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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Regenten-Spiegel.
genennet werden. Der Käyser höret dieses Gezänck an/ und fragte ein
wenig nach/ wie es an dem Ort hergehe? Da wurd ihm unter andern
geantwortet: Es sey einsmals ein Nuncius Apostolicus in dieses
Stifft geschickt worden/ daß er im Namen deß Pabsts solle eine Re-
formation anfangen/ da seyn die Canonici sonderlich im Geschrey ge-
wesen/ wegen der Concubinen. Als habe der Nuncius ihnen eine Straffe
aufferleget/ daß ein jeglicher unter ihnen 200. Ducaten geben solle.
Es sey aber ein alter Canonicus geweson/ der habe hoch und theuer ge-
schworen/ er hab sein Lebetag kein Weibesbild berühret. Und er sey deß-
wegen ein Canonicus worden/ weil er in bello Veneris und ihres Sohns
Cupidinis Köcher und Pfeil nicht brauchen könne. Der Nuncius Apo-
stolicus
aber habe geantwortet: Solve quod debes. Si non habuisti, cura
ut habeas.
Der Käyser schüttelte den Kopff/ und redete etwas inge-
heim mit den Canonicis, welches ich nicht vernehmen konte. Allein ich
sahe/ daß die Papistische Canonici sehr schamroth wurden. Deß an-
dern Tages reiseten wir weiter/ und kamen an einen Ort/ da ein Luthe-
risch Thum Capitel war/ da kamen dem Käyser die Canonici entgegen/
in ihren besten Kleidungen/ und empfiengen ihn. Der Käyser sagte zu
mir/ wer sind die Kerle? Jch machte eine tieffe Reverentz und sagte:
Allergnädigster Käyser und Herr/ es sind Canonici auß dem Stifft/
das E. Käys. M. hiebevor gestifftet haben. Der Käyser sagte: War-
umb ziehen sie dann so auff in Kleidungen/ als wann es Courtisane
auß Franckreich weren? Jch antwortete: Allergnädigster Käyser und
Herr/ es ist nicht mehr ein Papistisches Stift/ sondern es ist reformirt.
Reformirt?
sagte der Käyser: Was machen sie dann allhier? Beten sie
auch fleissig? Jch antwortete: Allergnädigster Käyser und Herr/ das
weiß ich nicht. Die Frag ist mir viel zu hoch. Der Käyser fragte recht
nach/ was sie thun? und wurde über alle massen zornig/ und sagte: Jhr
Kerle/ was macht ihr hier? Jch sehe/ daß in meinen Stifftern/ welche
Papistisch sind/ die Canonici noch etwas thun/ und gehen alle Tag in
die Kirch/ und singen einen Psalm/ und beten ein Vater unser. Aber
was thut ihr? Jch seh wol/ Kleider auß/ Kleider an/ Essen/ Trincken/
Schlaffen gahn. Das ist die Arbeit/ welche die Lutherische Thum-
herren han. Jch bin im Regen und Schnee herumb geritten/ ich hab
mein Leib und Leben gewagt/ und was ich mit meinem Schwerdt
erworben hab/ davon ich Kirchen und Schulen erbauet/ und hab
Leut darein gesetzt/ und ihnen reichen Unterhalt verschafft/ zu dem
End/ daß sie und ihre Nachkommen die Leut im Catechismo/ und in
dem Fundament deß Christenthumbs recht unterweisen sollen/ und
ihr Blackscheisser wolt mit Müssiggehen verfressen/ was mir im
Regen und Schnee/ unter Spieß und Schwerdtern/ bey Tag und
Nacht zn erwerben/ so blutsauer worden ist? Warumb werdet ihr

Schola-

Regenten-Spiegel.
genennet werden. Der Kaͤyſer hoͤret dieſes Gezaͤnck an/ und fragte ein
wenig nach/ wie es an dem Ort hergehe? Da wurd ihm unter andern
geantwortet: Es ſey einsmals ein Nuncius Apoſtolicus in dieſes
Stifft geſchickt worden/ daß er im Namen deß Pabſts ſolle eine Re-
formation anfangen/ da ſeyn die Canonici ſonderlich im Geſchrey ge-
weſen/ wegẽ der Concubinen. Als habe der Nuncius ihnen eine Straffe
aufferleget/ daß ein jeglicher unter ihnen 200. Ducaten geben ſolle.
