Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

alten Gebäudes, das ein Schloß gewesen zu
seyn scheint, jetzt aber zu einer Kirche ein-
gerichtet ist, worin die Bergleute, ehe sie ein-
fahren, ihre Andacht verrichten.

Von Joachimsthal aus wird die Schlucht
immer enger, aber auch immer steinigter und
beschwerlicher. Auf beyden Seiten stehen Tan-
nen so senkrecht hinan, daß die eine aus der
andern hervorgewachsen scheint, während in
der Mitte, über Felsenstücke hinweg, ein ar-
mes Wässerchen fällt, das seifenartig, häßlich
aussieht und auf seinem Laufe von mehreren
Mühlen und Hüttenwerken genutzt und so-
dann wieder entlassen wird. Endlich kommt
man aus der Schlucht heraus und eine lichte-
re Aussicht biethet sich dar; man kömmt, wo
nicht in eine Fläche, doch in eine ebenere Ge-
gend, wo die Berge niedriger sind und min-
der dicht bey einander stehen. Hier war das
Getreide ellenlang höher, als in den Bergen,
durch die ich gestern kam; die Blüthen der
Aepfel und Kisrchbäume, die dort erst aus der

alten Gebaͤudes, das ein Schloß geweſen zu
ſeyn ſcheint, jetzt aber zu einer Kirche ein-
gerichtet iſt, worin die Bergleute, ehe ſie ein-
fahren, ihre Andacht verrichten.

Von Joachimsthal aus wird die Schlucht
immer enger, aber auch immer ſteinigter und
beſchwerlicher. Auf beyden Seiten ſtehen Tan-
nen ſo ſenkrecht hinan, daß die eine aus der
andern hervorgewachſen ſcheint, waͤhrend in
der Mitte, uͤber Felſenſtuͤcke hinweg, ein ar-
mes Waͤſſerchen faͤllt, das ſeifenartig, haͤßlich
ausſieht und auf ſeinem Laufe von mehreren
Muͤhlen und Huͤttenwerken genutzt und ſo-
dann wieder entlaſſen wird. Endlich kommt
man aus der Schlucht heraus und eine lichte-
re Ausſicht biethet ſich dar; man koͤmmt, wo
nicht in eine Flaͤche, doch in eine ebenere Ge-
gend, wo die Berge niedriger ſind und min-
der dicht bey einander ſtehen. Hier war das
Getreide ellenlang hoͤher, als in den Bergen,
durch die ich geſtern kam; die Bluͤthen der
Aepfel und Kiſrchbaͤume, die dort erſt aus der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0060" n="52"/>
alten Geba&#x0364;udes, das ein Schloß gewe&#x017F;en zu<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;cheint, jetzt aber zu einer Kirche ein-<lb/>
gerichtet i&#x017F;t, worin die Bergleute, ehe &#x017F;ie ein-<lb/>
fahren, ihre Andacht verrichten.</p><lb/>
              <p>Von Joachimsthal aus wird die Schlucht<lb/>
immer enger, aber auch immer &#x017F;teinigter und<lb/>
be&#x017F;chwerlicher. Auf beyden Seiten &#x017F;tehen Tan-<lb/>
nen &#x017F;o &#x017F;enkrecht hinan, daß die eine aus der<lb/>
andern hervorgewach&#x017F;en &#x017F;cheint, wa&#x0364;hrend in<lb/>
der Mitte, u&#x0364;ber Fel&#x017F;en&#x017F;tu&#x0364;cke hinweg, ein ar-<lb/>
mes Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erchen fa&#x0364;llt, das &#x017F;eifenartig, ha&#x0364;ßlich<lb/>
aus&#x017F;ieht und auf &#x017F;einem Laufe von mehreren<lb/>
Mu&#x0364;hlen und Hu&#x0364;ttenwerken genutzt und &#x017F;o-<lb/>
dann wieder entla&#x017F;&#x017F;en wird. Endlich kommt<lb/>
man aus der Schlucht heraus und eine lichte-<lb/>
re Aus&#x017F;icht biethet &#x017F;ich dar; man ko&#x0364;mmt, wo<lb/>
nicht in eine Fla&#x0364;che, doch in eine ebenere Ge-<lb/>
gend, wo die Berge niedriger &#x017F;ind und min-<lb/>
der dicht bey einander &#x017F;tehen. Hier war das<lb/>
Getreide ellenlang ho&#x0364;her, als in den Bergen,<lb/>
durch die ich ge&#x017F;tern kam; die Blu&#x0364;then der<lb/>
Aepfel und Ki&#x017F;rchba&#x0364;ume, die dort er&#x017F;t aus der<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0060] alten Gebaͤudes, das ein Schloß geweſen zu ſeyn ſcheint, jetzt aber zu einer Kirche ein- gerichtet iſt, worin die Bergleute, ehe ſie ein- fahren, ihre Andacht verrichten. Von Joachimsthal aus wird die Schlucht immer enger, aber auch immer ſteinigter und beſchwerlicher. Auf beyden Seiten ſtehen Tan- nen ſo ſenkrecht hinan, daß die eine aus der andern hervorgewachſen ſcheint, waͤhrend in der Mitte, uͤber Felſenſtuͤcke hinweg, ein ar- mes Waͤſſerchen faͤllt, das ſeifenartig, haͤßlich ausſieht und auf ſeinem Laufe von mehreren Muͤhlen und Huͤttenwerken genutzt und ſo- dann wieder entlaſſen wird. Endlich kommt man aus der Schlucht heraus und eine lichte- re Ausſicht biethet ſich dar; man koͤmmt, wo nicht in eine Flaͤche, doch in eine ebenere Ge- gend, wo die Berge niedriger ſind und min- der dicht bey einander ſtehen. Hier war das Getreide ellenlang hoͤher, als in den Bergen, durch die ich geſtern kam; die Bluͤthen der Aepfel und Kiſrchbaͤume, die dort erſt aus der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/60
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/60>, abgerufen am 21.11.2024.