höchsten Gipfel seiner Vollendung erreicht hatte. In Zahl der Individuen und größerer Körpermasse, sprach sich zuerst jener schaffende Lebensgeist aus, welcher später in edleren Formen, und in einem freyeren Stre- ben sich offenbarte.
Von jener organischen Vorwelt wendeten wir uns hierauf zu der jetzt bestehenden lebenden Natur. Es wurde zuerst in den Perioden des Pflanzen- und thie- rischen Lebens, jene innige Harmonie der Einzelnen mit dem Leben des Ganzen erkannt, welche so oft der Ge- genstand dieser Untersuchungen war. Die Formen der Pflanzenwelt schienen sich dem höchsten Gipfel dersel- ben, durch zwey verschiedene Wege, welche ohne Zu- sammenhang mit einander waren, zu nähern, und wir sahen von den unvollkommnen Gestalten der Flech- ten und Moose, durch die der vollkommneren Kräuter und baumartigen Gewächse, ein Hinaufsteigen bis zu den Palmen, während auf kürzern Wege eine andre, mit jener nicht zusammenhängende Reihe, von den Pal- men durch die Farrenkräuter, bis zu den unvollkommen- sten Seegewächsen hinabreichte. Aehnliche zwey ent- gegengesetzte Reihen, wurden später auch in den ver- schiedenen Klassen des Thierreichs anerkannt, doch wurden sie vorzüglich nur durch die der Vögel und Säugethiere hindurchgeführt. Jener Gegensatz, wel- cher schon zwischen Thier und Pflanzenwelt besteht, sprach sich in den höchsten Formen der Säugethiere in den beyden entgegengesetzten Thierbildungen der von Pflanzen und der vom Raube lebenden aus. Auf der Seite der einen war ein Uebergewicht der körperlichen Masse, und der Productionskraft überhaupt, auf der andren eine überwiegende Ausbildung der Muskeln. Sey
hoͤchſten Gipfel ſeiner Vollendung erreicht hatte. In Zahl der Individuen und groͤßerer Koͤrpermaſſe, ſprach ſich zuerſt jener ſchaffende Lebensgeiſt aus, welcher ſpaͤter in edleren Formen, und in einem freyeren Stre- ben ſich offenbarte.
Von jener organiſchen Vorwelt wendeten wir uns hierauf zu der jetzt beſtehenden lebenden Natur. Es wurde zuerſt in den Perioden des Pflanzen- und thie- riſchen Lebens, jene innige Harmonie der Einzelnen mit dem Leben des Ganzen erkannt, welche ſo oft der Ge- genſtand dieſer Unterſuchungen war. Die Formen der Pflanzenwelt ſchienen ſich dem hoͤchſten Gipfel derſel- ben, durch zwey verſchiedene Wege, welche ohne Zu- ſammenhang mit einander waren, zu naͤhern, und wir ſahen von den unvollkommnen Geſtalten der Flech- ten und Mooſe, durch die der vollkommneren Kraͤuter und baumartigen Gewaͤchſe, ein Hinaufſteigen bis zu den Palmen, waͤhrend auf kuͤrzern Wege eine andre, mit jener nicht zuſammenhaͤngende Reihe, von den Pal- men durch die Farrenkraͤuter, bis zu den unvollkommen- ſten Seegewaͤchſen hinabreichte. Aehnliche zwey ent- gegengeſetzte Reihen, wurden ſpaͤter auch in den ver- ſchiedenen Klaſſen des Thierreichs anerkannt, doch wurden ſie vorzuͤglich nur durch die der Voͤgel und Saͤugethiere hindurchgefuͤhrt. Jener Gegenſatz, wel- cher ſchon zwiſchen Thier und Pflanzenwelt beſteht, ſprach ſich in den hoͤchſten Formen der Saͤugethiere in den beyden entgegengeſetzten Thierbildungen der von Pflanzen und der vom Raube lebenden aus. Auf der Seite der einen war ein Uebergewicht der koͤrperlichen Maſſe, und der Productionskraft uͤberhaupt, auf der andren eine uͤberwiegende Ausbildung der Muskeln. Sey
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0392"n="378"/>
hoͤchſten Gipfel ſeiner Vollendung erreicht hatte. In<lb/>