Es ſey aber ein alter Canonicus geweſon/ der habe hoch und theuer ge-
ſchworẽ/ er hab ſein Lebetag kein Weibesbild beruͤhret. Und er ſey deß-
wegen ein Canonicus worden/ weil er in bello Veneris und ihres Sohns
Cupidinis Koͤcher und Pfeil nicht brauchen koͤnne. Der Nuncius Apo-
ſtolicus
aber habe geantwortet: Solve quod debes. Si non habuiſti, cura
ut habeas.
Der Kaͤyſer ſchuͤttelte den Kopff/ und redete etwas inge-
heim mit den Canonicis, welches ich nicht vernehmen konte. Allein ich
ſahe/ daß die Papiſtiſche Canonici ſehr ſchamroth wurden. Deß an-
dern Tages reiſeten wir weiter/ und kamen an einen Ort/ da ein Luthe-
riſch Thum Capitel war/ da kamen dem Kaͤyſer die Canonici entgegen/
in ihren beſten Kleidungen/ und empfiengen ihn. Der Kaͤyſer ſagte zu
mir/ wer ſind die Kerle? Jch machte eine tieffe Reverentz und ſagte:
Allergnaͤdigſter Kaͤyſer und Herꝛ/ es ſind Canonici auß dem Stifft/
das E. Kaͤyſ. M. hiebevor geſtifftet haben. Der Kaͤyſer ſagte: War-
umb ziehen ſie dann ſo auff in Kleidungen/ als wann es Courtiſane
auß Franckreich weren? Jch antwortete: Allergnaͤdigſter Kaͤyſer und
Herꝛ/ es iſt nicht mehr ein Papiſtiſches Stift/ ſondern es iſt reformirt.
Reformirt?
ſagte der Kaͤyſer: Was machen ſie dann allhier? Beten ſie
auch fleiſſig? Jch antwortete: Allergnaͤdigſter Kaͤyſer und Herꝛ/ das
weiß ich nicht. Die Frag iſt mir viel zu hoch. Der Kaͤyſer fragte recht
nach/ was ſie thun? und wurde uͤber alle maſſen zornig/ und ſagte: Jhr
Kerle/ was macht ihr hier? Jch ſehe/ daß in meinen Stifftern/ welche
Papiſtiſch ſind/ die Canonici noch etwas thun/ und gehen alle Tag in
die Kirch/ und ſingen einen Pſalm/ und beten ein Vater unſer. Aber
was thut ihr? Jch ſeh wol/ Kleider auß/ Kleider an/ Eſſen/ Trincken/
Schlaffen gahn. Das iſt die Arbeit/ welche die Lutheriſche Thum-
herꝛen han. Jch bin im Regen und Schnee herumb geritten/ ich hab
mein Leib und Leben gewagt/ und was ich mit meinem Schwerdt
erworben hab/ davon ich Kirchen und Schulen erbauet/ und hab
Leut darein geſetzt/ und ihnen reichen Unterhalt verſchafft/ zu dem
End/ daß ſie und ihre Nachkommen die Leut im Catechiſmo/ und in
dem Fundament deß Chriſtenthumbs recht unterweiſen ſollen/ und
ihr Blackſcheiſſer wolt mit Muͤſſiggehen verfreſſen/ was mir im
Regen und Schnee/ unter Spieß und Schwerdtern/ bey Tag und
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Schola-
