das übrige, oder die Topenden, bleiben im Walde liegen und verfaulen. Ein paarmal habe ich bemerkt, daß man Felder und Gärten mit solchen Enden und andern verbrannten Bäumen verzäunt hatte, und der Wirth, der dies that, dünkte mich, bey der gewöhnlichen Holzwirthschaft, noch ein merkwürdiger und thätiger Mann. Was meynt man zu dem Zuge, daß ich mehrere Bäume, die über die Heerstraße gefallen waren, in der Mitte, nach der Weite einer Wagenspur, durchsägt fand, während das ausgesägte Stück mit der Krone und den Wurzeln unangerührt an der Seite liegen geblieben war?
Die Züge von Faulheit und Sorglosigkeit, die hieraus hervorgehen, bezeichnen auch in der That den trägen Charakter der Lithauer; frey- lich in keinem höhern Maße, als bey allen übrigen leibeigenen Völkern. So in Liefland, Kurland und Rußland, so in Polen und in Ungarn. Was der Bauer zu seinem elenden Unterhalte braucht, findet er immer, wo nicht
das uͤbrige, oder die Topenden, bleiben im Walde liegen und verfaulen. Ein paarmal habe ich bemerkt, daß man Felder und Gaͤrten mit ſolchen Enden und andern verbrannten Baͤumen verzaͤunt hatte, und der Wirth, der dies that, duͤnkte mich, bey der gewoͤhnlichen Holzwirthſchaft, noch ein merkwuͤrdiger und thaͤtiger Mann. Was meynt man zu dem Zuge, daß ich mehrere Baͤume, die uͤber die Heerſtraße gefallen waren, in der Mitte, nach der Weite einer Wagenſpur, durchſaͤgt fand, waͤhrend das ausgeſaͤgte Stuͤck mit der Krone und den Wurzeln unangeruͤhrt an der Seite liegen geblieben war?
Die Zuͤge von Faulheit und Sorgloſigkeit, die hieraus hervorgehen, bezeichnen auch in der That den traͤgen Charakter der Lithauer; frey- lich in keinem hoͤhern Maße, als bey allen uͤbrigen leibeigenen Voͤlkern. So in Liefland, Kurland und Rußland, ſo in Polen und in Ungarn. Was der Bauer zu ſeinem elenden Unterhalte braucht, findet er immer, wo nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0084"n="66"/>
das uͤbrige, oder die Topenden, bleiben im<lb/>
Walde liegen und verfaulen. Ein paarmal<lb/>
habe ich bemerkt, daß man Felder und Gaͤrten<lb/>
mit ſolchen Enden und andern verbrannten<lb/>
Baͤumen verzaͤunt hatte, und der Wirth, der<lb/>
dies that, duͤnkte mich, bey der gewoͤhnlichen<lb/>
Holzwirthſchaft, noch ein merkwuͤrdiger und<lb/>
thaͤtiger Mann. Was meynt man zu dem<lb/>
Zuge, daß ich mehrere Baͤume, die uͤber die<lb/>
Heerſtraße gefallen waren, in der Mitte, nach<lb/>
der Weite einer Wagenſpur, durchſaͤgt fand,<lb/>
waͤhrend das ausgeſaͤgte Stuͤck mit der Krone<lb/>
und den Wurzeln unangeruͤhrt an der Seite<lb/>
liegen geblieben war?</p><lb/><p>Die Zuͤge von Faulheit und Sorgloſigkeit,<lb/>
die hieraus hervorgehen, bezeichnen auch in der<lb/>
That den traͤgen Charakter der Lithauer; frey-<lb/>
lich in keinem hoͤhern Maße, als bey allen<lb/>
uͤbrigen leibeigenen Voͤlkern. So in Liefland,<lb/>
Kurland und Rußland, ſo in Polen und in<lb/>
Ungarn. Was der Bauer zu ſeinem elenden<lb/>
Unterhalte braucht, findet er immer, wo nicht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[66/0084]
das uͤbrige, oder die Topenden, bleiben im
Walde liegen und verfaulen. Ein paarmal
habe ich bemerkt, daß man Felder und Gaͤrten
mit ſolchen Enden und andern verbrannten
Baͤumen verzaͤunt hatte, und der Wirth, der
dies that, duͤnkte mich, bey der gewoͤhnlichen
Holzwirthſchaft, noch ein merkwuͤrdiger und
thaͤtiger Mann. Was meynt man zu dem
Zuge, daß ich mehrere Baͤume, die uͤber die
Heerſtraße gefallen waren, in der Mitte, nach
der Weite einer Wagenſpur, durchſaͤgt fand,
waͤhrend das ausgeſaͤgte Stuͤck mit der Krone
und den Wurzeln unangeruͤhrt an der Seite
liegen geblieben war?
Die Zuͤge von Faulheit und Sorgloſigkeit,
die hieraus hervorgehen, bezeichnen auch in der
That den traͤgen Charakter der Lithauer; frey-
lich in keinem hoͤhern Maße, als bey allen
uͤbrigen leibeigenen Voͤlkern. So in Liefland,
Kurland und Rußland, ſo in Polen und in
Ungarn. Was der Bauer zu ſeinem elenden
Unterhalte braucht, findet er immer, wo nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/84>, abgerufen am 19.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.