Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

ters eingetreten. Wahrscheinlich blos deswegen, weil
sich Gmelin das Magnetisiren durch einen Isolirtisch
erleichterte, während Heinecken der im freyen Zimmer
magnetisirte, hierdurch die Verbindung der Schlafen-
den mit der Außenwelt unterhielt.

Wenn nun schon im thierischen Magnetismus, wie
offenbar in der oben erzählten Geschichte der beyden
Schwestern, eine solche innige Vereinigung zweyer
menschlicher Wesen möglich ist, wo das Eine an allen
Bewegungen und Gefühlen des andern so Theil nimmt,
als ob es ihm selbst geschähe; wenn dieses tiefe Mitge-
fühl das sich zwischen Magnetiseur und Somnambüle
zeigt, öfters noch in einiger Entfernung beyder wirk-
sam ist, und das was mit jenem in unmittelbarer Be-
ziehung war, auf diese einen eigenthümlichen Einfluß
zeigt; so ist von hieraus nur noch ein Schritt zu dem
wunderbaren Mitwissen eines Entfernten um die Schick-
sale, vornehmlich aber um den Tod einer geliebten,
nahe verwandten Person. Wir sahen die Möglich-
keit daß überhaupt zwey getrennte menschliche Wesen
in gewisser Hinsicht Eins zu seyn vermögen. Das
Geistige in uns, selbst wenn es hierin nur den körper-
lichen Kräften des Anorgischen, z. B. dem Licht, dem
Magnetismus, der Elektricität gliche, wirkt durch kei-
ne Entfernung gehindert, auf Alles Verwandte hin-
über. Oefters befinden sich dabey die Personen denen
ein solcher ungewöhnlicher Zufall begegnet, in einem
dem magnetischen Schlaf ahnlichen Zustand. So war
ein Freund von mir, der als Schriftsteller be-

ters eingetreten. Wahrſcheinlich blos deswegen, weil
ſich Gmelin das Magnetiſiren durch einen Iſolirtiſch
erleichterte, waͤhrend Heinecken der im freyen Zimmer
magnetiſirte, hierdurch die Verbindung der Schlafen-
den mit der Außenwelt unterhielt.

