier gestanden,
welches schon die ersten Anlagen der darauf folgenden

Ich wuͤrde zu weitlaͤuftig werden, wenn ich, was
indeß anderwaͤrts geſchehen ſoll, auseinanderſetzte, wie
ſich im ganzen Thierreich, das was auf den hoͤheren
Stufen vollkommen, und zu ſeiner Beſtimmung taug-
lich hervortritt, in den fruͤheren als bloßes Streben,
als unvollkommene dem Anſchein nach zweckloſe Anlage
zeigt, wie ſich zum Beyſpiel, in den Geſchlechtern der
Fiſche, beſonders in jenen, welche dem egyptiſchen
Biſchir verwandt ſind, auf eine aͤhnliche Weiſe, die
erſten Anfaͤnge der kuͤnftigen Gliedmaſſen, wie ſie bey
den Amphibien hervortreten, unvollkommen voraus
verkuͤndigen. Nichts weniger als zu dem eigentlichen
Gebrauch der Glieder faͤhig, jedoch auch ſchon als
Floſſe nicht mehr ſo wie in fruͤheren Geſchlechtern taug-
lich. Bey den Amphibien ſind gerade die Theile, wel-
che ſchon Uebereinſtimmungen mit dem Bau der Voͤgel
zeigen, dem Anſcheine nach die nutzloſeſten, ſo wie die
Anlage der kuͤnftigen Finger die ſich bekanntlich ſchon
an dem Fluͤgel der Voͤgel zeigt, fuͤr das Daſeyn des
Vogels ſelber voͤllig zwecklos iſt.

Man wird ſich erinnern, wie ich in meiner letz-
ten Vorleſung von zwey entgegengeſetzten Reihen des
Thierreichs ſprach, die beſonders in der Klaſſe der
Saͤugethiere aufgezeigt wurden. Da wo die erſte Klaſ-
ſe, die der Pflanzenfreſſenden Thiere, ihrem Gipfel na-
he iſt, in dem Geſchlecht der Elephanten, hat in fruͤ-
heren Zeiten das jetzt untergegangene Thier geſtanden,
welches ſchon die erſten Anlagen der darauf folgenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0329" n="315"/>
        <p>Ich wu&#x0364;rde zu weitla&#x0364;uftig werden, wenn ich, was<lb/>
indeß anderwa&#x0364;rts ge&#x017F;chehen &#x017F;oll, auseinander&#x017F;etzte, wie<lb/>
&#x017F;ich im ganzen Thierreich, das was auf den ho&#x0364;heren<lb/>
Stufen vollkommen, und zu &#x017F;einer Be&#x017F;timmung taug-<lb/>
lich hervortritt, in den fru&#x0364;heren als bloßes Streben,<lb/>
als unvollkommene dem An&#x017F;chein nach zwecklo&#x017F;e Anlage<lb/>
zeigt, wie &#x017F;ich zum Bey&#x017F;piel, in den Ge&#x017F;chlechtern der<lb/>
Fi&#x017F;che, be&#x017F;onders in jenen, welche dem egypti&#x017F;chen<lb/>
Bi&#x017F;chir verwandt &#x017F;ind, auf eine a&#x0364;hnliche Wei&#x017F;e, die<lb/>
er&#x017F;ten Anfa&#x0364;nge der ku&#x0364;nftigen Gliedma&#x017F;&#x017F;en, wie &#x017F;ie bey<lb/>
den Amphibien hervortreten, unvollkommen voraus<lb/>
verku&#x0364;ndigen. Nichts weniger als zu dem eigentlichen<lb/>
Gebrauch der Glieder fa&#x0364;hig, jedoch auch &#x017F;chon als<lb/>
Flo&#x017F;&#x017F;e nicht mehr &#x017F;o wie in fru&#x0364;heren Ge&#x017F;chlechtern taug-<lb/>
lich. Bey den Amphibien &#x017F;ind gerade die Theile, wel-<lb/>
che &#x017F;chon Ueberein&#x017F;timmungen mit dem Bau der Vo&#x0364;gel<lb/>
zeigen, dem An&#x017F;cheine nach die nutzlo&#x017F;e&#x017F;ten, &#x017F;o wie die<lb/>
Anlage der ku&#x0364;nftigen Finger die &#x017F;ich bekanntlich &#x017F;chon<lb/>
an dem Flu&#x0364;gel der Vo&#x0364;gel zeigt, fu&#x0364;r das Da&#x017F;eyn des<lb/>
Vogels &#x017F;elber vo&#x0364;llig zwecklos i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Man wird &#x017F;ich erinnern, wie ich in meiner letz-<lb/>
ten Vorle&#x017F;ung von zwey entgegenge&#x017F;etzten Reihen des<lb/>
Thierreichs &#x017F;prach, die be&#x017F;onders in der Kla&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Sa&#x0364;ugethiere aufgezeigt wurden. Da wo die er&#x017F;te Kla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e, die der Pflanzenfre&#x017F;&#x017F;enden Thiere, ihrem Gipfel na-<lb/>
he i&#x017F;t, in dem Ge&#x017F;chlecht der Elephanten, hat in fru&#x0364;-<lb/>
heren Zeiten das jetzt untergegangene Thier ge&#x017F;tanden,<lb/>
welches &#x017F;chon die er&#x017F;ten Anlagen der darauf folgenden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0329] Ich wuͤrde zu weitlaͤuftig werden, wenn ich, was indeß anderwaͤrts geſchehen ſoll, auseinanderſetzte, wie ſich im ganzen Thierreich, das was auf den hoͤheren Stufen vollkommen, und zu ſeiner Beſtimmung taug- lich hervortritt, in den fruͤheren als bloßes Streben, als unvollkommene dem Anſchein nach zweckloſe Anlage zeigt, wie ſich zum Beyſpiel, in den Geſchlechtern der Fiſche, beſonders in jenen, welche dem egyptiſchen Biſchir verwandt ſind, auf eine aͤhnliche Weiſe, die erſten Anfaͤnge der kuͤnftigen Gliedmaſſen, wie ſie bey den Amphibien hervortreten, unvollkommen voraus verkuͤndigen. Nichts weniger als zu dem eigentlichen Gebrauch der Glieder faͤhig, jedoch auch ſchon als Floſſe nicht mehr ſo wie in fruͤheren Geſchlechtern taug- lich. Bey den Amphibien ſind gerade die Theile, wel- che ſchon Uebereinſtimmungen mit dem Bau der Voͤgel zeigen, dem Anſcheine nach die nutzloſeſten, ſo wie die Anlage der kuͤnftigen Finger die ſich bekanntlich ſchon an dem Fluͤgel der Voͤgel zeigt, fuͤr das Daſeyn des Vogels ſelber voͤllig zwecklos iſt. Man wird ſich erinnern, wie ich in meiner letz- ten Vorleſung von zwey entgegengeſetzten Reihen des Thierreichs ſprach, die beſonders in der Klaſſe der Saͤugethiere aufgezeigt wurden. Da wo die erſte Klaſ- ſe, die der Pflanzenfreſſenden Thiere, ihrem Gipfel na- he iſt, in dem Geſchlecht der Elephanten, hat in fruͤ- heren Zeiten das jetzt untergegangene Thier geſtanden, welches ſchon die erſten Anlagen der darauf folgenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/329
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/329>, abgerufen am 24.11.2024.