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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Der Lobwürdige


- - - - - - Pictoribus atque Poetis
Quilibet audendi semper fuit aequa potestas.

WAnn ich ein Poet wäre/ so wolte ich den Herrn
Bräutigam/ als meinen hochgeehrten Herrn/ und alten/
offt probirten/ treuen Freund an etwas sonderlichs er-
innern. Jch sag abermals/ wann ich ein Poet wäre/ wolt
ich eine kurtzweilige Frage an ihn thun. Allein ich bin kein Poet!
Wann ich gleich wol mich in H. Schrifft umsehe/ finde ich/ daß es
nichts neues und ungewöhnliches sey/ daß man auff Hochzeiten lu-
stige Fragen anstelle. Da Simson der tapfere Held (der einen jungen
brüllenden Löwen zurisse/ wie man ein Böcklein zureist/ (sich zu Thim-
nath in der Philister Land/ verheyrahtet hatte/ und seinen Hochzeitli-
chen Ehren-Tag hielt/ thät er an die dreyssig junge Gesellen/ welche
zu ihm zur Hochzeit kommen waren/ eine Frage/ und begehrte zu wis-
sen/ was das sey/ Speise ging von dem Fresser/ und Süssig-
keit von dem Starcken?
Versprach ihnen auch/ daß/ wann sie
innerhalb 7. Tagen diese Frage recht beantworten würden/ wolle er
ihnen dreyssig Hembder/ und dreyssig Feyerkleider geben. So vergön-
net mir nun/ daß ich auff dieser Hochzeit auch einmal schertze/ und eine
Frage auß der Bibel thue an die Jungfrau Braut/ von welcher mir
bekant ist/ daß sie eine sonderbare Liebhaberin des Worts Gottes sey.
Sagt mir/ Edle und Gottselige Jungfrau/ sagt mir/ warumb wird
der Evangelist Marcus in der Bibel gemahlet/ mit einem Löwen?
Euer Liebster heist auch Marcus. Wann er sich nun wolte erzeigen
wie ein Löw/ so hättet ihr euch für ihm fürzusehen/ und zu hüten. Dann
Syrach c. 4. hält gantz und gar nichts von den Ehemännern/ die in
ihrem Hause thun/ wie ein Löwe. Eure Antwort auff meine Frage/
wil ich zu andrer Zeit/ und an einem andern Ort erwarten: Jnzwi-
schen bitte ich euch/ ihr wollet euch für eurem Liebsten/ nicht fürchten
und entsetzen. Zwar es ist nicht ohn/ Er ist wie ein Löw/ ich habe ihn
lange gekant. Aber gläubt mir sicherlich/ er wird euch kein Leid thun.
Wann ich seinen auff Universttäten/ und an andern vornehmen Or-
ten geführten Wandel betrachte/ erinnere ich mich/ was Salomon
sagt Prov. 28. Der gerechte ist getrost wie ein junger Löw. Wer ist
aber gerecht? der jenige/ der seine Ungerechtigkeit mit Petro bitterlich
beweinet und bereuet/ und die Gerechtigkeit Christi ihm in wahren
Glauben zueignet. Der Löwe ist das alleredelste Thier unter allen
vierfüssigen Thieren: Eben also sind bußfertige Sünder die alleredle-
ste unter allen Leuten. Edel sind sie und angenehm vor Gottes Ange-
sicht/ und die H. Engel haben ihre Lust und Wollgefallen an ihn. Ein
Löw ist ein großmütig und hertzhafftiges Thier: Eben also ist ein recht-

schas-
Der Lobwuͤrdige


‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Pictoribus atque Poetis
Quilibet audendi ſemper fuit æqua poteſtas.

WAnn ich ein Poet waͤre/ ſo wolte ich den Herrn
Braͤutigam/ als meinen hochgeehrten Herꝛn/ und alten/
offt probirten/ treuen Freund an etwas ſonderlichs er-
innern. Jch ſag abermals/ wann ich ein Poet waͤre/ wolt
ich eine kurtzweilige Frage an ihn thun. Allein ich bin kein Poet!
Wann ich gleich wol mich in H. Schrifft umſehe/ finde ich/ daß es
nichts neues und ungewoͤhnliches ſey/ daß man auff Hochzeiten lu-
ſtige Fragen anſtelle. Da Simſon der tapfere Held (der einen jungen
bruͤllenden Loͤwen zuriſſe/ wie man ein Boͤcklein zureiſt/ (ſich zu Thim-
nath in der Philiſter Land/ verheyrahtet hatte/ und ſeinen Hochzeitli-
chen Ehren-Tag hielt/ thaͤt er an die dreyſſig junge Geſellen/ welche
zu ihm zur Hochzeit kommen waren/ eine Frage/ und begehrte zu wiſ-
ſen/ was das ſey/ Speiſe ging von dem Freſſer/ und Suͤſſig-
keit von dem Starcken?
Verſprach ihnen auch/ daß/ wann ſie
innerhalb 7. Tagen dieſe Frage recht beantworten wuͤrden/ wolle er
ihnen dreyſſig Hembder/ und dreyſſig Feyerkleider geben. So vergoͤn-
net mir nun/ daß ich auff dieſer Hochzeit auch einmal ſchertze/ und eine
Frage auß der Bibel thue an die Jungfrau Braut/ von welcher mir
bekant iſt/ daß ſie eine ſonderbare Liebhaberin des Worts Gottes ſey.
Sagt mir/ Edle und Gottſelige Jungfrau/ ſagt mir/ warumb wird
der Evangeliſt Marcus in der Bibel gemahlet/ mit einem Loͤwen?
Euer Liebſter heiſt auch Marcus. Wann er ſich nun wolte erzeigen
wie ein Loͤw/ ſo haͤttet ihr euch fuͤr ihm fuͤrzuſehen/ und zu huͤten. Dañ
Syrach c. 4. haͤlt gantz und gar nichts von den Ehemaͤnnern/ die in
ihrem Hauſe thun/ wie ein Loͤwe. Eure Antwort auff meine Frage/
wil ich zu andrer Zeit/ und an einem andern Ort erwarten: Jnzwi-
ſchen bitte ich euch/ ihr wollet euch fuͤr eurem Liebſten/ nicht fuͤrchten
und entſetzen. Zwar es iſt nicht ohn/ Er iſt wie ein Loͤw/ ich habe ihn
lange gekant. Aber glaͤubt mir ſicherlich/ er wird euch kein Leid thun.
Wann ich ſeinen auff Univerſttaͤten/ und an andern vornehmen Or-
ten gefuͤhrten Wandel betrachte/ erinnere ich mich/ was Salomon
ſagt Prov. 28. Der gerechte iſt getroſt wie ein junger Loͤw. Wer iſt
aber gerecht? der jenige/ der ſeine Ungerechtigkeit mit Petro bitterlich
beweinet und bereuet/ und die Gerechtigkeit Chriſti ihm in wahren
Glauben zueignet. Der Loͤwe iſt das alleredelſte Thier unter allen
vierfuͤſſigen Thieren: Eben alſo ſind bußfertige Suͤnder die alleredle-
ſte unter allen Leuten. Edel ſind ſie und angenehm vor Gottes Ange-
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Loͤw iſt ein großmuͤtig uñ hertzhafftiges Thier: Eben alſo iſt ein recht-

