mern war. Die besten Schauspieler sind entweder abgegangen, oder in Ruhe gesetzt, oder haben sich unbegreiflich verschlimmert. Die übrigen bekannten Schauspieler, die zum Theil seit zwanzig und mehr Jahren in einer einzigen Manier spielen, haben zwar alle eine gewisse Rolle oder Rollenart, die man von Zeit zu Zeit noch gern von ihnen sieht, im Ganzen aber sind sie dem Publikum zu alt geworden. Unter den jün- gern Schauspielern sind einige, die anfangs versprachen, aber, statt zuzunehmen, zurück- arbeiteten, weil sie ihre Besoldung für die Hauptsache und Publikum und Kunst für Ne- bensachen hielten. -- Auch fehlt es an gute Schauspielerinnen. Schon seit dem Tode der K. Jacquet ist keine erste Heldin und Lieb- haberin im Trauerspiel mehr vorhanden. Die Weidner und Sacco, vorher gute Schau- spielerinnen, wurden vergangenes Jahr in Ruhe gesetzt; die erstre, weil sie sehr alt, die andere, weil sie sehr mittelmäßig geworden
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mern war. Die beſten Schauſpieler ſind entweder abgegangen, oder in Ruhe geſetzt, oder haben ſich unbegreiflich verſchlimmert. Die uͤbrigen bekannten Schauſpieler, die zum Theil ſeit zwanzig und mehr Jahren in einer einzigen Manier ſpielen, haben zwar alle eine gewiſſe Rolle oder Rollenart, die man von Zeit zu Zeit noch gern von ihnen ſieht, im Ganzen aber ſind ſie dem Publikum zu alt geworden. Unter den juͤn- gern Schauſpielern ſind einige, die anfangs verſprachen, aber, ſtatt zuzunehmen, zuruͤck- arbeiteten, weil ſie ihre Beſoldung fuͤr die Hauptſache und Publikum und Kunſt fuͤr Ne- benſachen hielten. — Auch fehlt es an gute Schauſpielerinnen. Schon ſeit dem Tode der K. Jacquet iſt keine erſte Heldin und Lieb- haberin im Trauerſpiel mehr vorhanden. Die Weidner und Sacco, vorher gute Schau- ſpielerinnen, wurden vergangenes Jahr in Ruhe geſetzt; die erſtre, weil ſie ſehr alt, die andere, weil ſie ſehr mittelmaͤßig geworden
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mern war. Die beſten Schauſpieler ſind
entweder abgegangen, oder in Ruhe geſetzt,
oder haben ſich unbegreiflich verſchlimmert.
Die uͤbrigen bekannten Schauſpieler, die
zum Theil ſeit zwanzig und mehr Jahren
in einer einzigen Manier ſpielen, haben
zwar alle eine gewiſſe Rolle oder Rollenart,
die man von Zeit zu Zeit noch gern von
ihnen ſieht, im Ganzen aber ſind ſie dem
Publikum zu alt geworden. Unter den juͤn-
gern Schauſpielern ſind einige, die anfangs
verſprachen, aber, ſtatt zuzunehmen, zuruͤck-
arbeiteten, weil ſie ihre Beſoldung fuͤr die
Hauptſache und Publikum und Kunſt fuͤr Ne-
benſachen hielten. — Auch fehlt es an gute
Schauſpielerinnen. Schon ſeit dem Tode der
K. Jacquet iſt keine erſte Heldin und Lieb-
haberin im Trauerſpiel mehr vorhanden. Die
Weidner und Sacco, vorher gute Schau-
ſpielerinnen, wurden vergangenes Jahr in
Ruhe geſetzt; die erſtre, weil ſie ſehr alt, die
andere, weil ſie ſehr mittelmaͤßig geworden
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/467>, abgerufen am 22.11.2024.
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