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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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Städten helfen müsse. Da sie aber bei ihrem
Werke die alte Aristokratie zum Grunde legten
und, selbst Aristokraten, mit und gegen Ari-
stokraten Gesetze gaben: so konnte das, was
sie zu Gunsten des Bürgerstandes (man
sagt in Polen lieber Städte, oder höchstens
städtischer Stand, um das Eifersucht er-
weckende Wort Stand, das nur der Adel
führen will, zu vermeiden) durchsetzten und
verordneten, nicht anders, als zweideutig seyn.
So erlaubten sie ihnen, Abgeordnete beim
Reichstage zu haben, aber diese mußten --
Adeliche seyn. Diese adelichen Stellvertreter
hatten eine berathschlagende Stimme, aber
nur in Sachen, welche die Städte ausschlies-
send betrafen; in allgemeinen Landesangelegen-
heiten, die in so vielen Punkten die Städte
berühren mußten, hatten sie keine Stimme.
So erlaubte man dem Bürger ferner, Land-
güter zu besitzen, aber er sollte dadurch adelich
werden; mithin besaß denn doch kein Bür-

Staͤdten helfen muͤſſe. Da ſie aber bei ihrem
Werke die alte Ariſtokratie zum Grunde legten
und, ſelbſt Ariſtokraten, mit und gegen Ari-
ſtokraten Geſetze gaben: ſo konnte das, was
ſie zu Gunſten des Buͤrgerſtandes (man
ſagt in Polen lieber Staͤdte, oder hoͤchſtens
ſtaͤdtiſcher Stand, um das Eiferſucht er-
weckende Wort Stand, das nur der Adel
fuͤhren will, zu vermeiden) durchſetzten und
verordneten, nicht anders, als zweideutig ſeyn.
So erlaubten ſie ihnen, Abgeordnete beim
Reichstage zu haben, aber dieſe mußten —
Adeliche ſeyn. Dieſe adelichen Stellvertreter
hatten eine berathſchlagende Stimme, aber
nur in Sachen, welche die Staͤdte ausſchlieſ-
ſend betrafen; in allgemeinen Landesangelegen-
heiten, die in ſo vielen Punkten die Staͤdte
beruͤhren mußten, hatten ſie keine Stimme.
So erlaubte man dem Buͤrger ferner, Land-
guͤter zu beſitzen, aber er ſollte dadurch adelich
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[107/0117] Staͤdten helfen muͤſſe. Da ſie aber bei ihrem Werke die alte Ariſtokratie zum Grunde legten und, ſelbſt Ariſtokraten, mit und gegen Ari- ſtokraten Geſetze gaben: ſo konnte das, was ſie zu Gunſten des Buͤrgerſtandes (man ſagt in Polen lieber Staͤdte, oder hoͤchſtens ſtaͤdtiſcher Stand, um das Eiferſucht er- weckende Wort Stand, das nur der Adel fuͤhren will, zu vermeiden) durchſetzten und verordneten, nicht anders, als zweideutig ſeyn. So erlaubten ſie ihnen, Abgeordnete beim Reichstage zu haben, aber dieſe mußten — Adeliche ſeyn. Dieſe adelichen Stellvertreter hatten eine berathſchlagende Stimme, aber nur in Sachen, welche die Staͤdte ausſchlieſ- ſend betrafen; in allgemeinen Landesangelegen- heiten, die in ſo vielen Punkten die Staͤdte beruͤhren mußten, hatten ſie keine Stimme. So erlaubte man dem Buͤrger ferner, Land- guͤter zu beſitzen, aber er ſollte dadurch adelich werden; mithin beſaß denn doch kein Buͤr-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/117>, abgerufen am 24.11.2024.