Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.wie Annie - Annie mit einer Million in der Tasche. Wie er seinem Buben ein solches Glück gegönnt hätte! Herrliche Visionen von in der Vergangenheit versunkenen Glanzepochen zogen durch seine alte, müde Seele. Er hörte Hifthörner schmettern, hörte lustiges Pferdegetrappel, sah die Jäger in roten Röcken heimkehren, erhitzt und kotbespritzt von einer Parforcejagd. Er sah die Lichtflut, die bewillkommend aus allen Fenstern des Schlosses den Heimkehrenden durch die Dämmerung entgegenstrahlte, und dann später die schönen Frauen, von Diamanten funkelnd, in hellen Gewändern, mit lächelnden Lippen und freundlichen Worten die Jäger begrüßend, in den Salons, in denen man sich vor dem späten Jagddiner versammelte, die leise Tafelmusik, der Duft von Trüffeln, der die Speisen durchwehte, die höflich gedämpfte Konversation, in der zwischen witzig und flüchtig erzählten Jagdabenteuern die anerkennenden Worte für die Jagdgeber regneten, der Toast einer sehr hohen Persönlichkeit, die neidischen Gesichter der Nachbarn, alles tauchte wieder vor ihm auf. Und plötzlich versank das alles, alles. Er sah eine Dorfstraße vor sich im duftigen Zwielicht eines Frühlingsabends und auf der Schwelle eines zu beiden Seiten von Obstbäumen umblühten Bauernhauses ein junges Weib mit einem schönen, gesunden Kind auf wie Annie – Annie mit einer Million in der Tasche. Wie er seinem Buben ein solches Glück gegönnt hätte! Herrliche Visionen von in der Vergangenheit versunkenen Glanzepochen zogen durch seine alte, müde Seele. Er hörte Hifthörner schmettern, hörte lustiges Pferdegetrappel, sah die Jäger in roten Röcken heimkehren, erhitzt und kotbespritzt von einer Parforcejagd. Er sah die Lichtflut, die bewillkommend aus allen Fenstern des Schlosses den Heimkehrenden durch die Dämmerung entgegenstrahlte, und dann später die schönen Frauen, von Diamanten funkelnd, in hellen Gewändern, mit lächelnden Lippen und freundlichen Worten die Jäger begrüßend, in den Salons, in denen man sich vor dem späten Jagddiner versammelte, die leise Tafelmusik, der Duft von Trüffeln, der die Speisen durchwehte, die höflich gedämpfte Konversation, in der zwischen witzig und flüchtig erzählten Jagdabenteuern die anerkennenden Worte für die Jagdgeber regneten, der Toast einer sehr hohen Persönlichkeit, die neidischen Gesichter der Nachbarn, alles tauchte wieder vor ihm auf. Und plötzlich versank das alles, alles. Er sah eine Dorfstraße vor sich im duftigen Zwielicht eines Frühlingsabends und auf der Schwelle eines zu beiden Seiten von Obstbäumen umblühten Bauernhauses ein junges Weib mit einem schönen, gesunden Kind auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0090" n="90"/> wie Annie – Annie mit einer Million in der Tasche.</p> <p>Wie er seinem Buben ein solches Glück gegönnt hätte! Herrliche Visionen von in der Vergangenheit versunkenen Glanzepochen zogen durch seine alte, müde Seele. Er hörte Hifthörner schmettern, hörte lustiges Pferdegetrappel, sah die Jäger in roten Röcken heimkehren, erhitzt und kotbespritzt von einer Parforcejagd. Er sah die Lichtflut, die bewillkommend aus allen Fenstern des Schlosses den Heimkehrenden durch die Dämmerung entgegenstrahlte, und dann später die schönen Frauen, von Diamanten funkelnd, in hellen Gewändern, mit lächelnden Lippen und freundlichen Worten die Jäger begrüßend, in den Salons, in denen man sich vor dem späten Jagddiner versammelte, die leise Tafelmusik, der Duft von Trüffeln, der die Speisen durchwehte, die höflich gedämpfte Konversation, in der zwischen witzig und flüchtig erzählten Jagdabenteuern die anerkennenden Worte für die Jagdgeber regneten, der Toast einer sehr hohen Persönlichkeit, die neidischen Gesichter der Nachbarn, alles tauchte wieder vor ihm auf.</p> <p>Und plötzlich versank das alles, alles. Er sah eine Dorfstraße vor sich im duftigen Zwielicht eines Frühlingsabends und auf der Schwelle eines zu beiden Seiten von Obstbäumen umblühten Bauernhauses ein junges Weib mit einem schönen, gesunden Kind auf </p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0090]
wie Annie – Annie mit einer Million in der Tasche.
Wie er seinem Buben ein solches Glück gegönnt hätte! Herrliche Visionen von in der Vergangenheit versunkenen Glanzepochen zogen durch seine alte, müde Seele. Er hörte Hifthörner schmettern, hörte lustiges Pferdegetrappel, sah die Jäger in roten Röcken heimkehren, erhitzt und kotbespritzt von einer Parforcejagd. Er sah die Lichtflut, die bewillkommend aus allen Fenstern des Schlosses den Heimkehrenden durch die Dämmerung entgegenstrahlte, und dann später die schönen Frauen, von Diamanten funkelnd, in hellen Gewändern, mit lächelnden Lippen und freundlichen Worten die Jäger begrüßend, in den Salons, in denen man sich vor dem späten Jagddiner versammelte, die leise Tafelmusik, der Duft von Trüffeln, der die Speisen durchwehte, die höflich gedämpfte Konversation, in der zwischen witzig und flüchtig erzählten Jagdabenteuern die anerkennenden Worte für die Jagdgeber regneten, der Toast einer sehr hohen Persönlichkeit, die neidischen Gesichter der Nachbarn, alles tauchte wieder vor ihm auf.
Und plötzlich versank das alles, alles. Er sah eine Dorfstraße vor sich im duftigen Zwielicht eines Frühlingsabends und auf der Schwelle eines zu beiden Seiten von Obstbäumen umblühten Bauernhauses ein junges Weib mit einem schönen, gesunden Kind auf
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