Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

Bild:
<< vorherige Seite
Unschuld
1. Als/ Antenors Pralerey; indeme er seinen Sohn seinem
Groß-Vatter D. Helvico in Chronologicu gleich aestimiret/ und
NB. Helvicum einen alten Theologum nennet/ der doch in seinem
36 Jahre gestorben.
2. Pralerey/ daß er den Salomo inter obambulandum nach der
Mahlzeit in die Feder dictiret.
3. Daß er nicht wol Haußhalte.
4. Daß er kaum 2 oder 3. Rthlr. im Hause habe/ u a. m.
5. Pralerey/ Daß er junge Fürsten ohne Grammatic die Latei-
nische Sprache wolte lehren
6. Pralerey/ daß er das Buch: Freund in der Noth/ in wenig
Stunden zu Papier bracht/ da er doch 2. Tage an 7. Bogen zu
schreiben genung gehabt.
7. Pralerey/ daß er schriebe/ er sey der Mann/ der den Leuten die
Thränen auß den Augen Predige/ u. a. m.

Auff das erste zu antworten/ so ist unstreitig/ daß Antenors Sohn
in Chronologicis so gute Wissenschafft wiewol auß des Seeligen
Herrn Groß-Vatters Chronologia hat/ als selbiger iemahls mag
gehabt haben/ und weiß ich mich zu erinnern/ daß zu meiner Zeit/
und Anton Meno Schupp noch ein Knabe war/ er des Seel. Herrn
Groß-Vatters Chronologiam ad unguem herzusagen wuste/ und
ist eine schlechte folge/ daß das einer nicht lernen solte/ und zwar in
kurtzer Zeit/ (zumahl wann Naturalia verhanden) was ein ander
mit langer Zeit verfertiget/ immittelst bleibet die Ehre der Wissen-
schafft/ der Mühe und Arbeit dem Seel. D. Helvico, welcher hier-
durch gantz nicht geschimpffet/ besondern vielmehr/ und wann er
noch bey Leben/ vor Freuden weinen würde/ daß einer von seinen
Lenden kommen/ der in so jungen Jahren solche Löbliche Nachfolge
thete/ und daß sein Geist/ nicht allein in seinen Schrifften/ beson-
dern auch in seinem Ebenbilde lebendig ruhete. Hieher gehöret/ was
Antenorn in seinem Salomo auß dem Syrach an 30. Cap sagt/
wann einer sein Kind zeucht/ das verdreust seine Feind/ und er-
freuet seinen Freund/ dann wann sein Vatter stirbt/ so ist/ als
were er nicht gestorben/ denn er hat seines gleichen hinter sich ge-
lassen.

Zum 2. daß er den Salomo inter obambulandum in die Feder
dictiret, ist leicht zu gläuben/ dann so ist seine Art zu meditiren,
Bücher schreiben/ und seine Schreiben an Hohe und Niedrige ab-
zufassen.

Drittens und vierdtens/ kan ich nicht sehen/ daß das übel
Haus gehalten/ wenn einer Holtz auff dem Lande bedinget/ und sei-
[n]en Befreundten üm Bittfuhre anspricht/ und die helffte zu der

Zeit/
Unſchuld
1. Als/ Antenors Pralerey; indeme er ſeinen Sohn ſeinem
Groß-Vatter D. Helvico in Chronologicu gleich æſtimiret/ und
NB. Helvicum einen alten Theologum nennet/ der doch in ſeinem
36 Jahre geſtorben.
2. Pralerey/ daß er den Salomo inter obambulandum nach der
Mahlzeit in die Feder dictiret.
3. Daß er nicht wol Haußhalte.
4. Daß er kaum 2 oder 3. Rthlr. im Hauſe habe/ u a. m.
5. Pralerey/ Daß er junge Fuͤrſten ohne Grammatic die Latei-
niſche Sprache wolte lehren
6. Pralerey/ daß er das Buch: Freund in der Noth/ in wenig
Stunden zu Papier bracht/ da er doch 2. Tage an 7. Bogen zu
ſchreiben genung gehabt.
7. Pralerey/ daß er ſchriebe/ er ſey der Mann/ der den Leuten die
Thraͤnen auß den Augen Predige/ u. a. m.

