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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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gebräunte Teint und die weiße Hand, welche auf dem Lauf der Büchse ruht, zu beweisen, daß er unmöglich seit langer Zeit den Einflüssen von Luft und Wetter ausgesetzt gewesen.

Die Schlucht, in welcher er seinen Stand genommen, ist von einem rauschenden, kleinen Gießbach durchströmt, der um Kiesel und dunkle Baumwurzeln unaufhörlich Schaumwellen schlägt, als hätte er wie ein muthwilliges Kind sein Vergnügen daran, den düster dreinschauenden Steinblöcken und den Alraungesichtern der langbeinigen Wurzelstämme den Bart einzuseifen, und würde, auch wie ein Kind, diesen vortrefflichen Einfall gar nicht satt und müde. Und doch schießt er an andern Stellen über den hellgelben Kies mit solcher Schnelle fort, als ginge es ihm an Kopf und Kragen, wenn er nicht noch vor Abend bei seinem Mütterchen, der Mosel, angekommen, die ihn unten im Thale erwartet. Von dem Standpunkte des Jägers aus sieht man sie durch die Oeffnung der Schlucht nordwärts in blauer Ferne ihre anmuthigen Windungen ziehen.

Jener Standpunkt ist dicht an einem Fußsteig genommen, der sich parallel mit dem Bache die Schlucht hinaufzieht. Dem Jäger gegenüber und hinter ihm erheben sich steile, dichtbewachsene Bergwände.

Unser Mann muß schon lange so gestanden haben, er stützt das Gewicht seines Körpers bald auf das eine, bald auf das andere Bein, als ob seine Glieder ermüdeten; der Wolfshund hat den Kopf auf die Vor-

gebräunte Teint und die weiße Hand, welche auf dem Lauf der Büchse ruht, zu beweisen, daß er unmöglich seit langer Zeit den Einflüssen von Luft und Wetter ausgesetzt gewesen.

Die Schlucht, in welcher er seinen Stand genommen, ist von einem rauschenden, kleinen Gießbach durchströmt, der um Kiesel und dunkle Baumwurzeln unaufhörlich Schaumwellen schlägt, als hätte er wie ein muthwilliges Kind sein Vergnügen daran, den düster dreinschauenden Steinblöcken und den Alraungesichtern der langbeinigen Wurzelstämme den Bart einzuseifen, und würde, auch wie ein Kind, diesen vortrefflichen Einfall gar nicht satt und müde. Und doch schießt er an andern Stellen über den hellgelben Kies mit solcher Schnelle fort, als ginge es ihm an Kopf und Kragen, wenn er nicht noch vor Abend bei seinem Mütterchen, der Mosel, angekommen, die ihn unten im Thale erwartet. Von dem Standpunkte des Jägers aus sieht man sie durch die Oeffnung der Schlucht nordwärts in blauer Ferne ihre anmuthigen Windungen ziehen.

Jener Standpunkt ist dicht an einem Fußsteig genommen, der sich parallel mit dem Bache die Schlucht hinaufzieht. Dem Jäger gegenüber und hinter ihm erheben sich steile, dichtbewachsene Bergwände.

Unser Mann muß schon lange so gestanden haben, er stützt das Gewicht seines Körpers bald auf das eine, bald auf das andere Bein, als ob seine Glieder ermüdeten; der Wolfshund hat den Kopf auf die Vor-

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[0007] gebräunte Teint und die weiße Hand, welche auf dem Lauf der Büchse ruht, zu beweisen, daß er unmöglich seit langer Zeit den Einflüssen von Luft und Wetter ausgesetzt gewesen. Die Schlucht, in welcher er seinen Stand genommen, ist von einem rauschenden, kleinen Gießbach durchströmt, der um Kiesel und dunkle Baumwurzeln unaufhörlich Schaumwellen schlägt, als hätte er wie ein muthwilliges Kind sein Vergnügen daran, den düster dreinschauenden Steinblöcken und den Alraungesichtern der langbeinigen Wurzelstämme den Bart einzuseifen, und würde, auch wie ein Kind, diesen vortrefflichen Einfall gar nicht satt und müde. Und doch schießt er an andern Stellen über den hellgelben Kies mit solcher Schnelle fort, als ginge es ihm an Kopf und Kragen, wenn er nicht noch vor Abend bei seinem Mütterchen, der Mosel, angekommen, die ihn unten im Thale erwartet. Von dem Standpunkte des Jägers aus sieht man sie durch die Oeffnung der Schlucht nordwärts in blauer Ferne ihre anmuthigen Windungen ziehen. Jener Standpunkt ist dicht an einem Fußsteig genommen, der sich parallel mit dem Bache die Schlucht hinaufzieht. Dem Jäger gegenüber und hinter ihm erheben sich steile, dichtbewachsene Bergwände. Unser Mann muß schon lange so gestanden haben, er stützt das Gewicht seines Körpers bald auf das eine, bald auf das andere Bein, als ob seine Glieder ermüdeten; der Wolfshund hat den Kopf auf die Vor-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:53:40Z)

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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/7>, abgerufen am 21.11.2024.