Wenn nun ſchon im thieriſchen Magnetismus, wie
offenbar in der oben erzaͤhlten Geſchichte der beyden
Schweſtern, eine ſolche innige Vereinigung zweyer
menſchlicher Weſen moͤglich iſt, wo das Eine an allen
Bewegungen und Gefuͤhlen des andern ſo Theil nimmt,
als ob es ihm ſelbſt geſchaͤhe; wenn dieſes tiefe Mitge-
fuͤhl das ſich zwiſchen Magnetiſeur und Somnambuͤle
zeigt, oͤfters noch in einiger Entfernung beyder wirk-
ſam iſt, und das was mit jenem in unmittelbarer Be-
ziehung war, auf dieſe einen eigenthuͤmlichen Einfluß
zeigt; ſo iſt von hieraus nur noch ein Schritt zu dem
wunderbaren Mitwiſſen eines Entfernten um die Schick-
ſale, vornehmlich aber um den Tod einer geliebten,
nahe verwandten Perſon. Wir ſahen die Moͤglich-
keit daß uͤberhaupt zwey getrennte menſchliche Weſen
in gewiſſer Hinſicht Eins zu ſeyn vermoͤgen. Das
Geiſtige in uns, ſelbſt wenn es hierin nur den koͤrper-
lichen Kraͤften des Anorgiſchen, z. B. dem Licht, dem
Magnetismus, der Elektricitaͤt gliche, wirkt durch kei-
ne Entfernung gehindert, auf Alles Verwandte hin-
uͤber. Oefters befinden ſich dabey die Perſonen denen
ein ſolcher ungewoͤhnlicher Zufall begegnet, in einem
dem magnetiſchen Schlaf ahnlichen Zuſtand. So war
ein Freund von mir, der als Schriftſteller be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0364" n="350"/>
ters eingetreten. Wahr&#x017F;cheinlich blos deswegen, weil<lb/>
&#x017F;ich Gmelin das Magneti&#x017F;iren durch einen I&#x017F;olirti&#x017F;ch<lb/>
erleichterte, wa&#x0364;hrend Heinecken der im freyen Zimmer<lb/>
magneti&#x017F;irte, hierdurch die Verbindung der Schlafen-<lb/>
den mit der Außenwelt unterhielt.</p><lb/>
        <p>Wenn nun &#x017F;chon im thieri&#x017F;chen Magnetismus, wie<lb/>
offenbar in der oben erza&#x0364;hlten Ge&#x017F;chichte der beyden<lb/>
Schwe&#x017F;tern, eine &#x017F;olche innige Vereinigung zweyer<lb/>
men&#x017F;chlicher We&#x017F;en mo&#x0364;glich i&#x017F;t, wo das Eine an allen<lb/>
Bewegungen und Gefu&#x0364;hlen des andern &#x017F;o Theil nimmt,<lb/>
als ob es ihm &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;cha&#x0364;he; wenn die&#x017F;es tiefe Mitge-<lb/>
fu&#x0364;hl das &#x017F;ich zwi&#x017F;chen Magneti&#x017F;eur und Somnambu&#x0364;le<lb/>
zeigt, o&#x0364;fters noch in einiger <choice><sic>Cntfernung</sic><corr>Entfernung</corr></choice> beyder wirk-<lb/>
&#x017F;am i&#x017F;t, und das was mit jenem in unmittelbarer Be-<lb/>
ziehung war, auf die&#x017F;e einen eigenthu&#x0364;mlichen Einfluß<lb/>
zeigt; &#x017F;o i&#x017F;t von hieraus nur noch ein Schritt zu dem<lb/>
wunderbaren Mitwi&#x017F;&#x017F;en eines Entfernten um die Schick-<lb/>
&#x017F;ale, vornehmlich aber um den Tod einer geliebten,<lb/>
nahe verwandten Per&#x017F;on. Wir &#x017F;ahen die Mo&#x0364;glich-<lb/>
keit daß u&#x0364;berhaupt zwey getrennte men&#x017F;chliche We&#x017F;en<lb/>
in gewi&#x017F;&#x017F;er Hin&#x017F;icht Eins zu &#x017F;eyn vermo&#x0364;gen. Das<lb/>
Gei&#x017F;tige in uns, &#x017F;elb&#x017F;t wenn es hierin nur den ko&#x0364;rper-<lb/>
lichen Kra&#x0364;ften des Anorgi&#x017F;chen, z. B. dem Licht, dem<lb/>
Magnetismus, der Elektricita&#x0364;t gliche, wirkt durch kei-<lb/>
ne Entfernung gehindert, auf Alles Verwandte hin-<lb/>
u&#x0364;ber. Oefters befinden &#x017F;ich dabey die Per&#x017F;onen denen<lb/>
ein &#x017F;olcher ungewo&#x0364;hnlicher Zufall begegnet, in einem<lb/>
dem magneti&#x017F;chen Schlaf ahnlichen Zu&#x017F;tand. So war<lb/>
ein Freund von mir, der als Schrift&#x017F;teller be-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0364] ters eingetreten. Wahrſcheinlich blos deswegen, weil ſich Gmelin das Magnetiſiren durch einen Iſolirtiſch erleichterte, waͤhrend Heinecken der im freyen Zimmer magnetiſirte, hierdurch die Verbindung der Schlafen- den mit der Außenwelt unterhielt. Wenn nun ſchon im thieriſchen Magnetismus, wie offenbar in der oben erzaͤhlten Geſchichte der beyden Schweſtern, eine ſolche innige Vereinigung zweyer menſchlicher Weſen moͤglich iſt, wo das Eine an allen Bewegungen und Gefuͤhlen des andern ſo Theil nimmt, als ob es ihm ſelbſt geſchaͤhe; wenn dieſes tiefe Mitge- fuͤhl das ſich zwiſchen Magnetiſeur und Somnambuͤle zeigt, oͤfters noch in einiger Entfernung beyder wirk- ſam iſt, und das was mit jenem in unmittelbarer Be- ziehung war, auf dieſe einen eigenthuͤmlichen Einfluß zeigt; ſo iſt von hieraus nur noch ein Schritt zu dem wunderbaren Mitwiſſen eines Entfernten um die Schick- ſale, vornehmlich aber um den Tod einer geliebten, nahe verwandten Perſon. Wir ſahen die Moͤglich- keit daß uͤberhaupt zwey getrennte menſchliche Weſen in gewiſſer Hinſicht Eins zu ſeyn vermoͤgen. Das Geiſtige in uns, ſelbſt wenn es hierin nur den koͤrper- lichen Kraͤften des Anorgiſchen, z. B. dem Licht, dem Magnetismus, der Elektricitaͤt gliche, wirkt durch kei- ne Entfernung gehindert, auf Alles Verwandte hin- uͤber. Oefters befinden ſich dabey die Perſonen denen ein ſolcher ungewoͤhnlicher Zufall begegnet, in einem dem magnetiſchen Schlaf ahnlichen Zuſtand. So war ein Freund von mir, der als Schriftſteller be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/364
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/364>, abgerufen am 22.11.2024.