Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.Art der Krise an einem noch künftigen vorzüglich ent- Wir
Art der Kriſe an einem noch kuͤnftigen vorzuͤglich ent- Wir
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0150" n="140"/> Art der Kriſe an einem noch kuͤnftigen vorzuͤglich ent-<lb/> ſcheidenden Tage, wird freylich oͤfters ſchon in der<lb/> Kriſe eines fruͤheren kritiſchen Momentes voraus er-<lb/> kannt, und dieſe, oft weit von einander getrennten<lb/> Momente, ſtehen in einer eben ſo genauen Beziehung<lb/> aufeinander, als die Kriſen des Somnambulismus;<lb/> doch wuͤrde hieraus jenes prophetiſche Vermoͤgen des<lb/> Ganglienſyſtemes, welches oͤfters ganz zufaͤllig ſchei-<lb/> nende Ereigniſſe lange voraus verkuͤndigt, nur unge-<lb/> nuͤgend erklaͤrt. Im Grunde genommen, gruͤndet ſich<lb/> jenes prophetiſche Geſicht auf ein aͤhnliches Ferngefuͤhl<lb/> der Zeit nach, als die fruͤher erwaͤhnten Erſcheinun-<lb/> gen auf ein Ferngefuͤhl dem Raume nach. Die verſchie-<lb/> denen Zuſtaͤnde, welche unſer eigenes oder ein genau<lb/> mit ihm verbundenes Weſen, in verſchiedenen Zeiten,<lb/> ſcheinbar zufaͤllig und doch nach feſt beſtimmtem Geſetz<lb/> durchlaufen muß, gehoͤren eben ſo nothwendig zu un-<lb/> ſerm gegenwaͤrtigen Weſen, als jene Veraͤnderungen<lb/> und Ereigniſſe, welche eine entfernte geliebte Per-<lb/> ſon betreffen, deren Schickſal uns wie ein eigenes an-<lb/> geht. Wir und der entfernte Geliebte, unſere Ge-<lb/> genwart und unſere Zukunft, ſin in einem hoͤheren<lb/> Dritten vereint, deſſen Strahl in jenen prophetiſchen<lb/> Augenblicken des Erkennens, unſern inneren Sinn be-<lb/> ruͤhrt, und in der Entwickelungsgeſchichte unſers un-<lb/> ſterblichen Weſens giebt es uͤberhaupt keinen Zufall,<lb/> ſondern daßelbe wird von jener Liebe, die es ſich ſel-<lb/> ber freywillig erwaͤhlte, in Ereigniſſen, welche nach<lb/> unabaͤnderlichem Geſetz auf einander folgen, entweder<lb/> fuͤr den Genuß eines ewigen Friedens oder einer ewi-<lb/> gen Unruhe erzogen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [140/0150]
Art der Kriſe an einem noch kuͤnftigen vorzuͤglich ent-
ſcheidenden Tage, wird freylich oͤfters ſchon in der
Kriſe eines fruͤheren kritiſchen Momentes voraus er-
kannt, und dieſe, oft weit von einander getrennten
Momente, ſtehen in einer eben ſo genauen Beziehung
aufeinander, als die Kriſen des Somnambulismus;
doch wuͤrde hieraus jenes prophetiſche Vermoͤgen des
Ganglienſyſtemes, welches oͤfters ganz zufaͤllig ſchei-
nende Ereigniſſe lange voraus verkuͤndigt, nur unge-
nuͤgend erklaͤrt. Im Grunde genommen, gruͤndet ſich
jenes prophetiſche Geſicht auf ein aͤhnliches Ferngefuͤhl
der Zeit nach, als die fruͤher erwaͤhnten Erſcheinun-
gen auf ein Ferngefuͤhl dem Raume nach. Die verſchie-
denen Zuſtaͤnde, welche unſer eigenes oder ein genau
mit ihm verbundenes Weſen, in verſchiedenen Zeiten,
ſcheinbar zufaͤllig und doch nach feſt beſtimmtem Geſetz
durchlaufen muß, gehoͤren eben ſo nothwendig zu un-
ſerm gegenwaͤrtigen Weſen, als jene Veraͤnderungen
und Ereigniſſe, welche eine entfernte geliebte Per-
ſon betreffen, deren Schickſal uns wie ein eigenes an-
geht. Wir und der entfernte Geliebte, unſere Ge-
genwart und unſere Zukunft, ſin in einem hoͤheren
Dritten vereint, deſſen Strahl in jenen prophetiſchen
Augenblicken des Erkennens, unſern inneren Sinn be-
ruͤhrt, und in der Entwickelungsgeſchichte unſers un-
ſterblichen Weſens giebt es uͤberhaupt keinen Zufall,
ſondern daßelbe wird von jener Liebe, die es ſich ſel-
ber freywillig erwaͤhlte, in Ereigniſſen, welche nach
unabaͤnderlichem Geſetz auf einander folgen, entweder
fuͤr den Genuß eines ewigen Friedens oder einer ewi-
gen Unruhe erzogen.
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