nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken öfters auf die Probe gestellt. Man verband die oh- nehin schon fest verschlossenen Augen noch zum Ueber- fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte sie die stillschweigend in das Zimmer hereintretenden Personen sogleich. Besonders wurde der Magnetiseur selber, wenn er so unkenntlich als möglich hereinkam, und von den Anwesenden mit einem fremden Nahmen begrüßt ward, von ihr sogleich erkannt.
Ich will hier nicht einmal jener räthselhafteren Versuche gedenken, die übrigens von einigen sehr glaub- würdigen Aerzten aufgeführt werden, wozu jener ge- hört, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner Brief von der magnetisch Schlafenden gelesen wurde, welcher Versuch auch neuerlich in der Nähe von Jena von einigen verdienstvollen Männern wiederholt ist. Ohnehin ist das allgemeiner bekannte Vermögen der magnetisch Schlafenden, in das Innre ihres eignen Körpers zu sehen, schon befremdend genug. Eine vor wenigen Jahren in einer berühmten Universitäts- stadt magnetisirte junge Bäuerin, die von der innern Beschaffenheit ihres Körpers auch nicht den mindesten Begriff hatte, beschrieb dem Magnetiseur alle innre Theile der Brusthöhle und des Unterleibes auf eine zwar bildliche, aber leicht verständliche Weise. Jene oft erwähnte junge Somnambüle des Bremer Heine- cken, versicherte, daß sie während des magnetischen Schlafs, "wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und Wärme durchdrungen wären, das Blut in ihren Adern
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nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken oͤfters auf die Probe geſtellt. Man verband die oh- nehin ſchon feſt verſchloſſenen Augen noch zum Ueber- fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte ſie die ſtillſchweigend in das Zimmer hereintretenden Perſonen ſogleich. Beſonders wurde der Magnetiſeur ſelber, wenn er ſo unkenntlich als moͤglich hereinkam, und von den Anweſenden mit einem fremden Nahmen begruͤßt ward, von ihr ſogleich erkannt.
Ich will hier nicht einmal jener raͤthſelhafteren Verſuche gedenken, die uͤbrigens von einigen ſehr glaub- wuͤrdigen Aerzten aufgefuͤhrt werden, wozu jener ge- hoͤrt, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner Brief von der magnetiſch Schlafenden geleſen wurde, welcher Verſuch auch neuerlich in der Naͤhe von Jena von einigen verdienſtvollen Maͤnnern wiederholt iſt. Ohnehin iſt das allgemeiner bekannte Vermoͤgen der magnetiſch Schlafenden, in das Innre ihres eignen Koͤrpers zu ſehen, ſchon befremdend genug. Eine vor wenigen Jahren in einer beruͤhmten Univerſitaͤts- ſtadt magnetiſirte junge Baͤuerin, die von der innern Beſchaffenheit ihres Koͤrpers auch nicht den mindeſten Begriff hatte, beſchrieb dem Magnetiſeur alle innre Theile der Bruſthoͤhle und des Unterleibes auf eine zwar bildliche, aber leicht verſtaͤndliche Weiſe. Jene oft erwaͤhnte junge Somnambuͤle des Bremer Heine- cken, verſicherte, daß ſie waͤhrend des magnetiſchen Schlafs, „wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und Waͤrme durchdrungen waͤren, das Blut in ihren Adern
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nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken
oͤfters auf die Probe geſtellt. Man verband die oh-
nehin ſchon feſt verſchloſſenen Augen noch zum Ueber-
fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte ſie die
ſtillſchweigend in das Zimmer hereintretenden Perſonen
ſogleich. Beſonders wurde der Magnetiſeur ſelber,
wenn er ſo unkenntlich als moͤglich hereinkam, und von
den Anweſenden mit einem fremden Nahmen begruͤßt
ward, von ihr ſogleich erkannt.
Ich will hier nicht einmal jener raͤthſelhafteren
Verſuche gedenken, die uͤbrigens von einigen ſehr glaub-
wuͤrdigen Aerzten aufgefuͤhrt werden, wozu jener ge-
hoͤrt, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner
Brief von der magnetiſch Schlafenden geleſen wurde,
welcher Verſuch auch neuerlich in der Naͤhe von Jena
von einigen verdienſtvollen Maͤnnern wiederholt iſt.
Ohnehin iſt das allgemeiner bekannte Vermoͤgen der
magnetiſch Schlafenden, in das Innre ihres eignen
Koͤrpers zu ſehen, ſchon befremdend genug. Eine
vor wenigen Jahren in einer beruͤhmten Univerſitaͤts-
ſtadt magnetiſirte junge Baͤuerin, die von der innern
Beſchaffenheit ihres Koͤrpers auch nicht den mindeſten
Begriff hatte, beſchrieb dem Magnetiſeur alle innre
Theile der Bruſthoͤhle und des Unterleibes auf eine
zwar bildliche, aber leicht verſtaͤndliche Weiſe. Jene
oft erwaͤhnte junge Somnambuͤle des Bremer Heine-
cken, verſicherte, daß ſie waͤhrend des magnetiſchen
Schlafs, „wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und
Waͤrme durchdrungen waͤren, das Blut in ihren Adern
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/353>, abgerufen am 22.11.2024.
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