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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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zwischen Mann und Weib.
Mein Deutsch-Gesintes Lie-
bes Volck.

MAnn ich den Natürlich eigentlichen und innerlich pollir-
ten Tugendt-Spiegel deß Lieb-reichen und hold-geneig-
ten Frauen Zimmers vor die Augen deß Verstandes stel-
le/ und dessen Schönheits-Farben was eigendtlich be-
schaue/ muß ich mich über den Vollkommenheits Glantz und selb-
ständigen Annehmligkeit der schönen Gestalt empfindlich verwun-
dern/ dann was kan wol vor eine Adelichere Tugend an denen sterb-
lichen Mensch-Geschöpffen zu begehren und mehr zierlicher seyn/
als die Keuschheit/ welche sie denen Englischen Einwohnern deß
Himmels vergleichet/ Es ist das Gold das reineste und vollkom-
meste Metall der Erden/ dennoch hat es seine Unreinigkeit und
Schlacken/ welche durch das Feuer müssen außgesaubert werden/
die Keuschheit aber in der kleinen Himmels-Welt/ läst keine Unsau-
berheit zu/ sondern ist vielmehr einem helgeschlieffenen Diamant zu
vergleichen/ welcher das Gold zieret/ und seine Feurig-gläntzende
Flammen hervor stralen läst. Es wird die Keuschheit jener Spar-
tanischen Jungfrauen vor das schöneste Gedächtnüß Werck deß
Alterthumbs unablässig gepriesen werden/ so lange der Sonnen-
Licht am Himmel gläntzet/ dann wie sie von ihren Eltern zu den
Messeniern ihre Opffer zu verrichten abgeschickt worden/ seynd die
Messenier von solcher Unleuschheits Begierde gegen sie entbrant
worden/ daß sie alle Rechte und Gesetze deß grossen Gottes Jupi-
ters,
der Freyheit der Wirtschafft auß den Gedancken geschlagen/
und mit Gewalt diese Funfftzig Spartanische Jungfrauen zur
Unzucht zwungen/ welche sich aber dergestalt freudig wiedersetzt/ daß
sie lieber ihr Leben der Keuschheits-Göttin Diana auffopffern und
mit reinen unbefleckten Geistern ihre Seelen in die Elyseische Fel-
der abschicken/ als ihre Jungfräuliche Reinigkeit der gestalt be-
schandflecken lassen wollen/ derer unschuldig und unbeflecktes Blut
die Lacedaemoner durch deß Himmels Beystand mit unversö hn-
licher Rache verfolget und gerochen. Wie Nicanor die Stadt
Thebas erobert und schleiffen lassen wollen/ ist er in Liebe einer ge-
fangenen Jungfrau hefftig enttzückt worden/ daß Er sie auch zu sei-
ner Ehegemahl begehrt/ sie hat sich aber zu keiner Gegenliebe wollen
zwingen lassen/ sondern sich auff ein Schwert gelehnet/ und mit sel-
bigen ihre Keuschheit in die ewige Finsternüß deß Todtes unbe-
rührt begraben/ damit zu bezeugen/ daß die Schahm und
Keuschheit viel höher zu schätzen/ als ein Königreich/ ja als
das Welt-Leben selbst. Es haben nicht allein die Griechen und
Römer/ sondern die wilden Barbaren die Jungfrauschafft und

Keuschheit
J iiij
zwiſchen Mann und Weib.
Mein Deutſch-Geſintes Lie-
bes Volck.

MAnn ich den Natuͤrlich eigentlichen und innerlich pollir-
ten Tugendt-Spiegel deß Lieb-reichen und hold-geneig-
ten Frauen Zimmers vor die Augen deß Verſtandes ſtel-
le/ und deſſen Schoͤnheits-Farben was eigendtlich be-
ſchaue/ muß ich mich uͤber den Vollkommenheits Glantz und ſelb-
ſtaͤndigen Annehmligkeit der ſchoͤnen Geſtalt empfindlich verwun-
dern/ dann was kan wol vor eine Adelichere Tugend an denen ſterb-
lichen Menſch-Geſchoͤpffen zu begehren und mehr zierlicher ſeyn/
als die Keuſchheit/ welche ſie denen Engliſchen Einwohnern deß
Himmels vergleichet/ Es iſt das Gold das reineſte und vollkom-
meſte Metall der Erden/ dennoch hat es ſeine Unreinigkeit und
Schlacken/ welche durch das Feuer muͤſſen außgeſaubert werden/
die Keuſchheit aber in der kleinen Himmels-Welt/ laͤſt keine Unſau-
berheit zu/ ſondern iſt vielmehr einem helgeſchlieffenen Diamant zu
vergleichen/ welcher das Gold zieret/ und ſeine Feurig-glaͤntzende
Flammen hervor ſtralen laͤſt. Es wird die Keuſchheit jener Spar-
taniſchen Jungfrauen vor das ſchoͤneſte Gedaͤchtnuͤß Werck deß
Alterthumbs unablaͤſſig geprieſen werden/ ſo lange der Sonnen-
Licht am Himmel glaͤntzet/ dann wie ſie von ihren Eltern zu den
Meſſeniern ihre Opffer zu verrichten abgeſchickt worden/ ſeynd die
Meſſenier von ſolcher Unleuſchheits Begierde gegen ſie entbrant
worden/ daß ſie alle Rechte und Geſetze deß groſſen Gottes Jupi-
ters,
der Freyheit der Wirtſchafft auß den Gedancken geſchlagen/
und mit Gewalt dieſe Funfftzig Spartaniſche Jungfrauen zur
Unzucht zwungen/ welche ſich aber dergeſtalt freudig wiederſetzt/ daß
ſie lieber ihr Leben der Keuſchheits-Goͤttin Diana auffopffern und
mit reinen unbefleckten Geiſtern ihre Seelen in die Elyſeiſche Fel-
der abſchicken/ als ihre Jungfraͤuliche Reinigkeit der geſtalt be-
ſchandflecken laſſen wollen/ derer unſchuldig und unbeflecktes Blut
die Lacedæmoner durch deß Himmels Beyſtand mit unverſoͤ hn-
licher Rache verfolget und gerochen. Wie Nicanor die Stadt
Thebas erobert und ſchleiffen laſſen wollen/ iſt er in Liebe einer ge-
fangenen Jungfrau hefftig enttzuͤckt worden/ daß Er ſie auch zu ſei-
ner Ehegemahl begehrt/ ſie hat ſich aber zu keiner Gegenliebe wollen
zwingen laſſen/ ſondern ſich auff ein Schwert gelehnet/ und mit ſel-
bigen ihre Keuſchheit in die ewige Finſternuͤß deß Todtes unbe-
ruͤhrt begraben/ damit zu bezeugen/ daß die Schahm und
Keuſchheit viel hoͤher zu ſchaͤtzen/ als ein Koͤnigreich/ ja als
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Roͤmer/ ſondern die wilden Barbaren die Jungfrauſchafft und

