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Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797.

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die bey den Korsofahrten nie fehlen dürfen;
wie schlecht sie aber bezahlt sind, zeigt ihr
Aeußeres. Drey hinten auf dem Wagen ste-
hende Bedienten wetteifern in ungekämmten
Haaren, ungewaschenen Strümpfen und kah-
len Röcken; drey Läufer, deren einer lang-
sam voran trabt, und zwey neben dem Wa-
gen bleiben, sind noch armseliger, und zeigen
sich in kurzen Jäckchen von Kannefas, in
Beinkleidern von Nanking und in Zwirn-
strümpfen, die von Schmutz starren.

Was man in Deutschland "seine Freun-
de bey sich sehen
" nennt, versteht man
hier nicht. Wer seinen Freund oder seine
Freunde sehen will, weiß die Kaffeehäuser,
wo sie täglich zu gewissen Stunden zu finden
sind. Dort wird ausgemacht, was man mit
einander zu thun hat. Sind es Sachen, die
nicht dringen, so wartet man auch bis zum
nächsten Kasinotag. Nur die Damen nehmen
und geben Besuche, da sie hier, wie ander-
wärts, nicht ohne dieselben bestehen können,

J 2

die bey den Korſofahrten nie fehlen duͤrfen;
wie ſchlecht ſie aber bezahlt ſind, zeigt ihr
Aeußeres. Drey hinten auf dem Wagen ſte-
hende Bedienten wetteifern in ungekaͤmmten
Haaren, ungewaſchenen Struͤmpfen und kah-
len Roͤcken; drey Laͤufer, deren einer lang-
ſam voran trabt, und zwey neben dem Wa-
gen bleiben, ſind noch armſeliger, und zeigen
ſich in kurzen Jaͤckchen von Kannefas, in
Beinkleidern von Nanking und in Zwirn-
ſtruͤmpfen, die von Schmutz ſtarren.

Was man in Deutſchland „ſeine Freun-
de bey ſich ſehen
“ nennt, verſteht man
hier nicht. Wer ſeinen Freund oder ſeine
Freunde ſehen will, weiß die Kaffeehaͤuſer,
wo ſie taͤglich zu gewiſſen Stunden zu finden
ſind. Dort wird ausgemacht, was man mit
einander zu thun hat. Sind es Sachen, die
nicht dringen, ſo wartet man auch bis zum
naͤchſten Kaſinotag. Nur die Damen nehmen
und geben Beſuche, da ſie hier, wie ander-
waͤrts, nicht ohne dieſelben beſtehen koͤnnen,

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[131/0139] die bey den Korſofahrten nie fehlen duͤrfen; wie ſchlecht ſie aber bezahlt ſind, zeigt ihr Aeußeres. Drey hinten auf dem Wagen ſte- hende Bedienten wetteifern in ungekaͤmmten Haaren, ungewaſchenen Struͤmpfen und kah- len Roͤcken; drey Laͤufer, deren einer lang- ſam voran trabt, und zwey neben dem Wa- gen bleiben, ſind noch armſeliger, und zeigen ſich in kurzen Jaͤckchen von Kannefas, in Beinkleidern von Nanking und in Zwirn- ſtruͤmpfen, die von Schmutz ſtarren. Was man in Deutſchland „ſeine Freun- de bey ſich ſehen“ nennt, verſteht man hier nicht. Wer ſeinen Freund oder ſeine Freunde ſehen will, weiß die Kaffeehaͤuſer, wo ſie taͤglich zu gewiſſen Stunden zu finden ſind. Dort wird ausgemacht, was man mit einander zu thun hat. Sind es Sachen, die nicht dringen, ſo wartet man auch bis zum naͤchſten Kaſinotag. Nur die Damen nehmen und geben Beſuche, da ſie hier, wie ander- waͤrts, nicht ohne dieſelben beſtehen koͤnnen, J 2

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/139>, abgerufen am 21.11.2024.