und da sie in solchen Fällen einander gewisse Unordnungen wechselseitig übersehen. Auch die "Cavalieri serventi" werden von den "Dame servite" angenommen, weil man sie als Hausgenossen betrachtet, denen die Sitte ihres eigenen Landes nicht auffallen kann.
Jn dieser Gewohnheit liegt eine der Ur- sachen, warum man in Verona so wenig darauf denkt, in seinem Hause eingerichtet zu seyn und geschmackvoll zu wohnen. Gewöhn- lich ist man für sich selbst sehr genügsam und verschwendet bloß für Andre. Hier aber kommen keine große Gesellschaften in das Haus Anderer, warum also einen Aufwand machen, der unnütz ist? Wäre Geselligkeit in Verona, so würde die Oede im Jnnern der Häuser bald verschwinden; aber einer thut hierin wie der Andre, und wenn es Alle thun, wie könnte Einer auf die Frage kom- men, die uns Deutschen noch oft so wichtig und so fürchterlich ist: was werden die Leute sagen? Von dieser Bedenklichkeit weiß man
und da ſie in ſolchen Faͤllen einander gewiſſe Unordnungen wechſelſeitig uͤberſehen. Auch die „Cavalieri serventi“ werden von den „Dame servite“ angenommen, weil man ſie als Hausgenoſſen betrachtet, denen die Sitte ihres eigenen Landes nicht auffallen kann.
Jn dieſer Gewohnheit liegt eine der Ur- ſachen, warum man in Verona ſo wenig darauf denkt, in ſeinem Hauſe eingerichtet zu ſeyn und geſchmackvoll zu wohnen. Gewoͤhn- lich iſt man fuͤr ſich ſelbſt ſehr genuͤgſam und verſchwendet bloß fuͤr Andre. Hier aber kommen keine große Geſellſchaften in das Haus Anderer, warum alſo einen Aufwand machen, der unnuͤtz iſt? Waͤre Geſelligkeit in Verona, ſo wuͤrde die Oede im Jnnern der Haͤuſer bald verſchwinden; aber einer thut hierin wie der Andre, und wenn es Alle thun, wie koͤnnte Einer auf die Frage kom- men, die uns Deutſchen noch oft ſo wichtig und ſo fuͤrchterlich iſt: was werden die Leute ſagen? Von dieſer Bedenklichkeit weiß man
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und da ſie in ſolchen Faͤllen einander gewiſſe
Unordnungen wechſelſeitig uͤberſehen. Auch
die „Cavalieri serventi“ werden von den
„Dame servite“ angenommen, weil man ſie
als Hausgenoſſen betrachtet, denen die Sitte
ihres eigenen Landes nicht auffallen kann.
Jn dieſer Gewohnheit liegt eine der Ur-
ſachen, warum man in Verona ſo wenig
darauf denkt, in ſeinem Hauſe eingerichtet zu
ſeyn und geſchmackvoll zu wohnen. Gewoͤhn-
lich iſt man fuͤr ſich ſelbſt ſehr genuͤgſam
und verſchwendet bloß fuͤr Andre. Hier aber
kommen keine große Geſellſchaften in das
Haus Anderer, warum alſo einen Aufwand
machen, der unnuͤtz iſt? Waͤre Geſelligkeit in
Verona, ſo wuͤrde die Oede im Jnnern der
Haͤuſer bald verſchwinden; aber einer thut
hierin wie der Andre, und wenn es Alle
thun, wie koͤnnte Einer auf die Frage kom-
men, die uns Deutſchen noch oft ſo wichtig
und ſo fuͤrchterlich iſt: was werden die Leute
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/140>, abgerufen am 17.06.2024.
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