Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

miethen, und daß die Gastwirthe es nicht ein-
mal zu bemerken scheinen, wenn ihre Mieths-
leute von solchen Mädchen öffentlich besucht
werden, wenn sie selbst des Abends dergleichen
mit nach Hause bringen und sie erst den an-
dern Morgen entlassen, oder auch sie zu Wo-
chen und Monaten bey sich im Hause behal-
ten. Es ist schon hergebracht, ihnen diese
Freyheit mit der Wohnung selbst zuzugestehen,
und es fällt den Wirthen nicht ein, zu glau-
ben, daß ihre Häuser dadurch in einen ungün-
stigen Ruf kommen könnten. Ja, sie wissen,
daß die Lohnbedienten, die sich zu ihrem Hause
halten, die unverschämtesten Kuppler sind, die
den Fremden liederliche Mädchen bey lichtem
Tage zuführen, und doch ist keiner so eigensin-
nig, sie darum fortzujagen! Daß die Kaffee-
Wein- und Speise-Wirthe eben so wenig un-
tersuchen werden, was für Personen unter ih-
ren anständigern Gästen, ohne alle Aengstlich-
keit, Platz nehmen, versteht sich von selbst.
Auf der andern Seite findet auch keine anstän-

dige

miethen, und daß die Gaſtwirthe es nicht ein-
mal zu bemerken ſcheinen, wenn ihre Mieths-
leute von ſolchen Maͤdchen oͤffentlich beſucht
werden, wenn ſie ſelbſt des Abends dergleichen
mit nach Hauſe bringen und ſie erſt den an-
dern Morgen entlaſſen, oder auch ſie zu Wo-
chen und Monaten bey ſich im Hauſe behal-
ten. Es iſt ſchon hergebracht, ihnen dieſe
Freyheit mit der Wohnung ſelbſt zuzugeſtehen,
und es faͤllt den Wirthen nicht ein, zu glau-
ben, daß ihre Haͤuſer dadurch in einen unguͤn-
ſtigen Ruf kommen koͤnnten. Ja, ſie wiſſen,
daß die Lohnbedienten, die ſich zu ihrem Hauſe
halten, die unverſchaͤmteſten Kuppler ſind, die
den Fremden liederliche Maͤdchen bey lichtem
Tage zufuͤhren, und doch iſt keiner ſo eigenſin-
nig, ſie darum fortzujagen! Daß die Kaffee-
Wein- und Speiſe-Wirthe eben ſo wenig un-
terſuchen werden, was fuͤr Perſonen unter ih-
ren anſtaͤndigern Gaͤſten, ohne alle Aengſtlich-
keit, Platz nehmen, verſteht ſich von ſelbſt.
Auf der andern Seite findet auch keine anſtaͤn-

dige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0074" n="64"/>
miethen, und daß die Ga&#x017F;twirthe es nicht ein-<lb/>
mal zu bemerken &#x017F;cheinen, wenn ihre Mieths-<lb/>
leute von &#x017F;olchen Ma&#x0364;dchen o&#x0364;ffentlich be&#x017F;ucht<lb/>
werden, wenn &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t des Abends dergleichen<lb/>
mit nach Hau&#x017F;e bringen und &#x017F;ie er&#x017F;t den an-<lb/>
dern Morgen entla&#x017F;&#x017F;en, oder auch &#x017F;ie zu Wo-<lb/>
chen und Monaten bey &#x017F;ich im Hau&#x017F;e behal-<lb/>
ten. Es i&#x017F;t &#x017F;chon hergebracht, ihnen die&#x017F;e<lb/>
Freyheit mit der Wohnung &#x017F;elb&#x017F;t zuzuge&#x017F;tehen,<lb/>
und es fa&#x0364;llt den Wirthen nicht ein, zu glau-<lb/>
ben, daß ihre Ha&#x0364;u&#x017F;er dadurch in einen ungu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;tigen Ruf kommen ko&#x0364;nnten. Ja, &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß die Lohnbedienten, die &#x017F;ich zu ihrem Hau&#x017F;e<lb/>
halten, die unver&#x017F;cha&#x0364;mte&#x017F;ten Kuppler &#x017F;ind, die<lb/>
den Fremden liederliche Ma&#x0364;dchen bey lichtem<lb/>
Tage zufu&#x0364;hren, und doch i&#x017F;t keiner &#x017F;o eigen&#x017F;in-<lb/>
nig, &#x017F;ie darum fortzujagen! Daß die Kaffee-<lb/>
Wein- und Spei&#x017F;e-Wirthe eben &#x017F;o wenig un-<lb/>
ter&#x017F;uchen werden, was fu&#x0364;r Per&#x017F;onen unter ih-<lb/>
ren an&#x017F;ta&#x0364;ndigern Ga&#x0364;&#x017F;ten, ohne alle Aeng&#x017F;tlich-<lb/>
keit, Platz nehmen, ver&#x017F;teht &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Auf der andern Seite findet auch keine an&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dige</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0074] miethen, und daß die Gaſtwirthe es nicht ein- mal zu bemerken ſcheinen, wenn ihre Mieths- leute von ſolchen Maͤdchen oͤffentlich beſucht werden, wenn ſie ſelbſt des Abends dergleichen mit nach Hauſe bringen und ſie erſt den an- dern Morgen entlaſſen, oder auch ſie zu Wo- chen und Monaten bey ſich im Hauſe behal- ten. Es iſt ſchon hergebracht, ihnen dieſe Freyheit mit der Wohnung ſelbſt zuzugeſtehen, und es faͤllt den Wirthen nicht ein, zu glau- ben, daß ihre Haͤuſer dadurch in einen unguͤn- ſtigen Ruf kommen koͤnnten. Ja, ſie wiſſen, daß die Lohnbedienten, die ſich zu ihrem Hauſe halten, die unverſchaͤmteſten Kuppler ſind, die den Fremden liederliche Maͤdchen bey lichtem Tage zufuͤhren, und doch iſt keiner ſo eigenſin- nig, ſie darum fortzujagen! Daß die Kaffee- Wein- und Speiſe-Wirthe eben ſo wenig un- terſuchen werden, was fuͤr Perſonen unter ih- ren anſtaͤndigern Gaͤſten, ohne alle Aengſtlich- keit, Platz nehmen, verſteht ſich von ſelbſt. Auf der andern Seite findet auch keine anſtaͤn- dige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/74
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/74>, abgerufen am 21.11.2024.