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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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Berge, um deren Spitzen, Nebel, Schnee,
Regen, Sturm und Sonnenschein gohren und
kämpften. Nachdem der Weg eine Weile durch
eine anmuthige Landschaft, die lauter angebaue-
te Anhöhen in der Nähe, und schwarze, un-
beschneyete Berge in der Ferne zeigte, mittelst
einer schönen Heerstraße, bergauf geführt hat-
te, stieg er absatzweise allmählig wieder hinun-
ter und zog sich durch Thäler hin, in welchen
sich Dorf an Dorf drängte, die, bey ihrer
Länge, an einander zu hängen schienen, alle
einen sehr wohlhabenden, reinlichen Anblick
gewährten und mit gesunden, höflichen und
arbeitsamen Einwohnern besetzt waren. Diese
Dörfer waren meist katholischer Religion; und
dieß kündigte sich durch mehrere Kreutzbilder
an, worunter eins von Eisen war, an welchem
ein Engel das Blut Christi aus der Seiten-
höhle in einen Becher auffing --

Es waren in diesen Gegenden, kurz vor
meiner Ankunft, Unruhen unter den Webern
gewesen. Die Unternehmer, deren Geschäfte

Berge, um deren Spitzen, Nebel, Schnee,
Regen, Sturm und Sonnenſchein gohren und
kaͤmpften. Nachdem der Weg eine Weile durch
eine anmuthige Landſchaft, die lauter angebaue-
te Anhoͤhen in der Naͤhe, und ſchwarze, un-
beſchneyete Berge in der Ferne zeigte, mittelſt
einer ſchoͤnen Heerſtraße, bergauf gefuͤhrt hat-
te, ſtieg er abſatzweiſe allmaͤhlig wieder hinun-
ter und zog ſich durch Thaͤler hin, in welchen
ſich Dorf an Dorf draͤngte, die, bey ihrer
Laͤnge, an einander zu haͤngen ſchienen, alle
einen ſehr wohlhabenden, reinlichen Anblick
gewaͤhrten und mit geſunden, hoͤflichen und
arbeitſamen Einwohnern beſetzt waren. Dieſe
Doͤrfer waren meiſt katholiſcher Religion; und
dieß kuͤndigte ſich durch mehrere Kreutzbilder
an, worunter eins von Eiſen war, an welchem
ein Engel das Blut Chriſti aus der Seiten-
hoͤhle in einen Becher auffing —

Es waren in dieſen Gegenden, kurz vor
meiner Ankunft, Unruhen unter den Webern
geweſen. Die Unternehmer, deren Geſchaͤfte

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[230/0240] Berge, um deren Spitzen, Nebel, Schnee, Regen, Sturm und Sonnenſchein gohren und kaͤmpften. Nachdem der Weg eine Weile durch eine anmuthige Landſchaft, die lauter angebaue- te Anhoͤhen in der Naͤhe, und ſchwarze, un- beſchneyete Berge in der Ferne zeigte, mittelſt einer ſchoͤnen Heerſtraße, bergauf gefuͤhrt hat- te, ſtieg er abſatzweiſe allmaͤhlig wieder hinun- ter und zog ſich durch Thaͤler hin, in welchen ſich Dorf an Dorf draͤngte, die, bey ihrer Laͤnge, an einander zu haͤngen ſchienen, alle einen ſehr wohlhabenden, reinlichen Anblick gewaͤhrten und mit geſunden, hoͤflichen und arbeitſamen Einwohnern beſetzt waren. Dieſe Doͤrfer waren meiſt katholiſcher Religion; und dieß kuͤndigte ſich durch mehrere Kreutzbilder an, worunter eins von Eiſen war, an welchem ein Engel das Blut Chriſti aus der Seiten- hoͤhle in einen Becher auffing — Es waren in dieſen Gegenden, kurz vor meiner Ankunft, Unruhen unter den Webern geweſen. Die Unternehmer, deren Geſchaͤfte

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/240>, abgerufen am 22.12.2024.