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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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lich waren, im Lande selbst finden konnte, stell-
te er bey seiner Jnstitution an und gesellte die-
sen viele geschickte Ausländer zu. So geschah
es, daß die adeliche Jugend gewisse Dinge gar
nicht zu hören bekam, die bey ihren Vätern,
aus dem ersten Unterrichte her, als unverdring-
liche Vorurtheile hafteten; und daß sie dage-
gen in andern unterrichtet ward, die, als Re-
sultate der neuern Philosophie, Staatskunde
und Moral, bey ihr Wurzel faßten und eben
so unzerstöhrbar wurden, als bey ihren Vätern
die Jrrthümer.

Für diejenige Klasse der jungen Edelleute,
die schon aus den Jünglingsjahren getreten
war, wurde der König in eigener Person Leh-
rer. Er zog besonders die Söhne der größe-
ren Häuser, die nicht seine erklärten Widersa-
cher waren, an sich, flößte ihnen seine Grund-
sätze ein und ward zugleich ihr Vorbild in Ab-
sicht der Sitten. Es ist nicht zu leugnen, daß
diese letzteren nicht sehr vaterländisch waren,
daß sie leicht, außer der Vergessenheit der al-

lich waren, im Lande ſelbſt finden konnte, ſtell-
te er bey ſeiner Jnſtitution an und geſellte die-
ſen viele geſchickte Auslaͤnder zu. So geſchah
es, daß die adeliche Jugend gewiſſe Dinge gar
nicht zu hoͤren bekam, die bey ihren Vaͤtern,
aus dem erſten Unterrichte her, als unverdring-
liche Vorurtheile hafteten; und daß ſie dage-
gen in andern unterrichtet ward, die, als Re-
ſultate der neuern Philoſophie, Staatskunde
und Moral, bey ihr Wurzel faßten und eben
ſo unzerſtoͤhrbar wurden, als bey ihren Vaͤtern
die Jrrthuͤmer.

Fuͤr diejenige Klaſſe der jungen Edelleute,
die ſchon aus den Juͤnglingsjahren getreten
war, wurde der Koͤnig in eigener Perſon Leh-
rer. Er zog beſonders die Soͤhne der groͤße-
ren Haͤuſer, die nicht ſeine erklaͤrten Widerſa-
cher waren, an ſich, floͤßte ihnen ſeine Grund-
ſaͤtze ein und ward zugleich ihr Vorbild in Ab-
ſicht der Sitten. Es iſt nicht zu leugnen, daß
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[155/0165] lich waren, im Lande ſelbſt finden konnte, ſtell- te er bey ſeiner Jnſtitution an und geſellte die- ſen viele geſchickte Auslaͤnder zu. So geſchah es, daß die adeliche Jugend gewiſſe Dinge gar nicht zu hoͤren bekam, die bey ihren Vaͤtern, aus dem erſten Unterrichte her, als unverdring- liche Vorurtheile hafteten; und daß ſie dage- gen in andern unterrichtet ward, die, als Re- ſultate der neuern Philoſophie, Staatskunde und Moral, bey ihr Wurzel faßten und eben ſo unzerſtoͤhrbar wurden, als bey ihren Vaͤtern die Jrrthuͤmer. Fuͤr diejenige Klaſſe der jungen Edelleute, die ſchon aus den Juͤnglingsjahren getreten war, wurde der Koͤnig in eigener Perſon Leh- rer. Er zog beſonders die Soͤhne der groͤße- ren Haͤuſer, die nicht ſeine erklaͤrten Widerſa- cher waren, an ſich, floͤßte ihnen ſeine Grund- ſaͤtze ein und ward zugleich ihr Vorbild in Ab- ſicht der Sitten. Es iſt nicht zu leugnen, daß dieſe letzteren nicht ſehr vaterlaͤndiſch waren, daß ſie leicht, außer der Vergeſſenheit der al-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/165>, abgerufen am 22.12.2024.