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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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den einzigen Menschen in der Welt, unter dessen ernsten, kalten Blicken er sich seit je unbehaglich fühlte, los zu sein.

Joseph war lange, lange fort, ohne daß er eine Zeile herüberschickte, ein Wort von sich hören ließ. Leonore war in tödtlicher Angst um ihn. Und wie sollte sie auch nicht? Ein Kaufmann hatte noch nie in einem Baron von Windschrot gesteckt, und wie sollte der hochfahrende, trotzige Joseph das rechte Holz sein, einen Speculanten daraus zu schnitzen? Und dann dies Batavia mit seinem mörderischen Klima! Und Joseph mit seinem reizbaren, händelsüchtigen Naturell! Sie konnte nicht an ihn denken, ohne daß ihre Augen sich mit Thränen füllten. Und wie oft dachte sie an ihn!

Kurz nach Joseph's Abreise war es, daß, wie wir oben berichteten, der Vater sich nach Mainz begeben. Auch von ihm hörte sie kaum etwas, höchstens einen kurzen Gruß, der in seinen Briefen an den Verwalter als Nachschrift eine just übrig gebliebene weiße Stelle des Papiers füllte. Desto mehr hörte sie von seinen Gläubigern, welche endlich gerichtlich einschritten und sein Gut zum Verkaufe ausbieten ließen, während er selbst sich sorglos den Heiterkeiten der Carmagnole und den lustigen Tönen jenes kräftigen "S'a ira" hingab, das seine verdammten Philister von Standesgenossen, die ihn zu meiden und zu verachten gewagt hatten, mit so vielem Nachdruck an die Laterne verwünschte.

den einzigen Menschen in der Welt, unter dessen ernsten, kalten Blicken er sich seit je unbehaglich fühlte, los zu sein.

Joseph war lange, lange fort, ohne daß er eine Zeile herüberschickte, ein Wort von sich hören ließ. Leonore war in tödtlicher Angst um ihn. Und wie sollte sie auch nicht? Ein Kaufmann hatte noch nie in einem Baron von Windschrot gesteckt, und wie sollte der hochfahrende, trotzige Joseph das rechte Holz sein, einen Speculanten daraus zu schnitzen? Und dann dies Batavia mit seinem mörderischen Klima! Und Joseph mit seinem reizbaren, händelsüchtigen Naturell! Sie konnte nicht an ihn denken, ohne daß ihre Augen sich mit Thränen füllten. Und wie oft dachte sie an ihn!

Kurz nach Joseph's Abreise war es, daß, wie wir oben berichteten, der Vater sich nach Mainz begeben. Auch von ihm hörte sie kaum etwas, höchstens einen kurzen Gruß, der in seinen Briefen an den Verwalter als Nachschrift eine just übrig gebliebene weiße Stelle des Papiers füllte. Desto mehr hörte sie von seinen Gläubigern, welche endlich gerichtlich einschritten und sein Gut zum Verkaufe ausbieten ließen, während er selbst sich sorglos den Heiterkeiten der Carmagnole und den lustigen Tönen jenes kräftigen „Ҫa ira“ hingab, das seine verdammten Philister von Standesgenossen, die ihn zu meiden und zu verachten gewagt hatten, mit so vielem Nachdruck an die Laterne verwünschte.

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[0030] den einzigen Menschen in der Welt, unter dessen ernsten, kalten Blicken er sich seit je unbehaglich fühlte, los zu sein. Joseph war lange, lange fort, ohne daß er eine Zeile herüberschickte, ein Wort von sich hören ließ. Leonore war in tödtlicher Angst um ihn. Und wie sollte sie auch nicht? Ein Kaufmann hatte noch nie in einem Baron von Windschrot gesteckt, und wie sollte der hochfahrende, trotzige Joseph das rechte Holz sein, einen Speculanten daraus zu schnitzen? Und dann dies Batavia mit seinem mörderischen Klima! Und Joseph mit seinem reizbaren, händelsüchtigen Naturell! Sie konnte nicht an ihn denken, ohne daß ihre Augen sich mit Thränen füllten. Und wie oft dachte sie an ihn! Kurz nach Joseph's Abreise war es, daß, wie wir oben berichteten, der Vater sich nach Mainz begeben. Auch von ihm hörte sie kaum etwas, höchstens einen kurzen Gruß, der in seinen Briefen an den Verwalter als Nachschrift eine just übrig gebliebene weiße Stelle des Papiers füllte. Desto mehr hörte sie von seinen Gläubigern, welche endlich gerichtlich einschritten und sein Gut zum Verkaufe ausbieten ließen, während er selbst sich sorglos den Heiterkeiten der Carmagnole und den lustigen Tönen jenes kräftigen „Ҫa ira“ hingab, das seine verdammten Philister von Standesgenossen, die ihn zu meiden und zu verachten gewagt hatten, mit so vielem Nachdruck an die Laterne verwünschte.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:53:40Z)

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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/30>, abgerufen am 21.11.2024.