Schuchardt, Hugo: Ueber die Lautgesetze. Gegen die Junggrammatiker. Berlin, 1885.auch eine künftige Generation wird zwischen Ascoli's Die Geschichte dieses blendenden Sophismus, auch eine künftige Generation wird zwischen Ascoli's Die Geschichte dieses blendenden Sophismus, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="34"/> auch eine künftige Generation wird zwischen <hi rendition="#k">Ascoli</hi>'s<lb/> „Saggi ladini“ und <hi rendition="#k">Osthoff</hi>'s „Tiefstufe im indogerma-<lb/> nischen Vocalismus“ keinen solchen segensreichen<lb/> Wendepunkt zu entdecken vermögen.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#k">Geschichte</hi> dieses blendenden Sophismus,<lb/> welcher weite Kreise in Verwirrung gebracht hat, ist<lb/> bemerkenswerth. Er wurzelt in der früheren Ansicht<lb/> welche die Sprache vom Menschen loslöste, ihr ein<lb/> selbständiges Leben lieh und welche zuerst in roman-<lb/> tisch-mystischer, dann in streng naturwissenschaftlicher<lb/> Färbung auftrat. Die Lehre von der Ausnahmlosigkeit<lb/> der Lautgesetze, welche wenn sie nicht thatsächlich<lb/> von <hi rendition="#k">A. Schleicher</hi> herrührt, sicher ganz in seinem<lb/> Sinne decretirt worden ist, ragt wie eine Antiquität<lb/> aus jener Periode in die heutige herein, welche der<lb/> Sprachwissenschaft den Charakter einer Geisteswissen-<lb/> schaft zuerkennt, welche in der Sprache keinen natür-<lb/> lichen Organismus, sondern ein sociales Product er-<lb/> blickt. Sie befremdet am Meisten in <hi rendition="#k">Paul</hi>'s „Prin-<lb/> cipien“, wo er so tief in das Wesen der Sprache ein-<lb/> gedrungen ist; freilich erscheint sie hier in sehr ge-<lb/> mildertem Ausdruck. Ueberhaupt hat man von der<lb/> Schroffheit mit der man zuerst behauptete, abgehen<lb/> müssen, als man versuchte zu beweisen, und so lassen<lb/> sich in den vielfachen Corollarien und Ausführungen<lb/> zum junggrammatischen Lehrsatz nicht unschwer Wi-<lb/> dersprüche zu diesem selbst entdecken. Seine beste<lb/> Kritik würde daher vielleicht in der nackten Zu-<lb/> sammenstellung der mannigfachen Fassungen liegen<lb/> die er, trotz seiner Absolutheit, von <hi rendition="#k">Osthoff</hi> bis auf<lb/><hi rendition="#k">Delbrück</hi> erfahren hat. Seine weite Verbreitung ist<lb/> kein Argument zu seinen Gunsten. Nur bei Wenigen<lb/> ruht er auf spontaner Entwickelung oder gründlicher<lb/><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0046]
auch eine künftige Generation wird zwischen Ascoli's
„Saggi ladini“ und Osthoff's „Tiefstufe im indogerma-
nischen Vocalismus“ keinen solchen segensreichen
Wendepunkt zu entdecken vermögen.
Die Geschichte dieses blendenden Sophismus,
welcher weite Kreise in Verwirrung gebracht hat, ist
bemerkenswerth. Er wurzelt in der früheren Ansicht
welche die Sprache vom Menschen loslöste, ihr ein
selbständiges Leben lieh und welche zuerst in roman-
tisch-mystischer, dann in streng naturwissenschaftlicher
Färbung auftrat. Die Lehre von der Ausnahmlosigkeit
der Lautgesetze, welche wenn sie nicht thatsächlich
von A. Schleicher herrührt, sicher ganz in seinem
Sinne decretirt worden ist, ragt wie eine Antiquität
aus jener Periode in die heutige herein, welche der
Sprachwissenschaft den Charakter einer Geisteswissen-
schaft zuerkennt, welche in der Sprache keinen natür-
lichen Organismus, sondern ein sociales Product er-
blickt. Sie befremdet am Meisten in Paul's „Prin-
cipien“, wo er so tief in das Wesen der Sprache ein-
gedrungen ist; freilich erscheint sie hier in sehr ge-
mildertem Ausdruck. Ueberhaupt hat man von der
Schroffheit mit der man zuerst behauptete, abgehen
müssen, als man versuchte zu beweisen, und so lassen
sich in den vielfachen Corollarien und Ausführungen
zum junggrammatischen Lehrsatz nicht unschwer Wi-
dersprüche zu diesem selbst entdecken. Seine beste
Kritik würde daher vielleicht in der nackten Zu-
sammenstellung der mannigfachen Fassungen liegen
die er, trotz seiner Absolutheit, von Osthoff bis auf
Delbrück erfahren hat. Seine weite Verbreitung ist
kein Argument zu seinen Gunsten. Nur bei Wenigen
ruht er auf spontaner Entwickelung oder gründlicher
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