Auff das erſte zu antworten/ ſo iſt unſtreitig/ daß Antenors Sohn
in Chronologicis ſo gute Wiſſenſchafft wiewol auß des Seeligen
Herꝛn Groß-Vatters Chronologia hat/ als ſelbiger iemahls mag
gehabt haben/ und weiß ich mich zu erinnern/ daß zu meiner Zeit/
und Anton Meno Schupp noch ein Knabe war/ er des Seel. Herꝛn
Groß-Vatters Chronologiam ad unguem herzuſagen wuſte/ und
iſt eine ſchlechte folge/ daß das einer nicht lernen ſolte/ und zwar in
kurtzer Zeit/ (zumahl wann Naturalia verhanden) was ein ander
mit langer Zeit verfertiget/ immittelſt bleibet die Ehre der Wiſſen-
ſchafft/ der Muͤhe und Arbeit dem Seel. D. Helvico, welcher hier-
durch gantz nicht geſchimpffet/ beſondern vielmehr/ und wann er
noch bey Leben/ vor Freuden weinen wuͤrde/ daß einer von ſeinen
Lenden kommen/ der in ſo jungen Jahren ſolche Loͤbliche Nachfolge
thete/ und daß ſein Geiſt/ nicht allein in ſeinen Schrifften/ beſon-
dern auch in ſeinem Ebenbilde lebendig ruhete. Hieher gehoͤret/ was
Antenorn in ſeinem Salomo auß dem Syrach an 30. Cap ſagt/
wann einer ſein Kind zeucht/ das verdreuſt ſeine Feind/ und er-
freuet ſeinen Freund/ dann wann ſein Vatter ſtirbt/ ſo iſt/ als
were er nicht geſtorben/ denn er hat ſeines gleichen hinter ſich ge-
laſſen.

Zum 2. daß er den Salomo inter obambulandum in die Feder
dictiret, iſt leicht zu glaͤuben/ dann ſo iſt ſeine Art zu meditiren,
Buͤcher ſchreiben/ und ſeine Schreiben an Hohe und Niedrige ab-
zufaſſen.

Drittens und vierdtens/ kan ich nicht ſehen/ daß das uͤbel
Haus gehalten/ wenn einer Holtz auff dem Lande bedinget/ und ſei-
[n]en Befreundten uͤm Bittfuhre anſpricht/ und die helffte zu der

