Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

aus der Tasche hervorragender Tabackspfeife,
geht noch auf Pickenicke, und tanzt und lie-
belt mit den Kaufmanns- und Gelehrten-
Frauen und Töchtern; aber die erstre Gattung
geht aus ihrer Klasse und ihrer Gravität schwer
heraus, und sucht nur solche Unterhaltungen,
die der Würde ihres Standpunktes angemes-
sen sind, wohin denn große ceremonienreiche
Familien- und Kollegen Schmäuse und andre
steife Erholungen gehören. Finden sie Vergnü-
gen an den Wissenschaften, so sind Gelehrte
die einzigen aus der Bürgerwelt, mit denen
sie Umgang halten; und ihre Frauen sind dann
wohl so gnädig, die Ehehälften derselben zu-
weilen zu einem Kaffeebesuch einzuladen, ent-
weder unter vier Augen, oder in einer dazu
erlesenen, paßlichen Gesellschaft; aber mit an-
dern sogenannten adelichen Damen äußerst
selten.

Das Wesen dieser adelichen Damen erster
Ordnung entspricht dem Wesen ihrer Männer
ganz. Man glaubt, wenn man sich unter den

aus der Taſche hervorragender Tabackspfeife,
geht noch auf Pickenicke, und tanzt und lie-
belt mit den Kaufmanns- und Gelehrten-
Frauen und Toͤchtern; aber die erſtre Gattung
geht aus ihrer Klaſſe und ihrer Gravitaͤt ſchwer
heraus, und ſucht nur ſolche Unterhaltungen,
die der Wuͤrde ihres Standpunktes angemeſ-
ſen ſind, wohin denn große ceremonienreiche
Familien- und Kollegen Schmaͤuſe und andre
ſteife Erholungen gehoͤren. Finden ſie Vergnuͤ-
gen an den Wiſſenſchaften, ſo ſind Gelehrte
die einzigen aus der Buͤrgerwelt, mit denen
ſie Umgang halten; und ihre Frauen ſind dann
wohl ſo gnaͤdig, die Ehehaͤlften derſelben zu-
weilen zu einem Kaffeebeſuch einzuladen, ent-
weder unter vier Augen, oder in einer dazu
erleſenen, paßlichen Geſellſchaft; aber mit an-
dern ſogenannten adelichen Damen aͤußerſt
ſelten.

Das Weſen dieſer adelichen Damen erſter
Ordnung entſpricht dem Weſen ihrer Maͤnner
ganz. Man glaubt, wenn man ſich unter den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0176" n="168"/>
aus der Ta&#x017F;che hervorragender Tabackspfeife,<lb/>
geht noch auf Pickenicke, und tanzt und lie-<lb/>
belt mit den Kaufmanns- und Gelehrten-<lb/>
Frauen und To&#x0364;chtern; aber die er&#x017F;tre Gattung<lb/>
geht aus ihrer Kla&#x017F;&#x017F;e und ihrer Gravita&#x0364;t &#x017F;chwer<lb/>
heraus, und &#x017F;ucht nur &#x017F;olche Unterhaltungen,<lb/>
die der Wu&#x0364;rde ihres Standpunktes angeme&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ind, wohin denn große ceremonienreiche<lb/>
Familien- und Kollegen Schma&#x0364;u&#x017F;e und andre<lb/>
&#x017F;teife Erholungen geho&#x0364;ren. Finden &#x017F;ie Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen an den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, &#x017F;o &#x017F;ind Gelehrte<lb/>
die einzigen aus der Bu&#x0364;rgerwelt, mit denen<lb/>
&#x017F;ie Umgang halten; und ihre Frauen &#x017F;ind dann<lb/>
wohl &#x017F;o gna&#x0364;dig, die Eheha&#x0364;lften der&#x017F;elben zu-<lb/>
weilen zu einem Kaffeebe&#x017F;uch einzuladen, ent-<lb/>
weder unter vier Augen, oder in einer dazu<lb/>
erle&#x017F;enen, paßlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft; aber mit an-<lb/>
dern &#x017F;ogenannten adelichen Damen a&#x0364;ußer&#x017F;t<lb/>
&#x017F;elten.</p><lb/>
              <p>Das We&#x017F;en die&#x017F;er adelichen Damen er&#x017F;ter<lb/>
Ordnung ent&#x017F;pricht dem We&#x017F;en ihrer Ma&#x0364;nner<lb/>
ganz. Man glaubt, wenn man &#x017F;ich unter den<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0176] aus der Taſche hervorragender Tabackspfeife, geht noch auf Pickenicke, und tanzt und lie- belt mit den Kaufmanns- und Gelehrten- Frauen und Toͤchtern; aber die erſtre Gattung geht aus ihrer Klaſſe und ihrer Gravitaͤt ſchwer heraus, und ſucht nur ſolche Unterhaltungen, die der Wuͤrde ihres Standpunktes angemeſ- ſen ſind, wohin denn große ceremonienreiche Familien- und Kollegen Schmaͤuſe und andre ſteife Erholungen gehoͤren. Finden ſie Vergnuͤ- gen an den Wiſſenſchaften, ſo ſind Gelehrte die einzigen aus der Buͤrgerwelt, mit denen ſie Umgang halten; und ihre Frauen ſind dann wohl ſo gnaͤdig, die Ehehaͤlften derſelben zu- weilen zu einem Kaffeebeſuch einzuladen, ent- weder unter vier Augen, oder in einer dazu erleſenen, paßlichen Geſellſchaft; aber mit an- dern ſogenannten adelichen Damen aͤußerſt ſelten. Das Weſen dieſer adelichen Damen erſter Ordnung entſpricht dem Weſen ihrer Maͤnner ganz. Man glaubt, wenn man ſich unter den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/176
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/176>, abgerufen am 04.12.2024.