eintrafen. Oefters, wenn sie solche Krankheitsanfäl- le voraussahe, gab sie zugleich Mittel an, sie zu lin- dern, welche dann wohlthälig befunden wurden. Bey dem Erwachen wußte sie nie etwas von ihren Vorher- sagungen, und die Anfälle, die sie ihren Verwandten so genau vorausgesagt hatte, kamen ihr selber völlig unerwartet.
Diese Vorhersagungen, die immer so pünktlich ein- trafen, giengen öfters über mehrere Monate hinaus. So kündigte sie schon am 25sten März, mithin 7 Wo- chen vorher an, daß am 14ten May ihr magnetischer Schlaf seinen höchsten Gipfel erreichen, und daß sie dann einen ganzen Tag schlafen würde, ja den Tag darauf, als sie wieder im Somnambulismus zum Sprechen kam, bestätigte sie nicht blos dieses, sondern fügte noch hinzu, daß sie über 18 Wochen wahrscheinlich zum letzten Mal in diesem Jahr magnetisch schlafen würde, dann erst wieder im künftigen Jahr am letzten Ostertage. Dieses alles wurde genau erfüllt, und der 14te May war einer der merkwürdigsten Tage in dieser ganzen Krankengeschichte.
Zuweilen sagen die Kranken nicht blos körperliche Veränderungen, sondern selbst tieferliegende, geistige voraus. So wußte das oft erwähnte junge Mädchen die Fragen des Magnetiseurs besonders solche, welche die Beschaffenheit ihres Zustandes angiengen, zu ge- wissen Zeiten noch nicht zu beantworten, sie vertröstete ihn dann aber immer auf irgend eine andre Zeit, die sie genau angab, wo sie auch wirklich deutlicher dar-
eintrafen. Oefters, wenn ſie ſolche Krankheitsanfaͤl- le vorausſahe, gab ſie zugleich Mittel an, ſie zu lin- dern, welche dann wohlthaͤlig befunden wurden. Bey dem Erwachen wußte ſie nie etwas von ihren Vorher- ſagungen, und die Anfaͤlle, die ſie ihren Verwandten ſo genau vorausgeſagt hatte, kamen ihr ſelber voͤllig unerwartet.
Dieſe Vorherſagungen, die immer ſo puͤnktlich ein- trafen, giengen oͤfters uͤber mehrere Monate hinaus. So kuͤndigte ſie ſchon am 25ſten Maͤrz, mithin 7 Wo- chen vorher an, daß am 14ten May ihr magnetiſcher Schlaf ſeinen hoͤchſten Gipfel erreichen, und daß ſie dann einen ganzen Tag ſchlafen wuͤrde, ja den Tag darauf, als ſie wieder im Somnambulismus zum Sprechen kam, beſtaͤtigte ſie nicht blos dieſes, ſondern fuͤgte noch hinzu, daß ſie uͤber 18 Wochen wahrſcheinlich zum letzten Mal in dieſem Jahr magnetiſch ſchlafen wuͤrde, dann erſt wieder im kuͤnftigen Jahr am letzten Oſtertage. Dieſes alles wurde genau erfuͤllt, und der 14te May war einer der merkwuͤrdigſten Tage in dieſer ganzen Krankengeſchichte.
Zuweilen ſagen die Kranken nicht blos koͤrperliche Veraͤnderungen, ſondern ſelbſt tieferliegende, geiſtige voraus. So wußte das oft erwaͤhnte junge Maͤdchen die Fragen des Magnetiſeurs beſonders ſolche, welche die Beſchaffenheit ihres Zuſtandes angiengen, zu ge- wiſſen Zeiten noch nicht zu beantworten, ſie vertroͤſtete ihn dann aber immer auf irgend eine andre Zeit, die ſie genau angab, wo ſie auch wirklich deutlicher dar-
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eintrafen. Oefters, wenn ſie ſolche Krankheitsanfaͤl-
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dern, welche dann wohlthaͤlig befunden wurden. Bey
dem Erwachen wußte ſie nie etwas von ihren Vorher-
ſagungen, und die Anfaͤlle, die ſie ihren Verwandten
ſo genau vorausgeſagt hatte, kamen ihr ſelber voͤllig
unerwartet.
Dieſe Vorherſagungen, die immer ſo puͤnktlich ein-
trafen, giengen oͤfters uͤber mehrere Monate hinaus.
So kuͤndigte ſie ſchon am 25ſten Maͤrz, mithin 7 Wo-
chen vorher an, daß am 14ten May ihr magnetiſcher
Schlaf ſeinen hoͤchſten Gipfel erreichen, und daß ſie dann
einen ganzen Tag ſchlafen wuͤrde, ja den Tag darauf,
als ſie wieder im Somnambulismus zum Sprechen
kam, beſtaͤtigte ſie nicht blos dieſes, ſondern fuͤgte
noch hinzu, daß ſie uͤber 18 Wochen wahrſcheinlich
zum letzten Mal in dieſem Jahr magnetiſch ſchlafen
wuͤrde, dann erſt wieder im kuͤnftigen Jahr am letzten
Oſtertage. Dieſes alles wurde genau erfuͤllt, und der
14te May war einer der merkwuͤrdigſten Tage in dieſer
ganzen Krankengeſchichte.
Zuweilen ſagen die Kranken nicht blos koͤrperliche
Veraͤnderungen, ſondern ſelbſt tieferliegende, geiſtige
voraus. So wußte das oft erwaͤhnte junge Maͤdchen
die Fragen des Magnetiſeurs beſonders ſolche, welche
die Beſchaffenheit ihres Zuſtandes angiengen, zu ge-
wiſſen Zeiten noch nicht zu beantworten, ſie vertroͤſtete
ihn dann aber immer auf irgend eine andre Zeit, die
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/356>, abgerufen am 21.11.2024.
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