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Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797.

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ihrer venetianischen Vorgesetzten und ihres
doppelten Adels anthun. Sie klatschen oder
zischen und pochen ausschließlich; sie zwingen
die Schauspieler und Schauspielerinnen durch
ein fürchterliches Geräusch, Lieder und Auf-
tritte, die ihnen besonders behagen, drey bis
viermal zu wiederholen; sie lachen und spre-
chen aus vollem Halse, zanken sich, schimpfen
einander, drangen sich, laufen heraus, und
kommen wieder herein, alles mit gleichem Un-
gestüm, mit gleichem Trotze. Geschrey, Plau-
dern und Stampfen reißen nicht ab. Ein
Fremder ist während der Vorstellung auf der
Folter und genießt von derselben nichts. Eben
so wird er, besonders des Abends, bey dem
schrecklichen Heulen und Brüllen auf den
Straßen und öffentlichen Plätzen, in immer-
währender Besorglichkeit erhalten, ob er sich
nicht etwan in einer Stadt befinde, deren
Pöbel zur Empörung aufgestanden und schon
in der Arbeit begriffen ist, die Stadt anzu-

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ihrer venetianiſchen Vorgeſetzten und ihres
doppelten Adels anthun. Sie klatſchen oder
ziſchen und pochen ausſchließlich; ſie zwingen
die Schauſpieler und Schauſpielerinnen durch
ein fuͤrchterliches Geraͤuſch, Lieder und Auf-
tritte, die ihnen beſonders behagen, drey bis
viermal zu wiederholen; ſie lachen und ſpre-
chen aus vollem Halſe, zanken ſich, ſchimpfen
einander, drangen ſich, laufen heraus, und
kommen wieder herein, alles mit gleichem Un-
geſtuͤm, mit gleichem Trotze. Geſchrey, Plau-
dern und Stampfen reißen nicht ab. Ein
Fremder iſt waͤhrend der Vorſtellung auf der
Folter und genießt von derſelben nichts. Eben
ſo wird er, beſonders des Abends, bey dem
ſchrecklichen Heulen und Bruͤllen auf den
Straßen und oͤffentlichen Plaͤtzen, in immer-
waͤhrender Beſorglichkeit erhalten, ob er ſich
nicht etwan in einer Stadt befinde, deren
Poͤbel zur Empoͤrung aufgeſtanden und ſchon
in der Arbeit begriffen iſt, die Stadt anzu-

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[163/0171] ihrer venetianiſchen Vorgeſetzten und ihres doppelten Adels anthun. Sie klatſchen oder ziſchen und pochen ausſchließlich; ſie zwingen die Schauſpieler und Schauſpielerinnen durch ein fuͤrchterliches Geraͤuſch, Lieder und Auf- tritte, die ihnen beſonders behagen, drey bis viermal zu wiederholen; ſie lachen und ſpre- chen aus vollem Halſe, zanken ſich, ſchimpfen einander, drangen ſich, laufen heraus, und kommen wieder herein, alles mit gleichem Un- geſtuͤm, mit gleichem Trotze. Geſchrey, Plau- dern und Stampfen reißen nicht ab. Ein Fremder iſt waͤhrend der Vorſtellung auf der Folter und genießt von derſelben nichts. Eben ſo wird er, beſonders des Abends, bey dem ſchrecklichen Heulen und Bruͤllen auf den Straßen und oͤffentlichen Plaͤtzen, in immer- waͤhrender Beſorglichkeit erhalten, ob er ſich nicht etwan in einer Stadt befinde, deren Poͤbel zur Empoͤrung aufgeſtanden und ſchon in der Arbeit begriffen iſt, die Stadt anzu- L 2

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/171>, abgerufen am 24.11.2024.