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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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ters verachteten und kalt verspotteten, machte wohl ein
einziger starker Aderlaß auf einmal zahm und reuig.

Wenn indessen Tissot durch Veränderung der
Diät, z. B. durch Vertauschung der Fleischkost mit
Pflanzenkost, bey welcher der moralisch Kranke stand-
haft beharrte, einen zum heftigen Jähzorn geneigten
Jüngling von jener Aufwallung heilte, so ist hierbey
jener Antheil nicht zu übersehen, welchen der täglich
bey jener freywilligen Versagung mitwirkende, ernste
gute Wille an der physischen Kur hatte. Uebrigens
wird es wohl keinem Zweifel ausgesetzt seyn, daß öf-
ters auch der Arzt einen schweren moralischen Kampf
mit der eigenen verdorbenen Neigung sehr erleichtern
könne, und daß überhaupt der praktische Philosoph in
mehr als einer Hinsicht auch die Kenntnisse des leib-
lichen Arztes besitzen müsse.

Wir reden demnach hier nicht von jenen, schon
durch leichte äußerliche Mittel zu erreichenden schein-
baren Besserungen, wobey die Gesinnung eigentlich
dieselbe bleibt, und nur die Gegenstände irgend einer
verkehrten Neigung ihr gewöhnliches Interesse verlie-
ren, während der verwöhnte Sinn gar bald wieder
eine andere eben so verkehrte Richtung nimmt; nicht
von jenen Remissionen und lichten Augenblicken, die
wohl die verdorbenste Natur zuweilen, aus Abstum-
pfung und Ueberdruß gegen den gewöhnlichen Reiz
zum Bösen haben kann, oder weil die zu ferneren
Ausschweifungen nöthigen Kräfte erschöpft sind, und
kein Ernstgesinnter wird ein dumpfes Phlegma, das
so oft eine Folge jener Erschöpfung ist, und dem nun

zuletzt

ters verachteten und kalt verſpotteten, machte wohl ein
einziger ſtarker Aderlaß auf einmal zahm und reuig.

Wenn indeſſen Tiſſot durch Veraͤnderung der
Diaͤt, z. B. durch Vertauſchung der Fleiſchkoſt mit
Pflanzenkoſt, bey welcher der moraliſch Kranke ſtand-
haft beharrte, einen zum heftigen Jaͤhzorn geneigten
Juͤngling von jener Aufwallung heilte, ſo iſt hierbey
jener Antheil nicht zu uͤberſehen, welchen der taͤglich
bey jener freywilligen Verſagung mitwirkende, ernſte
gute Wille an der phyſiſchen Kur hatte. Uebrigens
wird es wohl keinem Zweifel ausgeſetzt ſeyn, daß oͤf-
ters auch der Arzt einen ſchweren moraliſchen Kampf
mit der eigenen verdorbenen Neigung ſehr erleichtern
koͤnne, und daß uͤberhaupt der praktiſche Philoſoph in
mehr als einer Hinſicht auch die Kenntniſſe des leib-
lichen Arztes beſitzen muͤſſe.

Wir reden demnach hier nicht von jenen, ſchon
durch leichte aͤußerliche Mittel zu erreichenden ſchein-
baren Beſſerungen, wobey die Geſinnung eigentlich
dieſelbe bleibt, und nur die Gegenſtaͤnde irgend einer
verkehrten Neigung ihr gewoͤhnliches Intereſſe verlie-
ren, waͤhrend der verwoͤhnte Sinn gar bald wieder
eine andere eben ſo verkehrte Richtung nimmt; nicht
von jenen Remiſſionen und lichten Augenblicken, die
wohl die verdorbenſte Natur zuweilen, aus Abſtum-
pfung und Ueberdruß gegen den gewoͤhnlichen Reiz
zum Boͤſen haben kann, oder weil die zu ferneren
Ausſchweifungen noͤthigen Kraͤfte erſchoͤpft ſind, und
kein Ernſtgeſinnter wird ein dumpfes Phlegma, das
ſo oft eine Folge jener Erſchoͤpfung iſt, und dem nun

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[172/0182] ters verachteten und kalt verſpotteten, machte wohl ein einziger ſtarker Aderlaß auf einmal zahm und reuig. Wenn indeſſen Tiſſot durch Veraͤnderung der Diaͤt, z. B. durch Vertauſchung der Fleiſchkoſt mit Pflanzenkoſt, bey welcher der moraliſch Kranke ſtand- haft beharrte, einen zum heftigen Jaͤhzorn geneigten Juͤngling von jener Aufwallung heilte, ſo iſt hierbey jener Antheil nicht zu uͤberſehen, welchen der taͤglich bey jener freywilligen Verſagung mitwirkende, ernſte gute Wille an der phyſiſchen Kur hatte. Uebrigens wird es wohl keinem Zweifel ausgeſetzt ſeyn, daß oͤf- ters auch der Arzt einen ſchweren moraliſchen Kampf mit der eigenen verdorbenen Neigung ſehr erleichtern koͤnne, und daß uͤberhaupt der praktiſche Philoſoph in mehr als einer Hinſicht auch die Kenntniſſe des leib- lichen Arztes beſitzen muͤſſe. Wir reden demnach hier nicht von jenen, ſchon durch leichte aͤußerliche Mittel zu erreichenden ſchein- baren Beſſerungen, wobey die Geſinnung eigentlich dieſelbe bleibt, und nur die Gegenſtaͤnde irgend einer verkehrten Neigung ihr gewoͤhnliches Intereſſe verlie- ren, waͤhrend der verwoͤhnte Sinn gar bald wieder eine andere eben ſo verkehrte Richtung nimmt; nicht von jenen Remiſſionen und lichten Augenblicken, die wohl die verdorbenſte Natur zuweilen, aus Abſtum- pfung und Ueberdruß gegen den gewoͤhnlichen Reiz zum Boͤſen haben kann, oder weil die zu ferneren Ausſchweifungen noͤthigen Kraͤfte erſchoͤpft ſind, und kein Ernſtgeſinnter wird ein dumpfes Phlegma, das ſo oft eine Folge jener Erſchoͤpfung iſt, und dem nun zuletzt

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/182>, abgerufen am 25.11.2024.