Schuchardt, Hugo: Ueber die Lautgesetze. Gegen die Junggrammatiker. Berlin, 1885.lichkeit der Differenzen lediglich eine subjective; zieht lichkeit der Differenzen lediglich eine subjective; zieht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="12"/> lichkeit der Differenzen lediglich eine subjective; zieht<lb/> man denn nicht auch sonst bei der Erörterung der<lb/> sprachgeschichtlichen Principien das unendlich Kleine<lb/> in Rechnung? Man wird antworten: ja, insofern eine<lb/> Cumulation desselben statt findet. Nun gut, hier<lb/> haben wir uns von einer entsprechenden Wahrnehmung<lb/> bestimmen zu lassen. Die minimalen Differenzen um<lb/> die sich der Streit dreht, stellen nur die unterste von<lb/> verschiedenen Reihen immer stärkerer Differenzen<lb/> zwischen immer grösseren Sprachgenossenschaften dar,<lb/> und diese Verbindung verleiht ihnen einen reellen<lb/> Werth. Auch <hi rendition="#k">Paul<hi rendition="#sub">2</hi></hi> betont dass „Artunterschiede<lb/> und individuelle Unterschiede nicht dem Wesen, son-<lb/> dern nur dem Grade nach verschieden sind“, und so<lb/> hat denn Alles was von dem Verhältniss zwischen<lb/> Dialekten irgend welcher Stufe gilt, auch von dem<lb/> zwischen Individualsprachen zu gelten, natürlich in<lb/> höchster Beschränkung oder höchster Steigerung. Be-<lb/> sonders noch in folgender Hinsicht. Ein Latitwandel<lb/> findet sich oft über ein sehr weites Gebiet hin, d. h.<lb/> in einer Reihe zusammenhängender Dialekte; hat er<lb/> sich in jedem von diesen spontan ausgebildet? Nein,<lb/> sondern er hat sich, wie wir in vielen Fällen geschicht-<lb/> lich verfolgen können, strahlenförmig von einem Punkte<lb/> ausgebreitet. Warum soll nun ein Lautwandel in jeder<lb/> der Individualsprachen welche einen Dialekt aus-<lb/> machen, spontan entstanden sein? Wiederum ist es<lb/><hi rendition="#k">Paul<hi rendition="#sub">2</hi></hi> welcher hier restringirt; nicht allen Individuen<lb/> einer Gruppe, nur der Majorität weist er die Spon-<lb/> taneität zu. Wenn er für andere Sprachveränderungen<lb/> diese Majorität zwar als das Regelmässige, doch nicht<lb/> als das schlechterdings Nothwendige betrachtet, so<lb/> weiss ich nicht warum man in Bezug auf den Laut-<lb/><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0024]
lichkeit der Differenzen lediglich eine subjective; zieht
man denn nicht auch sonst bei der Erörterung der
sprachgeschichtlichen Principien das unendlich Kleine
in Rechnung? Man wird antworten: ja, insofern eine
Cumulation desselben statt findet. Nun gut, hier
haben wir uns von einer entsprechenden Wahrnehmung
bestimmen zu lassen. Die minimalen Differenzen um
die sich der Streit dreht, stellen nur die unterste von
verschiedenen Reihen immer stärkerer Differenzen
zwischen immer grösseren Sprachgenossenschaften dar,
und diese Verbindung verleiht ihnen einen reellen
Werth. Auch Paul2 betont dass „Artunterschiede
und individuelle Unterschiede nicht dem Wesen, son-
dern nur dem Grade nach verschieden sind“, und so
hat denn Alles was von dem Verhältniss zwischen
Dialekten irgend welcher Stufe gilt, auch von dem
zwischen Individualsprachen zu gelten, natürlich in
höchster Beschränkung oder höchster Steigerung. Be-
sonders noch in folgender Hinsicht. Ein Latitwandel
findet sich oft über ein sehr weites Gebiet hin, d. h.
in einer Reihe zusammenhängender Dialekte; hat er
sich in jedem von diesen spontan ausgebildet? Nein,
sondern er hat sich, wie wir in vielen Fällen geschicht-
lich verfolgen können, strahlenförmig von einem Punkte
ausgebreitet. Warum soll nun ein Lautwandel in jeder
der Individualsprachen welche einen Dialekt aus-
machen, spontan entstanden sein? Wiederum ist es
Paul2 welcher hier restringirt; nicht allen Individuen
einer Gruppe, nur der Majorität weist er die Spon-
taneität zu. Wenn er für andere Sprachveränderungen
diese Majorität zwar als das Regelmässige, doch nicht
als das schlechterdings Nothwendige betrachtet, so
weiss ich nicht warum man in Bezug auf den Laut-
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