Zeit/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <div n="2">
                <pb facs="#f1066" n="32"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Un&#x017F;chuld</hi> </fw><lb/>
                <list>
                  <item>1. Als/ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Antenors</hi></hi> Pralerey; indeme er &#x017F;einen Sohn &#x017F;einem<lb/>
Groß-Vatter <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D. Helvico in Chronologicu</hi></hi> gleich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">æ&#x017F;timi</hi></hi>ret/ und<lb/><hi rendition="#aq">N<hi rendition="#i">B. Helvicum</hi></hi> einen alten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologum</hi></hi> nennet/ der doch in &#x017F;einem<lb/>
36 Jahre ge&#x017F;torben.</item><lb/>
                  <item>2. Pralerey/ daß er den Salomo <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">inter obambulandum</hi></hi> nach der<lb/>
Mahlzeit in die Feder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">dictiret.</hi></hi></item><lb/>
                  <item>3. Daß er nicht wol Haußhalte.</item><lb/>
                  <item>4. Daß er kaum 2 oder 3. Rthlr. im Hau&#x017F;e habe/ u a. m.</item><lb/>
                  <item>5. Pralerey/ Daß er junge Fu&#x0364;r&#x017F;ten ohne <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Grammatic</hi></hi> die Latei-<lb/>
ni&#x017F;che Sprache wolte lehren</item><lb/>
                  <item>6. Pralerey/ daß er das Buch: Freund in der Noth/ in wenig<lb/>
Stunden zu Papier bracht/ da er doch 2. Tage an 7. Bogen zu<lb/>
&#x017F;chreiben genung gehabt.</item><lb/>
                  <item>7. Pralerey/ daß er &#x017F;chriebe/ er &#x017F;ey der Mann/ der den Leuten die<lb/>
Thra&#x0364;nen auß den Augen Predige/ u. a. m.</item>
                </list><lb/>
                <p>Auff das er&#x017F;te zu antworten/ &#x017F;o i&#x017F;t un&#x017F;treitig/ daß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Antenors</hi></hi> Sohn<lb/>
in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chronologicis</hi></hi> &#x017F;o gute Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft wiewol auß des Seeligen<lb/>
Her&#xA75B;n Groß-Vatters <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chronologia</hi></hi> hat/ als &#x017F;elbiger iemahls mag<lb/>
gehabt haben/ und weiß ich mich zu erinnern/ daß zu meiner Zeit/<lb/>
und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Anton</hi> M<hi rendition="#i">eno</hi></hi> Schupp noch ein Knabe war/ er des Seel. Her&#xA75B;n<lb/>
Groß-Vatters <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chronologiam ad unguem</hi></hi> herzu&#x017F;agen wu&#x017F;te/ und<lb/>
i&#x017F;t eine &#x017F;chlechte folge/ daß das einer nicht lernen &#x017F;olte/ und zwar in<lb/>
kurtzer Zeit/ (zumahl wann <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Naturalia</hi></hi> verhanden) was ein ander<lb/>
mit langer Zeit verfertiget/ immittel&#x017F;t bleibet die Ehre der Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafft/ der Mu&#x0364;he und Arbeit dem Seel. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D. Helvico,</hi></hi> welcher hier-<lb/>
durch gantz nicht ge&#x017F;chimpffet/ be&#x017F;ondern vielmehr/ und wann er<lb/>
noch bey Leben/ vor Freuden weinen wu&#x0364;rde/ daß einer von &#x017F;einen<lb/>
Lenden kommen/ der in &#x017F;o jungen Jahren &#x017F;olche Lo&#x0364;bliche Nachfolge<lb/>
thete/ und daß &#x017F;ein Gei&#x017F;t/ nicht allein in &#x017F;einen Schrifften/ be&#x017F;on-<lb/>
dern auch in &#x017F;einem Ebenbilde lebendig ruhete. Hieher geho&#x0364;ret/ was<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Antenorn</hi></hi> in &#x017F;einem Salomo auß dem Syrach an 30. Cap &#x017F;agt/<lb/>
wann einer &#x017F;ein Kind zeucht/ das verdreu&#x017F;t &#x017F;eine Feind/ und er-<lb/>
freuet &#x017F;einen Freund/ dann wann &#x017F;ein Vatter &#x017F;tirbt/ &#x017F;o i&#x017F;t/ als<lb/>
were er nicht ge&#x017F;torben/ denn er hat &#x017F;eines gleichen hinter &#x017F;ich ge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
                <p>Zum 2. daß er den Salomo <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">inter obambulandum</hi></hi> in die Feder<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">dictiret,</hi></hi> i&#x017F;t leicht zu gla&#x0364;uben/ dann &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;eine Art zu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">meditiren,</hi></hi><lb/>
Bu&#x0364;cher &#x017F;chreiben/ und &#x017F;eine Schreiben an Hohe und Niedrige ab-<lb/>
zufa&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
                <p>Drittens und vierdtens/ kan ich nicht &#x017F;ehen/ daß das u&#x0364;bel<lb/>
Haus gehalten/ wenn einer Holtz auff dem Lande bedinget/ und &#x017F;ei-<lb/><supplied>n</supplied>en Befreundten u&#x0364;m Bittfuhre an&#x017F;pricht/ und die helffte zu der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zeit/</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/1066] Unſchuld 1. Als/ Antenors Pralerey; indeme er ſeinen Sohn ſeinem Groß-Vatter D. Helvico in Chronologicu gleich æſtimiret/ und NB. Helvicum einen alten Theologum nennet/ der doch in ſeinem 36 Jahre geſtorben. 2. Pralerey/ daß er den Salomo inter obambulandum nach der Mahlzeit in die Feder dictiret. 3. Daß er nicht wol Haußhalte. 4. Daß er kaum 2 oder 3. Rthlr. im Hauſe habe/ u a. m. 5. Pralerey/ Daß er junge Fuͤrſten ohne Grammatic die Latei- niſche Sprache wolte lehren 6. Pralerey/ daß er das Buch: Freund in der Noth/ in wenig Stunden zu Papier bracht/ da er doch 2. Tage an 7. Bogen zu ſchreiben genung gehabt. 7. Pralerey/ daß er ſchriebe/ er ſey der Mann/ der den Leuten die Thraͤnen auß den Augen Predige/ u. a. m. Auff das erſte zu antworten/ ſo iſt unſtreitig/ daß Antenors Sohn in Chronologicis ſo gute Wiſſenſchafft wiewol auß des Seeligen Herꝛn Groß-Vatters Chronologia hat/ als ſelbiger iemahls mag gehabt haben/ und weiß ich mich zu erinnern/ daß zu meiner Zeit/ und Anton Meno Schupp noch ein Knabe war/ er des Seel. Herꝛn Groß-Vatters Chronologiam ad unguem herzuſagen wuſte/ und iſt eine ſchlechte folge/ daß das einer nicht lernen ſolte/ und zwar in kurtzer Zeit/ (zumahl wann Naturalia verhanden) was ein ander mit langer Zeit verfertiget/ immittelſt bleibet die Ehre der Wiſſen- ſchafft/ der Muͤhe und Arbeit dem Seel. D. Helvico, welcher hier- durch gantz nicht geſchimpffet/ beſondern vielmehr/ und wann er noch bey Leben/ vor Freuden weinen wuͤrde/ daß einer von ſeinen Lenden kommen/ der in ſo jungen Jahren ſolche Loͤbliche Nachfolge thete/ und daß ſein Geiſt/ nicht allein in ſeinen Schrifften/ beſon- dern auch in ſeinem Ebenbilde lebendig ruhete. Hieher gehoͤret/ was Antenorn in ſeinem Salomo auß dem Syrach an 30. Cap ſagt/ wann einer ſein Kind zeucht/ das verdreuſt ſeine Feind/ und er- freuet ſeinen Freund/ dann wann ſein Vatter ſtirbt/ ſo iſt/ als were er nicht geſtorben/ denn er hat ſeines gleichen hinter ſich ge- laſſen. Zum 2. daß er den Salomo inter obambulandum in die Feder dictiret, iſt leicht zu glaͤuben/ dann ſo iſt ſeine Art zu meditiren, Buͤcher ſchreiben/ und ſeine Schreiben an Hohe und Niedrige ab- zufaſſen. Drittens und vierdtens/ kan ich nicht ſehen/ daß das uͤbel Haus gehalten/ wenn einer Holtz auff dem Lande bedinget/ und ſei- nen Befreundten uͤm Bittfuhre anſpricht/ und die helffte zu der Zeit/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1066
Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1066>, abgerufen am 22.11.2024.