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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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Ganzen genommen, leer, und nur, wenn die
erwähnten politischen Stücke gegeben wurden,
die man meist auch nur aus Gefälligkeit, Rück-
sicht, Mode und Nachahmung zum zweyten
und drittenmal besuchte, war der Zulauf groß
und das Haus drückend besetzt. Das Eigene
habe ich noch an diesem Theater bemerkt, daß
sich dessen Kasse gute und berühmte Stücke
theurer bezahlen ließ, als minder gute, oder
auch nur minder lange: eine Einrichtung, die
ich nicht unverständig finde.

Ganz anders verhielt es sich, als im Früh-
linge 1792 eine Gesellschaft Jtalienischer Opern-
sänger, die man verschrieben hatte, zu spielen
anfing. Sie gehörte in der That zu den mit-
telmäßigen und, Eine Sängerin ausgenommen,
Benini genannt, hatte sie kein einziges gutes
Subjekt aufzuweisen. Die "prima donna"
war eine ungeschlachte Figur, mit einem plat-
ten Gesichte, die als "gardinara brillanto"
und als "bella molinara" auf zwey stattlichen
Füßen entenhaft herumwatschelte und mit zwey

Ganzen genommen, leer, und nur, wenn die
erwaͤhnten politiſchen Stuͤcke gegeben wurden,
die man meiſt auch nur aus Gefaͤlligkeit, Ruͤck-
ſicht, Mode und Nachahmung zum zweyten
und drittenmal beſuchte, war der Zulauf groß
und das Haus druͤckend beſetzt. Das Eigene
habe ich noch an dieſem Theater bemerkt, daß
ſich deſſen Kaſſe gute und beruͤhmte Stuͤcke
theurer bezahlen ließ, als minder gute, oder
auch nur minder lange: eine Einrichtung, die
ich nicht unverſtaͤndig finde.

Ganz anders verhielt es ſich, als im Fruͤh-
linge 1792 eine Geſellſchaft Jtalieniſcher Opern-
ſaͤnger, die man verſchrieben hatte, zu ſpielen
anfing. Sie gehoͤrte in der That zu den mit-
telmaͤßigen und, Eine Saͤngerin ausgenommen,
Benini genannt, hatte ſie kein einziges gutes
Subjekt aufzuweiſen. Die „prima donna“
war eine ungeſchlachte Figur, mit einem plat-
ten Geſichte, die als „gardinara brillanto“
und als „bella molinara“ auf zwey ſtattlichen
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[74/0084] Ganzen genommen, leer, und nur, wenn die erwaͤhnten politiſchen Stuͤcke gegeben wurden, die man meiſt auch nur aus Gefaͤlligkeit, Ruͤck- ſicht, Mode und Nachahmung zum zweyten und drittenmal beſuchte, war der Zulauf groß und das Haus druͤckend beſetzt. Das Eigene habe ich noch an dieſem Theater bemerkt, daß ſich deſſen Kaſſe gute und beruͤhmte Stuͤcke theurer bezahlen ließ, als minder gute, oder auch nur minder lange: eine Einrichtung, die ich nicht unverſtaͤndig finde. Ganz anders verhielt es ſich, als im Fruͤh- linge 1792 eine Geſellſchaft Jtalieniſcher Opern- ſaͤnger, die man verſchrieben hatte, zu ſpielen anfing. Sie gehoͤrte in der That zu den mit- telmaͤßigen und, Eine Saͤngerin ausgenommen, Benini genannt, hatte ſie kein einziges gutes Subjekt aufzuweiſen. Die „prima donna“ war eine ungeſchlachte Figur, mit einem plat- ten Geſichte, die als „gardinara brillanto“ und als „bella molinara“ auf zwey ſtattlichen Fuͤßen entenhaft herumwatſchelte und mit zwey

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/84>, abgerufen am 28.05.2024.