Keuſchheit
J iiij
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[135/1169] zwiſchen Mann und Weib. Mein Deutſch-Geſintes Lie- bes Volck. MAnn ich den Natuͤrlich eigentlichen und innerlich pollir- ten Tugendt-Spiegel deß Lieb-reichen und hold-geneig- ten Frauen Zimmers vor die Augen deß Verſtandes ſtel- le/ und deſſen Schoͤnheits-Farben was eigendtlich be- ſchaue/ muß ich mich uͤber den Vollkommenheits Glantz und ſelb- ſtaͤndigen Annehmligkeit der ſchoͤnen Geſtalt empfindlich verwun- dern/ dann was kan wol vor eine Adelichere Tugend an denen ſterb- lichen Menſch-Geſchoͤpffen zu begehren und mehr zierlicher ſeyn/ als die Keuſchheit/ welche ſie denen Engliſchen Einwohnern deß Himmels vergleichet/ Es iſt das Gold das reineſte und vollkom- meſte Metall der Erden/ dennoch hat es ſeine Unreinigkeit und Schlacken/ welche durch das Feuer muͤſſen außgeſaubert werden/ die Keuſchheit aber in der kleinen Himmels-Welt/ laͤſt keine Unſau- berheit zu/ ſondern iſt vielmehr einem helgeſchlieffenen Diamant zu vergleichen/ welcher das Gold zieret/ und ſeine Feurig-glaͤntzende Flammen hervor ſtralen laͤſt. Es wird die Keuſchheit jener Spar- taniſchen Jungfrauen vor das ſchoͤneſte Gedaͤchtnuͤß Werck deß Alterthumbs unablaͤſſig geprieſen werden/ ſo lange der Sonnen- Licht am Himmel glaͤntzet/ dann wie ſie von ihren Eltern zu den Meſſeniern ihre Opffer zu verrichten abgeſchickt worden/ ſeynd die Meſſenier von ſolcher Unleuſchheits Begierde gegen ſie entbrant worden/ daß ſie alle Rechte und Geſetze deß groſſen Gottes Jupi- ters, der Freyheit der Wirtſchafft auß den Gedancken geſchlagen/ und mit Gewalt dieſe Funfftzig Spartaniſche Jungfrauen zur Unzucht zwungen/ welche ſich aber dergeſtalt freudig wiederſetzt/ daß ſie lieber ihr Leben der Keuſchheits-Goͤttin Diana auffopffern und mit reinen unbefleckten Geiſtern ihre Seelen in die Elyſeiſche Fel- der abſchicken/ als ihre Jungfraͤuliche Reinigkeit der geſtalt be- ſchandflecken laſſen wollen/ derer unſchuldig und unbeflecktes Blut die Lacedæmoner durch deß Himmels Beyſtand mit unverſoͤ hn- licher Rache verfolget und gerochen. Wie Nicanor die Stadt Thebas erobert und ſchleiffen laſſen wollen/ iſt er in Liebe einer ge- fangenen Jungfrau hefftig enttzuͤckt worden/ daß Er ſie auch zu ſei- ner Ehegemahl begehrt/ ſie hat ſich aber zu keiner Gegenliebe wollen zwingen laſſen/ ſondern ſich auff ein Schwert gelehnet/ und mit ſel- bigen ihre Keuſchheit in die ewige Finſternuͤß deß Todtes unbe- ruͤhrt begraben/ damit zu bezeugen/ daß die Schahm und Keuſchheit viel hoͤher zu ſchaͤtzen/ als ein Koͤnigreich/ ja als das Welt-Leben ſelbſt. Es haben nicht allein die Griechen und Roͤmer/ ſondern die wilden Barbaren die Jungfrauſchafft und Keuſchheit J iiij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1169>, abgerufen am 22.11.2024.