ſchaſ-
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[972/1014] Der Lobwuͤrdige ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Pictoribus atque Poetis Quilibet audendi ſemper fuit æqua poteſtas. WAnn ich ein Poet waͤre/ ſo wolte ich den Herrn Braͤutigam/ als meinen hochgeehrten Herꝛn/ und alten/ offt probirten/ treuen Freund an etwas ſonderlichs er- innern. Jch ſag abermals/ wann ich ein Poet waͤre/ wolt ich eine kurtzweilige Frage an ihn thun. Allein ich bin kein Poet! Wann ich gleich wol mich in H. Schrifft umſehe/ finde ich/ daß es nichts neues und ungewoͤhnliches ſey/ daß man auff Hochzeiten lu- ſtige Fragen anſtelle. Da Simſon der tapfere Held (der einen jungen bruͤllenden Loͤwen zuriſſe/ wie man ein Boͤcklein zureiſt/ (ſich zu Thim- nath in der Philiſter Land/ verheyrahtet hatte/ und ſeinen Hochzeitli- chen Ehren-Tag hielt/ thaͤt er an die dreyſſig junge Geſellen/ welche zu ihm zur Hochzeit kommen waren/ eine Frage/ und begehrte zu wiſ- ſen/ was das ſey/ Speiſe ging von dem Freſſer/ und Suͤſſig- keit von dem Starcken? Verſprach ihnen auch/ daß/ wann ſie innerhalb 7. Tagen dieſe Frage recht beantworten wuͤrden/ wolle er ihnen dreyſſig Hembder/ und dreyſſig Feyerkleider geben. So vergoͤn- net mir nun/ daß ich auff dieſer Hochzeit auch einmal ſchertze/ und eine Frage auß der Bibel thue an die Jungfrau Braut/ von welcher mir bekant iſt/ daß ſie eine ſonderbare Liebhaberin des Worts Gottes ſey. Sagt mir/ Edle und Gottſelige Jungfrau/ ſagt mir/ warumb wird der Evangeliſt Marcus in der Bibel gemahlet/ mit einem Loͤwen? Euer Liebſter heiſt auch Marcus. Wann er ſich nun wolte erzeigen wie ein Loͤw/ ſo haͤttet ihr euch fuͤr ihm fuͤrzuſehen/ und zu huͤten. Dañ Syrach c. 4. haͤlt gantz und gar nichts von den Ehemaͤnnern/ die in ihrem Hauſe thun/ wie ein Loͤwe. Eure Antwort auff meine Frage/ wil ich zu andrer Zeit/ und an einem andern Ort erwarten: Jnzwi- ſchen bitte ich euch/ ihr wollet euch fuͤr eurem Liebſten/ nicht fuͤrchten und entſetzen. Zwar es iſt nicht ohn/ Er iſt wie ein Loͤw/ ich habe ihn lange gekant. Aber glaͤubt mir ſicherlich/ er wird euch kein Leid thun. Wann ich ſeinen auff Univerſttaͤten/ und an andern vornehmen Or- ten gefuͤhrten Wandel betrachte/ erinnere ich mich/ was Salomon ſagt Prov. 28. Der gerechte iſt getroſt wie ein junger Loͤw. Wer iſt aber gerecht? der jenige/ der ſeine Ungerechtigkeit mit Petro bitterlich beweinet und bereuet/ und die Gerechtigkeit Chriſti ihm in wahren Glauben zueignet. Der Loͤwe iſt das alleredelſte Thier unter allen vierfuͤſſigen Thieren: Eben alſo ſind bußfertige Suͤnder die alleredle- ſte unter allen Leuten. Edel ſind ſie und angenehm vor Gottes Ange- ſicht/ und die H. Engel haben ihre Luſt und Wollgefallen an ihn. Ein Loͤw iſt ein großmuͤtig uñ hertzhafftiges Thier: Eben alſo iſt ein recht- ſchaſ-

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 972. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1014>, abgerufen am 22.11.2024.