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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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sich gewöhnt haben, ohne Rührung zu reden, der zu
Bein erstarrten harten Haut gleichen, welche den Mit-
telpunkt des sinnlichen Lebens, das Gehirn umschließt,
ohne an den Rührungen desselben im mindesten Theil
zu nehmen. Sie sind geistlich todt, denn die allein
haben ein geistliches Leben, deren Erkenntniß aus der
himmlischen Liebe kömmt. Und dieses Erkenntniß,
welches in der unendlichen Liebe ist, gehet über alles
andere Erkenntniß; die, welche, so lange sie in der
Welt lebten, in der Liebe stunden, wissen, wenn sie
nach dem Tode in den Himmel kommen, und lieben
Dinge, die sie niemals vorher wußten; denken und
reden wie die übrigen Engel: Dinge, die kein Ohr
jemalen gehört, kein Herz empfunden hat, die unaus-
sprechlich sind."

"Der Zustand jener ausgearteten Geister des
Mars, dessen Einwohner noch zum großen Theil in
der ersten, himmlischen Liebe leben, wurde uns in
einem anderen Bilde vorgestellt."

"Ich sahe etwas sehr schön Flammendes; es war
von mancherley hell glänzenden Farben, purpurn,
dann weiß, dann roth. Hierauf zeigte sich eine
Hand, an welche sich dieses flammende Wesen ansetz-
te: zuerst auf die äußere Seite, dann auf die flache
Hand, dann rings um die ganze Hand herum. Die-
ses dauerte einige Zeit lang, dann entfernte sich die
Hand sammt dem flammenden Wesen auf einige
Weite, wo sie als eine Helle stehen blieb, worinnen
die Hand verschwand. Hierauf verwandelte sich das
flammende Wesen in einen Vogel, welcher anfangs
von
ſich gewoͤhnt haben, ohne Ruͤhrung zu reden, der zu
Bein erſtarrten harten Haut gleichen, welche den Mit-
telpunkt des ſinnlichen Lebens, das Gehirn umſchließt,
ohne an den Ruͤhrungen deſſelben im mindeſten Theil
zu nehmen. Sie ſind geiſtlich todt, denn die allein
haben ein geiſtliches Leben, deren Erkenntniß aus der
himmliſchen Liebe koͤmmt. Und dieſes Erkenntniß,
welches in der unendlichen Liebe iſt, gehet uͤber alles
andere Erkenntniß; die, welche, ſo lange ſie in der
Welt lebten, in der Liebe ſtunden, wiſſen, wenn ſie
nach dem Tode in den Himmel kommen, und lieben
Dinge, die ſie niemals vorher wußten; denken und
reden wie die uͤbrigen Engel: Dinge, die kein Ohr
jemalen gehoͤrt, kein Herz empfunden hat, die unaus-
ſprechlich ſind.‟

„Der Zuſtand jener ausgearteten Geiſter des
Mars, deſſen Einwohner noch zum großen Theil in
der erſten, himmliſchen Liebe leben, wurde uns in
einem anderen Bilde vorgeſtellt.‟

„Ich ſahe etwas ſehr ſchoͤn Flammendes; es war
von mancherley hell glaͤnzenden Farben, purpurn,
dann weiß, dann roth. Hierauf zeigte ſich eine
Hand, an welche ſich dieſes flammende Weſen anſetz-
te: zuerſt auf die aͤußere Seite, dann auf die flache
Hand, dann rings um die ganze Hand herum. Die-
ſes dauerte einige Zeit lang, dann entfernte ſich die
Hand ſammt dem flammenden Weſen auf einige
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die Hand verſchwand. Hierauf verwandelte ſich das
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[95/0105] ſich gewoͤhnt haben, ohne Ruͤhrung zu reden, der zu Bein erſtarrten harten Haut gleichen, welche den Mit- telpunkt des ſinnlichen Lebens, das Gehirn umſchließt, ohne an den Ruͤhrungen deſſelben im mindeſten Theil zu nehmen. Sie ſind geiſtlich todt, denn die allein haben ein geiſtliches Leben, deren Erkenntniß aus der himmliſchen Liebe koͤmmt. Und dieſes Erkenntniß, welches in der unendlichen Liebe iſt, gehet uͤber alles andere Erkenntniß; die, welche, ſo lange ſie in der Welt lebten, in der Liebe ſtunden, wiſſen, wenn ſie nach dem Tode in den Himmel kommen, und lieben Dinge, die ſie niemals vorher wußten; denken und reden wie die uͤbrigen Engel: Dinge, die kein Ohr jemalen gehoͤrt, kein Herz empfunden hat, die unaus- ſprechlich ſind.‟ „Der Zuſtand jener ausgearteten Geiſter des Mars, deſſen Einwohner noch zum großen Theil in der erſten, himmliſchen Liebe leben, wurde uns in einem anderen Bilde vorgeſtellt.‟ „Ich ſahe etwas ſehr ſchoͤn Flammendes; es war von mancherley hell glaͤnzenden Farben, purpurn, dann weiß, dann roth. Hierauf zeigte ſich eine Hand, an welche ſich dieſes flammende Weſen anſetz- te: zuerſt auf die aͤußere Seite, dann auf die flache Hand, dann rings um die ganze Hand herum. Die- ſes dauerte einige Zeit lang, dann entfernte ſich die Hand ſammt dem flammenden Weſen auf einige Weite, wo ſie als eine Helle ſtehen blieb, worinnen die Hand verſchwand. Hierauf verwandelte ſich das flammende Weſen in einen Vogel, welcher anfangs von

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/105>, abgerufen am 24.11.2024.