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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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den, daß sie, da seine eigenen Finanzen in
Zerrüttung kamen, nach und nach eingingen.

Der König hatte, seitdem er den Thron
bestieg, eine Lieblingsidee, von der er sich die
vortheilhaftesten Folgen für die Umschaffung
seiner Nation und deren Verfassung ver-
sprach. Er sahe wohl, daß, so lange die
altpolnischen politischen, moralischen und öko-
nomischen Vorurtheile dauerten, eine feste
Grundlage fehle, auf welche man Verbesserun-
gen bauen könnte; und daß, um diese Grund-
lage möglich zu machen, das ganze, bisher ge-
wöhnliche, Erziehungswesen umgestaltet werden
müsse. Zu diesem Zwecke wurde das Kadettenhaus
in Warschau errichtet, und, nach der Aufhebung
des Jesuitenordens, erhielten die Adelsschulen
in den Provinzen ihre Entstehung, und die
Universitäten ihre neue Einrichtung zu gleicher
Absicht. Es eröfneten sich sonach einer zahl-
reichen Menge von jungen Adelichen ganz neue
Felder von Kenntnissen, die ihre Väter nicht
einmal geahnt hatten. Was der König an
aufgeklärtern Subjekten, die zu Lehrern taug-

den, daß ſie, da ſeine eigenen Finanzen in
Zerruͤttung kamen, nach und nach eingingen.

Der Koͤnig hatte, ſeitdem er den Thron
beſtieg, eine Lieblingsidee, von der er ſich die
vortheilhafteſten Folgen fuͤr die Umſchaffung
ſeiner Nation und deren Verfaſſung ver-
ſprach. Er ſahe wohl, daß, ſo lange die
altpolniſchen politiſchen, moraliſchen und oͤko-
nomiſchen Vorurtheile dauerten, eine feſte
Grundlage fehle, auf welche man Verbeſſerun-
gen bauen koͤnnte; und daß, um dieſe Grund-
lage moͤglich zu machen, das ganze, bisher ge-
woͤhnliche, Erziehungsweſen umgeſtaltet werden
muͤſſe. Zu dieſem Zwecke wurde das Kadettenhaus
in Warſchau errichtet, und, nach der Aufhebung
des Jeſuitenordens, erhielten die Adelsſchulen
in den Provinzen ihre Entſtehung, und die
Univerſitaͤten ihre neue Einrichtung zu gleicher
Abſicht. Es eroͤfneten ſich ſonach einer zahl-
reichen Menge von jungen Adelichen ganz neue
Felder von Kenntniſſen, die ihre Vaͤter nicht
einmal geahnt hatten. Was der Koͤnig an
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[154/0164] den, daß ſie, da ſeine eigenen Finanzen in Zerruͤttung kamen, nach und nach eingingen. Der Koͤnig hatte, ſeitdem er den Thron beſtieg, eine Lieblingsidee, von der er ſich die vortheilhafteſten Folgen fuͤr die Umſchaffung ſeiner Nation und deren Verfaſſung ver- ſprach. Er ſahe wohl, daß, ſo lange die altpolniſchen politiſchen, moraliſchen und oͤko- nomiſchen Vorurtheile dauerten, eine feſte Grundlage fehle, auf welche man Verbeſſerun- gen bauen koͤnnte; und daß, um dieſe Grund- lage moͤglich zu machen, das ganze, bisher ge- woͤhnliche, Erziehungsweſen umgeſtaltet werden muͤſſe. Zu dieſem Zwecke wurde das Kadettenhaus in Warſchau errichtet, und, nach der Aufhebung des Jeſuitenordens, erhielten die Adelsſchulen in den Provinzen ihre Entſtehung, und die Univerſitaͤten ihre neue Einrichtung zu gleicher Abſicht. Es eroͤfneten ſich ſonach einer zahl- reichen Menge von jungen Adelichen ganz neue Felder von Kenntniſſen, die ihre Vaͤter nicht einmal geahnt hatten. Was der Koͤnig an aufgeklaͤrtern Subjekten, die zu Lehrern taug-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/164>, abgerufen am 22.12.2024.