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[75/0117] Regenten-Spiegel. genennet werden. Der Kaͤyſer hoͤret dieſes Gezaͤnck an/ und fragte ein wenig nach/ wie es an dem Ort hergehe? Da wurd ihm unter andern geantwortet: Es ſey einsmals ein Nuncius Apoſtolicus in dieſes Stifft geſchickt worden/ daß er im Namen deß Pabſts ſolle eine Re- formation anfangen/ da ſeyn die Canonici ſonderlich im Geſchrey ge- weſen/ wegẽ der Concubinen. Als habe der Nuncius ihnen eine Straffe aufferleget/ daß ein jeglicher unter ihnen 200. Ducaten geben ſolle. Es ſey aber ein alter Canonicus geweſon/ der habe hoch und theuer ge- ſchworẽ/ er hab ſein Lebetag kein Weibesbild beruͤhret. Und er ſey deß- wegen ein Canonicus worden/ weil er in bello Veneris und ihres Sohns Cupidinis Koͤcher und Pfeil nicht brauchen koͤnne. Der Nuncius Apo- ſtolicus aber habe geantwortet: Solve quod debes. Si non habuiſti, cura ut habeas. Der Kaͤyſer ſchuͤttelte den Kopff/ und redete etwas inge- heim mit den Canonicis, welches ich nicht vernehmen konte. Allein ich ſahe/ daß die Papiſtiſche Canonici ſehr ſchamroth wurden. Deß an- dern Tages reiſeten wir weiter/ und kamen an einen Ort/ da ein Luthe- riſch Thum Capitel war/ da kamen dem Kaͤyſer die Canonici entgegen/ in ihren beſten Kleidungen/ und empfiengen ihn. Der Kaͤyſer ſagte zu mir/ wer ſind die Kerle? Jch machte eine tieffe Reverentz und ſagte: Allergnaͤdigſter Kaͤyſer und Herꝛ/ es ſind Canonici auß dem Stifft/ das E. Kaͤyſ. M. hiebevor geſtifftet haben. Der Kaͤyſer ſagte: War- umb ziehen ſie dann ſo auff in Kleidungen/ als wann es Courtiſane auß Franckreich weren? Jch antwortete: Allergnaͤdigſter Kaͤyſer und Herꝛ/ es iſt nicht mehr ein Papiſtiſches Stift/ ſondern es iſt reformirt. Reformirt? ſagte der Kaͤyſer: Was machen ſie dann allhier? Beten ſie auch fleiſſig? Jch antwortete: Allergnaͤdigſter Kaͤyſer und Herꝛ/ das weiß ich nicht. Die Frag iſt mir viel zu hoch. Der Kaͤyſer fragte recht nach/ was ſie thun? und wurde uͤber alle maſſen zornig/ und ſagte: Jhr Kerle/ was macht ihr hier? Jch ſehe/ daß in meinen Stifftern/ welche Papiſtiſch ſind/ die Canonici noch etwas thun/ und gehen alle Tag in die Kirch/ und ſingen einen Pſalm/ und beten ein Vater unſer. Aber was thut ihr? Jch ſeh wol/ Kleider auß/ Kleider an/ Eſſen/ Trincken/ Schlaffen gahn. Das iſt die Arbeit/ welche die Lutheriſche Thum- herꝛen han. Jch bin im Regen und Schnee herumb geritten/ ich hab mein Leib und Leben gewagt/ und was ich mit meinem Schwerdt erworben hab/ davon ich Kirchen und Schulen erbauet/ und hab Leut darein geſetzt/ und ihnen reichen Unterhalt verſchafft/ zu dem End/ daß ſie und ihre Nachkommen die Leut im Catechiſmo/ und in dem Fundament deß Chriſtenthumbs recht unterweiſen ſollen/ und ihr Blackſcheiſſer wolt mit Muͤſſiggehen verfreſſen/ was mir im Regen und Schnee/ unter Spieß und Schwerdtern/ bey Tag und Nacht zn erwerben/ ſo blutſauer worden iſt? Warumb werdet ihr Schola-

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/117>, abgerufen am 22.11.2024.