zu seinem Glücke noch nicht weit vorgerückt. Selbst der Adel, oder vielmehr das Patriziat hat in seinem innern und äußern Wesen noch sehr viel bürgerliches und altmodisches, mit einer Mischung von Gravität und Regierungs- bewußtseyn bey den ältern, und von Adelstolz und gesellschaftlicher Anmaßung bey den jün- gern, von denen nur einzelne frey sind. Wa- gen und Livreen, häusliche Einrichtung und Tracht, Gastmäler und Lustpartien, Liebhabe- reyen und Beschäftigungen, kurz die ganze Art zu seyn der ältern, hält ungefähr den Mit- telweg zwischen der Art zu seyn eines preußi- schen Ministers und eines Bürgermeisters in Hamburg; während das Wesen der jüngern ein Mittelding zwischen dem Wesen eines Land- edelmanns und eines adelichen Referendars in Berlin seyn möchte. Die letztre Gattung fährt, reitet, jagt noch aus Liebhaberey, hält noch Umgang mit den jüngern Gliedern des Gelehrten- und Kaufmannsstandes, besucht noch öffentliche Oerter, die diese besuchen, mit
zu ſeinem Gluͤcke noch nicht weit vorgeruͤckt. Selbſt der Adel, oder vielmehr das Patriziat hat in ſeinem innern und aͤußern Weſen noch ſehr viel buͤrgerliches und altmodiſches, mit einer Miſchung von Gravitaͤt und Regierungs- bewußtſeyn bey den aͤltern, und von Adelſtolz und geſellſchaftlicher Anmaßung bey den juͤn- gern, von denen nur einzelne frey ſind. Wa- gen und Livreen, haͤusliche Einrichtung und Tracht, Gaſtmaͤler und Luſtpartien, Liebhabe- reyen und Beſchaͤftigungen, kurz die ganze Art zu ſeyn der aͤltern, haͤlt ungefaͤhr den Mit- telweg zwiſchen der Art zu ſeyn eines preußi- ſchen Miniſters und eines Buͤrgermeiſters in Hamburg; waͤhrend das Weſen der juͤngern ein Mittelding zwiſchen dem Weſen eines Land- edelmanns und eines adelichen Referendars in Berlin ſeyn moͤchte. Die letztre Gattung faͤhrt, reitet, jagt noch aus Liebhaberey, haͤlt noch Umgang mit den juͤngern Gliedern des Gelehrten- und Kaufmannsſtandes, beſucht noch oͤffentliche Oerter, die dieſe beſuchen, mit
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0175"n="167"/>
zu ſeinem Gluͤcke noch nicht weit vorgeruͤckt.<lb/>
Selbſt der Adel, oder vielmehr das Patriziat<lb/>
hat in ſeinem innern und aͤußern Weſen noch<lb/>ſehr viel buͤrgerliches und altmodiſches, mit<lb/>
einer Miſchung von Gravitaͤt und Regierungs-<lb/>
bewußtſeyn bey den aͤltern, und von Adelſtolz<lb/>
und geſellſchaftlicher Anmaßung bey den juͤn-<lb/>
gern, von denen nur einzelne frey ſind. Wa-<lb/>
gen und Livreen, haͤusliche Einrichtung und<lb/>
Tracht, Gaſtmaͤler und Luſtpartien, Liebhabe-<lb/>
reyen und Beſchaͤftigungen, kurz die ganze Art<lb/>
zu ſeyn der aͤltern, haͤlt ungefaͤhr den Mit-<lb/>
telweg zwiſchen der Art zu ſeyn eines preußi-<lb/>ſchen Miniſters und eines Buͤrgermeiſters in<lb/>
Hamburg; waͤhrend das Weſen der juͤngern<lb/>
ein Mittelding zwiſchen dem Weſen eines Land-<lb/>
edelmanns und eines adelichen Referendars in<lb/>
Berlin ſeyn moͤchte. Die letztre Gattung<lb/>
faͤhrt, reitet, jagt noch aus Liebhaberey, haͤlt<lb/>
noch Umgang mit den juͤngern Gliedern des<lb/>
Gelehrten- und Kaufmannsſtandes, beſucht<lb/>
noch oͤffentliche Oerter, die dieſe beſuchen, mit<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[167/0175]
zu ſeinem Gluͤcke noch nicht weit vorgeruͤckt.
Selbſt der Adel, oder vielmehr das Patriziat
hat in ſeinem innern und aͤußern Weſen noch
ſehr viel buͤrgerliches und altmodiſches, mit
einer Miſchung von Gravitaͤt und Regierungs-
bewußtſeyn bey den aͤltern, und von Adelſtolz
und geſellſchaftlicher Anmaßung bey den juͤn-
gern, von denen nur einzelne frey ſind. Wa-
gen und Livreen, haͤusliche Einrichtung und
Tracht, Gaſtmaͤler und Luſtpartien, Liebhabe-
reyen und Beſchaͤftigungen, kurz die ganze Art
zu ſeyn der aͤltern, haͤlt ungefaͤhr den Mit-
telweg zwiſchen der Art zu ſeyn eines preußi-
ſchen Miniſters und eines Buͤrgermeiſters in
Hamburg; waͤhrend das Weſen der juͤngern
ein Mittelding zwiſchen dem Weſen eines Land-
edelmanns und eines adelichen Referendars in
Berlin ſeyn moͤchte. Die letztre Gattung
faͤhrt, reitet, jagt noch aus Liebhaberey, haͤlt
noch Umgang mit den juͤngern Gliedern des
Gelehrten- und Kaufmannsſtandes, beſucht
noch oͤffentliche Oerter, die dieſe beſuchen, mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/175>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.