Zahl der Individuen und groͤßerer Koͤrpermaſſe, ſprach<lb/>ſich zuerſt jener ſchaffende Lebensgeiſt aus, welcher<lb/>ſpaͤter in edleren Formen, und in einem freyeren Stre-<lb/>
ben ſich offenbarte.</p><lb/><p>Von jener organiſchen Vorwelt wendeten wir uns<lb/>
hierauf zu der jetzt beſtehenden lebenden Natur. Es<lb/>
wurde zuerſt in den Perioden des Pflanzen- und thie-<lb/>
riſchen Lebens, jene innige Harmonie der Einzelnen mit<lb/>
dem Leben des Ganzen erkannt, welche ſo oft der Ge-<lb/>
genſtand dieſer Unterſuchungen war. Die Formen der<lb/>
Pflanzenwelt ſchienen ſich dem hoͤchſten Gipfel derſel-<lb/>
ben, durch zwey verſchiedene Wege, welche ohne Zu-<lb/>ſammenhang mit einander waren, zu naͤhern, und<lb/>
wir ſahen von den unvollkommnen Geſtalten der Flech-<lb/>
ten und Mooſe, durch die der vollkommneren Kraͤuter<lb/>
und baumartigen Gewaͤchſe, ein Hinaufſteigen bis zu<lb/>
den Palmen, waͤhrend auf kuͤrzern Wege eine andre,<lb/>
mit jener nicht zuſammenhaͤngende Reihe, von den Pal-<lb/>
men durch die Farrenkraͤuter, bis zu den unvollkommen-<lb/>ſten Seegewaͤchſen hinabreichte. Aehnliche zwey ent-<lb/>
gegengeſetzte Reihen, wurden ſpaͤter auch in den ver-<lb/>ſchiedenen Klaſſen des Thierreichs anerkannt, doch<lb/>
wurden ſie vorzuͤglich nur durch die der Voͤgel und<lb/>
Saͤugethiere hindurchgefuͤhrt. Jener Gegenſatz, wel-<lb/>
cher ſchon zwiſchen Thier und Pflanzenwelt beſteht,<lb/>ſprach ſich in den hoͤchſten Formen der Saͤugethiere in<lb/>
den beyden entgegengeſetzten Thierbildungen der von<lb/>
Pflanzen und der vom Raube lebenden aus. Auf der<lb/>
Seite der einen war ein Uebergewicht der koͤrperlichen<lb/>
Maſſe, und der Productionskraft uͤberhaupt, auf der<lb/>
andren eine uͤberwiegende Ausbildung der Muskeln. Sey<lb/></p></div></body></text></TEI>
[378/0392]
hoͤchſten Gipfel ſeiner Vollendung erreicht hatte. In
Zahl der Individuen und groͤßerer Koͤrpermaſſe, ſprach
ſich zuerſt jener ſchaffende Lebensgeiſt aus, welcher
ſpaͤter in edleren Formen, und in einem freyeren Stre-
ben ſich offenbarte.
Von jener organiſchen Vorwelt wendeten wir uns
hierauf zu der jetzt beſtehenden lebenden Natur. Es
wurde zuerſt in den Perioden des Pflanzen- und thie-
riſchen Lebens, jene innige Harmonie der Einzelnen mit
dem Leben des Ganzen erkannt, welche ſo oft der Ge-
genſtand dieſer Unterſuchungen war. Die Formen der
Pflanzenwelt ſchienen ſich dem hoͤchſten Gipfel derſel-
ben, durch zwey verſchiedene Wege, welche ohne Zu-
ſammenhang mit einander waren, zu naͤhern, und
wir ſahen von den unvollkommnen Geſtalten der Flech-
ten und Mooſe, durch die der vollkommneren Kraͤuter
und baumartigen Gewaͤchſe, ein Hinaufſteigen bis zu
den Palmen, waͤhrend auf kuͤrzern Wege eine andre,
mit jener nicht zuſammenhaͤngende Reihe, von den Pal-
men durch die Farrenkraͤuter, bis zu den unvollkommen-
ſten Seegewaͤchſen hinabreichte. Aehnliche zwey ent-
gegengeſetzte Reihen, wurden ſpaͤter auch in den ver-
ſchiedenen Klaſſen des Thierreichs anerkannt, doch
wurden ſie vorzuͤglich nur durch die der Voͤgel und
Saͤugethiere hindurchgefuͤhrt. Jener Gegenſatz, wel-
cher ſchon zwiſchen Thier und Pflanzenwelt beſteht,
ſprach ſich in den hoͤchſten Formen der Saͤugethiere in
den beyden entgegengeſetzten Thierbildungen der von
Pflanzen und der vom Raube lebenden aus. Auf der
Seite der einen war ein Uebergewicht der koͤrperlichen
Maſſe, und der Productionskraft uͤberhaupt, auf der
andren eine uͤberwiegende Ausbildung der Muskeln. Sey
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/392>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.