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Schubert-Feder, Cläre: Das Leben der Studentinnen in Zürich. Berlin, 1894.

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dann zu belohnen. Mitten in der Nacht thut sich die
Coupethür auf, und in der bekannten breiten Mundart
tönt es herein: So, iez sin mer also in Rothchrüz! Jch
zeige ihm mein Billet, er sieht, daß ich nach Zürich fahre,
frägt, ob ich dort bekannt sei, und ich sage, daß ich etliche
Jahre dagewesen. Oh, sind Sie öpe e studirte Doctere?
Das bejahe ich, zugleich mein Portemonnaie ziehend, um
die Unterhaltung zu beenden. Nai, vo Jne nieme iez kai
Trinkgält a, nai gewüß nüd, machet Sie e guhte Reis und
schlafit Sie wohl, bringt da der Biedermann heraus, der
doch sonst auch dem Stamme angehörte, von dem es heißt:
"kein Geld, kein Schwizer", grüßt und schließt die Thüre
hinter sich. Jch sah ihm nach, aufs Angenehmste berührt
und beobachtete, wie er mit einem andern Schaffner, seinem
Nachfolger, eifrig redete. Gleich darauf kommt auch der
an mein Coupe, öffnet die Thür und meldet in denselben
Worten und genau in demselben Tonfall dieselbe Neuigkeit:
So, iez sin mer au in Rothchrüz. Ohne viel zu überlegen,
war ich im Begriff, nun diesem zu geben, was der andere
ausgeschlagen, muß aber hören, daß er abwehrend ausruft:
Nai, das wär iez au e Sünd und e Schand, wän ich von Jne
es Trinkgält nem. Läbbet Se wohl und p'hüet' Se Gott.

Das ist Volkes Stimme - möge sie uns Gottes
Stimme werden, d. h. möge sich vom Volke aus diese
günstige Meinung von den studirten Frauen Bahn brechen
bis zu den maßgebenden Kreisen der Gesellschaft, damit
dieselben in unsern Bestrebungen ein Heil, eine Quelle des
Glückes, nicht nur für die Frauen selbst, sondern für die
gesammte Nation erblicken lernen und Gerechtigkeit übend,
mit unserer Existenzberechtigung auch die Berechtigung zu
freier Arbeits- und Berufswahl anerkennen.

Voll Dank sind wir für die edeldenkenden Männer
erfüllt, die in letzter Zeit auch in Deutschland ihre gewich-

dann zu belohnen. Mitten in der Nacht thut sich die
Coupéthür auf, und in der bekannten breiten Mundart
tönt es herein: So, iez sin mer also in Rothchrüz! Jch
zeige ihm mein Billet, er sieht, daß ich nach Zürich fahre,
frägt, ob ich dort bekannt sei, und ich sage, daß ich etliche
Jahre dagewesen. Oh, sind Sie öpe e studirte Doctere?
Das bejahe ich, zugleich mein Portemonnaie ziehend, um
die Unterhaltung zu beenden. Nai, vo Jne nieme iez kai
Trinkgält a, nai gewüß nüd, machet Sie e guhte Reis und
schlafit Sie wohl, bringt da der Biedermann heraus, der
doch sonst auch dem Stamme angehörte, von dem es heißt:
„kein Geld, kein Schwizer“, grüßt und schließt die Thüre
hinter sich. Jch sah ihm nach, aufs Angenehmste berührt
und beobachtete, wie er mit einem andern Schaffner, seinem
Nachfolger, eifrig redete. Gleich darauf kommt auch der
an mein Coupé, öffnet die Thür und meldet in denselben
Worten und genau in demselben Tonfall dieselbe Neuigkeit:
So, iez sin mer au in Rothchrüz. Ohne viel zu überlegen,
war ich im Begriff, nun diesem zu geben, was der andere
ausgeschlagen, muß aber hören, daß er abwehrend ausruft:
Nai, das wär iez au e Sünd und e Schand, wän ich von Jne
es Trinkgält nem. Läbbet Se wohl und p'hüet' Se Gott.

Das ist Volkes Stimme – möge sie uns Gottes
Stimme werden, d. h. möge sich vom Volke aus diese
günstige Meinung von den studirten Frauen Bahn brechen
bis zu den maßgebenden Kreisen der Gesellschaft, damit
dieselben in unsern Bestrebungen ein Heil, eine Quelle des
Glückes, nicht nur für die Frauen selbst, sondern für die
gesammte Nation erblicken lernen und Gerechtigkeit übend,
mit unserer Existenzberechtigung auch die Berechtigung zu
freier Arbeits- und Berufswahl anerkennen.

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erfüllt, die in letzter Zeit auch in Deutschland ihre gewich-

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[25/0028] dann zu belohnen. Mitten in der Nacht thut sich die Coupéthür auf, und in der bekannten breiten Mundart tönt es herein: So, iez sin mer also in Rothchrüz! Jch zeige ihm mein Billet, er sieht, daß ich nach Zürich fahre, frägt, ob ich dort bekannt sei, und ich sage, daß ich etliche Jahre dagewesen. Oh, sind Sie öpe e studirte Doctere? Das bejahe ich, zugleich mein Portemonnaie ziehend, um die Unterhaltung zu beenden. Nai, vo Jne nieme iez kai Trinkgält a, nai gewüß nüd, machet Sie e guhte Reis und schlafit Sie wohl, bringt da der Biedermann heraus, der doch sonst auch dem Stamme angehörte, von dem es heißt: „kein Geld, kein Schwizer“, grüßt und schließt die Thüre hinter sich. Jch sah ihm nach, aufs Angenehmste berührt und beobachtete, wie er mit einem andern Schaffner, seinem Nachfolger, eifrig redete. Gleich darauf kommt auch der an mein Coupé, öffnet die Thür und meldet in denselben Worten und genau in demselben Tonfall dieselbe Neuigkeit: So, iez sin mer au in Rothchrüz. Ohne viel zu überlegen, war ich im Begriff, nun diesem zu geben, was der andere ausgeschlagen, muß aber hören, daß er abwehrend ausruft: Nai, das wär iez au e Sünd und e Schand, wän ich von Jne es Trinkgält nem. Läbbet Se wohl und p'hüet' Se Gott. Das ist Volkes Stimme – möge sie uns Gottes Stimme werden, d. h. möge sich vom Volke aus diese günstige Meinung von den studirten Frauen Bahn brechen bis zu den maßgebenden Kreisen der Gesellschaft, damit dieselben in unsern Bestrebungen ein Heil, eine Quelle des Glückes, nicht nur für die Frauen selbst, sondern für die gesammte Nation erblicken lernen und Gerechtigkeit übend, mit unserer Existenzberechtigung auch die Berechtigung zu freier Arbeits- und Berufswahl anerkennen. Voll Dank sind wir für die edeldenkenden Männer erfüllt, die in letzter Zeit auch in Deutschland ihre gewich-

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Zitationshilfe: Schubert-Feder, Cläre: Das Leben der Studentinnen in Zürich. Berlin, 1894, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubertfeder_studentinnen_1894/28>, abgerufen am 21.11.2024.