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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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Wachen nichts ähnliches hat, diese Zustände hängen
nicht blos rückwärts, sondern auch vorwärts ungemein
unter sich selber und mit allen ihnen verwandten körperli-
chen Ereignissen zusammen. Kaum war das junge Mäd-
chen, dessen Geschichte uns hier vorzüglich beschäftigt,
zum ersten Male durch das Magnetisiren in jenen
Zustand des höheren Bewußtseyns versetzt worden, wo
sie aber anfänglich noch nicht zu sprechen vermochte,
als sie durch Zeichen zu verstehen gab, daß sie nach
3 Wochen, während des magnetischen Schlafes, wer-
de sprechen können. Diese Vorhersagung traf genau
ein, und der erste Gebrauch, welchen sie von dieser
neuerlangten Gabe machte, war, daß sie andre kör-
perliche Veränderungen, und neue Perioden des mag-
netischen Schlafs voraussagte, und sich selber Mittel
verordnete, die bey der Anwendung überaus wohlthä-
tig befunden wurden. Ein andres Mal sagte sie voraus
daß die schlimmen Zufälle ihrer Krankheit noch 4 Mo-
nate anhalten würden, daß sie aber nur noch 3 Mona-
te lang anhaltend magnetisirt werden müsse. Oefters
sagte sie, voraus, daß sie heute frey von Kopfschmer-
zen seyn würde, und eben so oft kündigte sie bevorste-
hende Ohnmachten genau bis auf die Minute voraus
an. Merkwürdig war es in dieser Hinsicht besonders,
daß sie, als einst das von ihr selber verordnete Fußbad
vergessen war, sich dieses Vergessens im magnetischen
Schlaf erinnerte, und sich schmerzlich darüber beklag-
te, weil sie nun Abends um 8 Uhr fürchterliche Kräm-
pfe mit Bewußtlosigkeit bekommen würde, die genau

Wachen nichts aͤhnliches hat, dieſe Zuſtaͤnde haͤngen
nicht blos ruͤckwaͤrts, ſondern auch vorwaͤrts ungemein
unter ſich ſelber und mit allen ihnen verwandten koͤrperli-
chen Ereigniſſen zuſammen. Kaum war das junge Maͤd-
chen, deſſen Geſchichte uns hier vorzuͤglich beſchaͤftigt,
zum erſten Male durch das Magnetiſiren in jenen
Zuſtand des hoͤheren Bewußtſeyns verſetzt worden, wo
ſie aber anfaͤnglich noch nicht zu ſprechen vermochte,
als ſie durch Zeichen zu verſtehen gab, daß ſie nach
3 Wochen, waͤhrend des magnetiſchen Schlafes, wer-
de ſprechen koͤnnen. Dieſe Vorherſagung traf genau
ein, und der erſte Gebrauch, welchen ſie von dieſer
neuerlangten Gabe machte, war, daß ſie andre koͤr-
perliche Veraͤnderungen, und neue Perioden des mag-
netiſchen Schlafs vorausſagte, und ſich ſelber Mittel
verordnete, die bey der Anwendung uͤberaus wohlthaͤ-
tig befunden wurden. Ein andres Mal ſagte ſie voraus
daß die ſchlimmen Zufaͤlle ihrer Krankheit noch 4 Mo-
nate anhalten wuͤrden, daß ſie aber nur noch 3 Mona-
te lang anhaltend magnetiſirt werden muͤſſe. Oefters
ſagte ſie, voraus, daß ſie heute frey von Kopfſchmer-
zen ſeyn wuͤrde, und eben ſo oft kuͤndigte ſie bevorſte-
hende Ohnmachten genau bis auf die Minute voraus
an. Merkwuͤrdig war es in dieſer Hinſicht beſonders,
daß ſie, als einſt das von ihr ſelber verordnete Fußbad
vergeſſen war, ſich dieſes Vergeſſens im magnetiſchen
Schlaf erinnerte, und ſich ſchmerzlich daruͤber beklag-
te, weil ſie nun Abends um 8 Uhr fuͤrchterliche Kraͤm-
pfe mit Bewußtloſigkeit bekommen wuͤrde, die genau

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[341/0355] Wachen nichts aͤhnliches hat, dieſe Zuſtaͤnde haͤngen nicht blos ruͤckwaͤrts, ſondern auch vorwaͤrts ungemein unter ſich ſelber und mit allen ihnen verwandten koͤrperli- chen Ereigniſſen zuſammen. Kaum war das junge Maͤd- chen, deſſen Geſchichte uns hier vorzuͤglich beſchaͤftigt, zum erſten Male durch das Magnetiſiren in jenen Zuſtand des hoͤheren Bewußtſeyns verſetzt worden, wo ſie aber anfaͤnglich noch nicht zu ſprechen vermochte, als ſie durch Zeichen zu verſtehen gab, daß ſie nach 3 Wochen, waͤhrend des magnetiſchen Schlafes, wer- de ſprechen koͤnnen. Dieſe Vorherſagung traf genau ein, und der erſte Gebrauch, welchen ſie von dieſer neuerlangten Gabe machte, war, daß ſie andre koͤr- perliche Veraͤnderungen, und neue Perioden des mag- netiſchen Schlafs vorausſagte, und ſich ſelber Mittel verordnete, die bey der Anwendung uͤberaus wohlthaͤ- tig befunden wurden. Ein andres Mal ſagte ſie voraus daß die ſchlimmen Zufaͤlle ihrer Krankheit noch 4 Mo- nate anhalten wuͤrden, daß ſie aber nur noch 3 Mona- te lang anhaltend magnetiſirt werden muͤſſe. Oefters ſagte ſie, voraus, daß ſie heute frey von Kopfſchmer- zen ſeyn wuͤrde, und eben ſo oft kuͤndigte ſie bevorſte- hende Ohnmachten genau bis auf die Minute voraus an. Merkwuͤrdig war es in dieſer Hinſicht beſonders, daß ſie, als einſt das von ihr ſelber verordnete Fußbad vergeſſen war, ſich dieſes Vergeſſens im magnetiſchen Schlaf erinnerte, und ſich ſchmerzlich daruͤber beklag- te, weil ſie nun Abends um 8 Uhr fuͤrchterliche Kraͤm- pfe mit Bewußtloſigkeit bekommen wuͤrde, die genau

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/355>, abgerufen am 22.11.2024.