Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.schlimmeren moralischen Anstrich geben, jene bösen ters
ſchlimmeren moraliſchen Anſtrich geben, jene boͤſen ters
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0181" n="171"/> ſchlimmeren moraliſchen Anſtrich geben, jene boͤſen<lb/> Neigungen und Regungen, welche aus einer uͤblen<lb/> Laune hervorgehen, werden oͤfters durch ein wenig<lb/> Wein oder eine leichte Bewegung in freyer Luft geho-<lb/> ben, und von dem gemeinen Troß der Menſchen wird<lb/> es ſich erſt jenſeit dieſes Lebens, wenn jene Schran-<lb/> ken brechen werden, wodurch die materielle Natur dem<lb/> jetzigen Daſeyn eine Bruͤcke uͤber einen tiefen Ab-<lb/> grund bauet, entſcheiden muͤſſen, ob ſie ihrer Grund-<lb/> neigung nach zu den Guten gehoͤren oder zu den Boͤ-<lb/> ſen. Sinnesaͤnderungen, die daher auf jene Weiſe<lb/> erfolgen, beſtehen in nichts anderem, als in einem mo-<lb/> mentanen Verſtecken der eigentlichen Grundneigung,<lb/> in einem Hineinziehen jener Klauen, die gar bald,<lb/> bey einer gegebenen Veranlaſſung wieder hervortreten<lb/> koͤnnen. Ein materielles Band hat ſie auf Augen-<lb/> blicke gefeſſelt, und ſobald daſſelbe hinweggenommen<lb/> worden, zeigen ſie ſich von neuem. Jene gleichſam<lb/> durch einen Ribbenſtoß moraliſch veraͤnderte Men-<lb/> ſchen, blieben uͤbrigens auch nach jener Veraͤnderung<lb/> noch im Grunde und in Hinſicht auf ihren Willen,<lb/> das was ſie zuvor geweſen — indifferente Naturen,<lb/> die an ſich weder gut noch boͤs, die alten Unarten auf<lb/> einmal unterließen, weil ſie die Neigung oder die Faͤ-<lb/> higkeit dazu verloren. In aͤhnlicher Manier ſind auch<lb/> Boͤſewichter, bey denen die innere Verdorbenheit und<lb/> Verkehrtheit uͤbrigens nicht bloß in thieriſcher Luſtbe-<lb/> gierde beſtanden, ploͤtzlich durch Caſtration; Brand-<lb/> weinſaͤufer, durch ein geſchickt beygebrachtes Brech-<lb/> mittel ſcheinbar ganz gebeſſert worden, und die hart-<lb/> naͤckigſten Moͤrder, die noch im Angeſicht des nahen<lb/> Todes, alle gutgemeinte Sorge eines geiſtlichen Va-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ters</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [171/0181]
ſchlimmeren moraliſchen Anſtrich geben, jene boͤſen
Neigungen und Regungen, welche aus einer uͤblen
Laune hervorgehen, werden oͤfters durch ein wenig
Wein oder eine leichte Bewegung in freyer Luft geho-
ben, und von dem gemeinen Troß der Menſchen wird
es ſich erſt jenſeit dieſes Lebens, wenn jene Schran-
ken brechen werden, wodurch die materielle Natur dem
jetzigen Daſeyn eine Bruͤcke uͤber einen tiefen Ab-
grund bauet, entſcheiden muͤſſen, ob ſie ihrer Grund-
neigung nach zu den Guten gehoͤren oder zu den Boͤ-
ſen. Sinnesaͤnderungen, die daher auf jene Weiſe
erfolgen, beſtehen in nichts anderem, als in einem mo-
mentanen Verſtecken der eigentlichen Grundneigung,
in einem Hineinziehen jener Klauen, die gar bald,
bey einer gegebenen Veranlaſſung wieder hervortreten
koͤnnen. Ein materielles Band hat ſie auf Augen-
blicke gefeſſelt, und ſobald daſſelbe hinweggenommen
worden, zeigen ſie ſich von neuem. Jene gleichſam
durch einen Ribbenſtoß moraliſch veraͤnderte Men-
ſchen, blieben uͤbrigens auch nach jener Veraͤnderung
noch im Grunde und in Hinſicht auf ihren Willen,
das was ſie zuvor geweſen — indifferente Naturen,
die an ſich weder gut noch boͤs, die alten Unarten auf
einmal unterließen, weil ſie die Neigung oder die Faͤ-
higkeit dazu verloren. In aͤhnlicher Manier ſind auch
Boͤſewichter, bey denen die innere Verdorbenheit und
Verkehrtheit uͤbrigens nicht bloß in thieriſcher Luſtbe-
gierde beſtanden, ploͤtzlich durch Caſtration; Brand-
weinſaͤufer, durch ein geſchickt beygebrachtes Brech-
mittel ſcheinbar ganz gebeſſert worden, und die hart-
naͤckigſten Moͤrder, die noch im Angeſicht des nahen
Todes, alle gutgemeinte Sorge eines geiſtlichen Va-
ters
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