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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Stanislaus Poniatowski, der jetzige König,
die meisten Stimmen; und die Familie Czar-
toryski hatte ihre Entwürfe, bis auf den letz-
ten Augenblick enge verbunden, glücklich durch-
gesetzt.

Stanislaus war nicht so bald König, so
ward die innere Eifersucht und das Mißver-
gnügen unter den Hauptpersonen seiner Par-
tey, die gewiß nicht erst am Tage seiner Wahl
entstanden, lauter. Er wurde von der Herrsch-
sucht des Großkanzlers bedrängt, von dessen
Stolze gedrückt, von dessen Kälte und Eigen-
sinn in seinen etwas lebhaften Unternehmun-
gen behindert. Sein Onkel, der Woiwode von
Rußland, und sein Sohn, Fürst Adam, ließen
ihn ihren Groll ohne Zwang merken, und be-
nahmen sich entweder übermüthig oder mür-
risch; genug, man war recht ernstlich mißver-
gnügt mit ihm; aber dennoch, (und bloß dieses
Umstandes wegen habe ich diese Thatsachen *)

*) Man vergleiche sie mit der Correspondance sur les
affaires politiques de Pologne
, in Büschings Ma-

Stanislaus Poniatowski, der jetzige Koͤnig,
die meiſten Stimmen; und die Familie Czar-
toryski hatte ihre Entwuͤrfe, bis auf den letz-
ten Augenblick enge verbunden, gluͤcklich durch-
geſetzt.

Stanislaus war nicht ſo bald Koͤnig, ſo
ward die innere Eiferſucht und das Mißver-
gnuͤgen unter den Hauptperſonen ſeiner Par-
tey, die gewiß nicht erſt am Tage ſeiner Wahl
entſtanden, lauter. Er wurde von der Herrſch-
ſucht des Großkanzlers bedraͤngt, von deſſen
Stolze gedruͤckt, von deſſen Kaͤlte und Eigen-
ſinn in ſeinen etwas lebhaften Unternehmun-
gen behindert. Sein Onkel, der Woiwode von
Rußland, und ſein Sohn, Fuͤrſt Adam, ließen
ihn ihren Groll ohne Zwang merken, und be-
nahmen ſich entweder uͤbermuͤthig oder muͤr-
riſch; genug, man war recht ernſtlich mißver-
gnuͤgt mit ihm; aber dennoch, (und bloß dieſes
Umſtandes wegen habe ich dieſe Thatſachen *)

*) Man vergleiche ſie mit der Correspondance sur les
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[128/0138] Stanislaus Poniatowski, der jetzige Koͤnig, die meiſten Stimmen; und die Familie Czar- toryski hatte ihre Entwuͤrfe, bis auf den letz- ten Augenblick enge verbunden, gluͤcklich durch- geſetzt. Stanislaus war nicht ſo bald Koͤnig, ſo ward die innere Eiferſucht und das Mißver- gnuͤgen unter den Hauptperſonen ſeiner Par- tey, die gewiß nicht erſt am Tage ſeiner Wahl entſtanden, lauter. Er wurde von der Herrſch- ſucht des Großkanzlers bedraͤngt, von deſſen Stolze gedruͤckt, von deſſen Kaͤlte und Eigen- ſinn in ſeinen etwas lebhaften Unternehmun- gen behindert. Sein Onkel, der Woiwode von Rußland, und ſein Sohn, Fuͤrſt Adam, ließen ihn ihren Groll ohne Zwang merken, und be- nahmen ſich entweder uͤbermuͤthig oder muͤr- riſch; genug, man war recht ernſtlich mißver- gnuͤgt mit ihm; aber dennoch, (und bloß dieſes Umſtandes wegen habe ich dieſe Thatſachen *) *) Man vergleiche ſie mit der Correspondance sur les affaires politiques de Pologne, in Buͤſchings Ma-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/138>, abgerufen am 21.11.2024.