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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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hiesigen Kaufleute, selbst die größesten, machen
mehr Kommissions- und Speditions- als
Spekulationsgeschäfte; und lassen sie sich auf
letztre ein, so sind sie von der Art, daß ihr
sicherer Gang schon seit Jahren bewährt, oder
die Unentbehrlichkeit ihrer Artikel Bürge ist,
daß im schlimmsten Falle kein großer Verlust
entstehen kann. Die übrigen Wiener Kaufleute
sind Krämer, die nicht leicht verlieren, sondern
nur zu besorgen haben, daß sie nicht genug
gewinnen möchten, um nach einem gemachten
Zuschnitte davon zu leben. Die Handwerker
und alle unentbehrlichen Arbeiter aus den nie-
drigen Klassen können sich bey einem Publikum
nicht schlecht stehen, das solchergestalt erwirbt,
und heiter und ohne Filzigkeit verzehrt, und
es dabey für eine Schande hält, einem Hand-
werker schuldig zu bleiben, oder ihn gar zu
betrügen. Die Priester und Priesterinnen der
Pracht und des Luxus können keinen Mangel
an leichtsinnigen und freygebigen Kunden ha-
ben; die Unternehmer der Anstalten, die das

hieſigen Kaufleute, ſelbſt die groͤßeſten, machen
mehr Kommiſſions- und Speditions- als
Spekulationsgeſchaͤfte; und laſſen ſie ſich auf
letztre ein, ſo ſind ſie von der Art, daß ihr
ſicherer Gang ſchon ſeit Jahren bewaͤhrt, oder
die Unentbehrlichkeit ihrer Artikel Buͤrge iſt,
daß im ſchlimmſten Falle kein großer Verluſt
entſtehen kann. Die uͤbrigen Wiener Kaufleute
ſind Kraͤmer, die nicht leicht verlieren, ſondern
nur zu beſorgen haben, daß ſie nicht genug
gewinnen moͤchten, um nach einem gemachten
Zuſchnitte davon zu leben. Die Handwerker
und alle unentbehrlichen Arbeiter aus den nie-
drigen Klaſſen koͤnnen ſich bey einem Publikum
nicht ſchlecht ſtehen, das ſolchergeſtalt erwirbt,
und heiter und ohne Filzigkeit verzehrt, und
es dabey fuͤr eine Schande haͤlt, einem Hand-
werker ſchuldig zu bleiben, oder ihn gar zu
betruͤgen. Die Prieſter und Prieſterinnen der
Pracht und des Luxus koͤnnen keinen Mangel
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ben; die Unternehmer der Anſtalten, die das

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[186/0458] hieſigen Kaufleute, ſelbſt die groͤßeſten, machen mehr Kommiſſions- und Speditions- als Spekulationsgeſchaͤfte; und laſſen ſie ſich auf letztre ein, ſo ſind ſie von der Art, daß ihr ſicherer Gang ſchon ſeit Jahren bewaͤhrt, oder die Unentbehrlichkeit ihrer Artikel Buͤrge iſt, daß im ſchlimmſten Falle kein großer Verluſt entſtehen kann. Die uͤbrigen Wiener Kaufleute ſind Kraͤmer, die nicht leicht verlieren, ſondern nur zu beſorgen haben, daß ſie nicht genug gewinnen moͤchten, um nach einem gemachten Zuſchnitte davon zu leben. Die Handwerker und alle unentbehrlichen Arbeiter aus den nie- drigen Klaſſen koͤnnen ſich bey einem Publikum nicht ſchlecht ſtehen, das ſolchergeſtalt erwirbt, und heiter und ohne Filzigkeit verzehrt, und es dabey fuͤr eine Schande haͤlt, einem Hand- werker ſchuldig zu bleiben, oder ihn gar zu betruͤgen. Die Prieſter und Prieſterinnen der Pracht und des Luxus koͤnnen keinen Mangel an leichtſinnigen und freygebigen Kunden ha- ben; die Unternehmer der Anſtalten, die das

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/458>, abgerufen am 22.11.2024.