Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.ses ein, die eine angenehme Aussicht über die Stanislaus war, als ich ihn das erstemal ſes ein, die eine angenehme Ausſicht uͤber die Stanislaus war, als ich ihn das erſtemal <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="142"/> ſes ein, die eine angenehme Ausſicht uͤber die<lb/> Weichſel gewaͤhrt. Das Ganze athmet einen<lb/> reinen Geſchmack, Anſpruchsloſigkeit und ſanfte<lb/> Wuͤrde; und man wird wenig koͤnigliche und<lb/> fuͤrſtliche Zimmer unter ſo angenehmen Em-<lb/> pfindungen betreten und durchwandern. Ueber<lb/> ſeinem Bette haͤngt eine reizende Magdalene,<lb/> von dem Batoni'ſchen Original abgenommen.</p><lb/> <p>Stanislaus war, als ich ihn das erſtemal<lb/> ſahe, in ſeinem Einundſechzigſten Jahre, aber<lb/> ſein Aeußeres verrieth dieſes Alter nicht. Zwar<lb/> hat ſeine Farbe nicht mehr das Friſche des<lb/> maͤnnlichen Alters, ſondern faͤllt ins gelbliche,<lb/> und ſein Haar greiſet; aber ſeine Haut zeigt<lb/> noch keine Furche, ſein Geſicht iſt gefuͤllt, ſein<lb/> Auge lebhaft und voller Geiſt, mit einer auf-<lb/> fallenden Miſchung von Sanftmuth und Guͤ-<lb/> te. Staͤrke und Heldenmuth ſind nicht das<lb/> Unterſcheidende ſeiner Bildung und ſeiner Per-<lb/> ſon, aber deſto unverkennbarer blickt Abgeſchlif-<lb/> fenheit, Witz und Grazie aus ihnen hervor.<lb/> Man kann keinen feinern Mund ſehen. Seine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0152]
ſes ein, die eine angenehme Ausſicht uͤber die
Weichſel gewaͤhrt. Das Ganze athmet einen
reinen Geſchmack, Anſpruchsloſigkeit und ſanfte
Wuͤrde; und man wird wenig koͤnigliche und
fuͤrſtliche Zimmer unter ſo angenehmen Em-
pfindungen betreten und durchwandern. Ueber
ſeinem Bette haͤngt eine reizende Magdalene,
von dem Batoni'ſchen Original abgenommen.
Stanislaus war, als ich ihn das erſtemal
ſahe, in ſeinem Einundſechzigſten Jahre, aber
ſein Aeußeres verrieth dieſes Alter nicht. Zwar
hat ſeine Farbe nicht mehr das Friſche des
maͤnnlichen Alters, ſondern faͤllt ins gelbliche,
und ſein Haar greiſet; aber ſeine Haut zeigt
noch keine Furche, ſein Geſicht iſt gefuͤllt, ſein
Auge lebhaft und voller Geiſt, mit einer auf-
fallenden Miſchung von Sanftmuth und Guͤ-
te. Staͤrke und Heldenmuth ſind nicht das
Unterſcheidende ſeiner Bildung und ſeiner Per-
ſon, aber deſto unverkennbarer blickt Abgeſchlif-
fenheit, Witz und Grazie aus ihnen hervor.
Man kann keinen feinern Mund ſehen. Seine
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