Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

(Albertrandi, sonst eines sehr gefälligen
Mannes) genug, diese wohlgewählte Biblio-
thek wird wenig von den Warschauer Gelehr-
ten und Liebhabern genutzt.

Der König, dessen Auge seit dem Anfange
seiner Regierung auf alles gerichtet war, was
das Land an seinem Aufkommen in jeder Rück-
sicht hinderte, sahe wohl, daß der Mangel an
einer zweckmäßigen gelehrten Erziehung den
traurigen Zustand der polnischen Literatur be-
wirkte. Die beyden einzigen Universitäten in
Polen, Krakau und Wilna, waren nach
und nach zu gewöhnlichen Schulen herabgesun-
ken, in welchen die Jesuiten bloß ihre Theo-
logie und Philosophie als Hauptsache, und et-
was Mathematik und Physik als Neben-
dinge, lehrten. Nach Aufhebung dieses Ordens
gelang es dem Könige, durchzusetzen, daß die
Güter, die derselbe in Polen besaß, zur Ver-
besserung des Schulwesens und der gelehrten
Erziehung überhaupt bestimmt wurden. Man
ernannte eine Kommission, die aus weltlichen

(Albertrandi, ſonſt eines ſehr gefaͤlligen
Mannes) genug, dieſe wohlgewaͤhlte Biblio-
thek wird wenig von den Warſchauer Gelehr-
ten und Liebhabern genutzt.

Der Koͤnig, deſſen Auge ſeit dem Anfange
ſeiner Regierung auf alles gerichtet war, was
das Land an ſeinem Aufkommen in jeder Ruͤck-
ſicht hinderte, ſahe wohl, daß der Mangel an
einer zweckmaͤßigen gelehrten Erziehung den
traurigen Zuſtand der polniſchen Literatur be-
wirkte. Die beyden einzigen Univerſitaͤten in
Polen, Krakau und Wilna, waren nach
und nach zu gewoͤhnlichen Schulen herabgeſun-
ken, in welchen die Jeſuiten bloß ihre Theo-
logie und Philoſophie als Hauptſache, und et-
was Mathematik und Phyſik als Neben-
dinge, lehrten. Nach Aufhebung dieſes Ordens
gelang es dem Koͤnige, durchzuſetzen, daß die
Guͤter, die derſelbe in Polen beſaß, zur Ver-
beſſerung des Schulweſens und der gelehrten
Erziehung uͤberhaupt beſtimmt wurden. Man
ernannte eine Kommiſſion, die aus weltlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054" n="44"/>
(<hi rendition="#g">Albertrandi</hi>, &#x017F;on&#x017F;t eines &#x017F;ehr gefa&#x0364;lligen<lb/>
Mannes) genug, die&#x017F;e wohlgewa&#x0364;hlte Biblio-<lb/>
thek wird wenig von den War&#x017F;chauer Gelehr-<lb/>
ten und Liebhabern genutzt.</p><lb/>
        <p>Der Ko&#x0364;nig, de&#x017F;&#x017F;en Auge &#x017F;eit dem Anfange<lb/>
&#x017F;einer Regierung auf alles gerichtet war, was<lb/>
das Land an &#x017F;einem Aufkommen in jeder Ru&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;icht hinderte, &#x017F;ahe wohl, daß der Mangel an<lb/>
einer zweckma&#x0364;ßigen gelehrten Erziehung den<lb/>
traurigen Zu&#x017F;tand der polni&#x017F;chen Literatur be-<lb/>
wirkte. Die beyden einzigen Univer&#x017F;ita&#x0364;ten in<lb/>
Polen, <hi rendition="#g">Krakau</hi> und <hi rendition="#g">Wilna</hi>, waren nach<lb/>
und nach zu gewo&#x0364;hnlichen Schulen herabge&#x017F;un-<lb/>
ken, in welchen die Je&#x017F;uiten bloß <hi rendition="#g">ihre</hi> Theo-<lb/>
logie und Philo&#x017F;ophie als Haupt&#x017F;ache, und et-<lb/>
was Mathematik und Phy&#x017F;ik als Neben-<lb/>
dinge, lehrten. Nach Aufhebung die&#x017F;es Ordens<lb/>
gelang es dem Ko&#x0364;nige, durchzu&#x017F;etzen, daß die<lb/>
Gu&#x0364;ter, die der&#x017F;elbe in Polen be&#x017F;aß, zur Ver-<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erung des Schulwe&#x017F;ens und der gelehrten<lb/>
Erziehung u&#x0364;berhaupt be&#x017F;timmt wurden. Man<lb/>
ernannte eine Kommi&#x017F;&#x017F;ion, die aus weltlichen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0054] (Albertrandi, ſonſt eines ſehr gefaͤlligen Mannes) genug, dieſe wohlgewaͤhlte Biblio- thek wird wenig von den Warſchauer Gelehr- ten und Liebhabern genutzt. Der Koͤnig, deſſen Auge ſeit dem Anfange ſeiner Regierung auf alles gerichtet war, was das Land an ſeinem Aufkommen in jeder Ruͤck- ſicht hinderte, ſahe wohl, daß der Mangel an einer zweckmaͤßigen gelehrten Erziehung den traurigen Zuſtand der polniſchen Literatur be- wirkte. Die beyden einzigen Univerſitaͤten in Polen, Krakau und Wilna, waren nach und nach zu gewoͤhnlichen Schulen herabgeſun- ken, in welchen die Jeſuiten bloß ihre Theo- logie und Philoſophie als Hauptſache, und et- was Mathematik und Phyſik als Neben- dinge, lehrten. Nach Aufhebung dieſes Ordens gelang es dem Koͤnige, durchzuſetzen, daß die Guͤter, die derſelbe in Polen beſaß, zur Ver- beſſerung des Schulweſens und der gelehrten Erziehung uͤberhaupt beſtimmt wurden. Man ernannte eine Kommiſſion, die aus weltlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/54
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/54>, abgerufen am 19.05.2024.