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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Regenten-Spiegel.
Darnach zog ich in Krieg/ und wurde ein Officierer. Endlich verhey-
ratet ich mich mit einer alten Witwen/ mit welcher ich ein ehrlich stück
Geld bekam/ und dieses Landgut. Da legt ich mich auff die artes Oeco-
nomicas,
und befand/ daß was die alten Römer de re rustica geschrieben/
sich nicht allenthalben in Teutschland practiciren lasse. Jch kauffte un-
terdessen 20. paar Ochsen/ und ließ sie nit alle zugleich in Pflug span-
nen/ sondern ließ ein paar oder vier anspannen/ und ein paar Stunde
pflügen. Hernach ließ ich widerumb andere anspannen. Dardurch ka-
men die Ochsen nicht vom Leibe/ sondern nahmen durch diese Bewe-
gung desto besser zu. Wann es nun gegen Martini kam/ verkauffte oder
schlachtete ich etzliche Ochsen/ und zog andere darneben auff/ und hatte
unterdessen mein Land außgestellet/ das ist meine Zauberey. Hier war
ein Morastiger Ort/ der zu nichts war gebraucht worden/ als daß et-
wa ein paar Esel da geweidet hatten/ den hab ich außstechen/ und zu
Fischteichen machen/ und mit viel tausend Karpen besetzen lassen/ daß
ich nit allein für mein Hauß/ sondern für meine gantze Nachbarschafft
Fisch genug habe/ das ist meine Zauberey. Jch wolte gern einen schö-
nen Garten anlegen/ und befand/ daß der Buchsbaum den Ländern
die Feuchtigkeit benehme/ als ließ ich mir einen Ziegelofen machen/
und bekam einen Kerl der mir Kronen/ welche man auf die Kachelöfen
in den Stuben pflegt zu setzen/ brennete und glasürete/ und ließ damit
die Länder besetzen. Das stunde sehr artig/ hielte die Länder zusammen/
und benahm ihnen nichts an ihrer Fettigkeit. Als ich nun diesen Zie-
gelofen einsmals hatte/ ließ ich Ziegeln brennen/ und provisionirte da-
mit die gantze Nachbarschafft/ das ist meine Zauberey. Was das Bier
anbelangt/ das bekenne ich/ daß ich es alles selbst gebrauet hab. Man
sagt zwar/ daß man an einem Orte nicht könne Bier brauen wie am
andern. Allein versichert euch/ es ist immer ein Mangel bey denen die
da brauen. Jch bin selbst hingeritten/ und hab genau Achtung drauff
geben/ wie man es mache. Und ob schon mein Wesen jenem nicht aller-
dings gleich ist/ so kömbt es ihm doch nahe. Jn allen Clöstern gibt es
gut Bier/ darin die alte Nonnen das Wasser herzu tragen/ und die jun-
gen das Maltz. Wo aber Simson das Wasser herzu trägt/ und Laza-
rus das Maltz/ da gibt es ein elend Getränck. Von meinem Wein wil
ich nicht viel rühmens machen. Jch habe nit mehr als ein Faß Wein.
Und wann das bald auß ist/ laß ich ein anders holen/ und wann ein
vornehmer Mann zu mir kombt/ so laß ich jemands mir ein frisches
Venedisch Glaß geben/ da hab ich dann allerhand Spiritus, und gieß ein
paar Tropffen hinein/ so hab ich allerley Wein/ und das ist meine Zau-
berey. Jch erinnere mich itzo an den Engl. Baron Bacon, der sagt an ei-
nem Ort: Novi ex proceribus Angliae quendam, cui maximi reditus pro-
veniebat e re rustica. Supra subditos caeteros dives erat armentis, ovibus,
tam caeduis quam grandioribus; frumento, plumbi & ferri sodinis; &

cum
H 4

Regenten-Spiegel.
Darnach zog ich in Krieg/ und wurde ein Officierer. Endlich verhey-
ratet ich mich mit einer alten Witwen/ mit welcher ich ein ehrlich ſtuͤck
Geld bekam/ und dieſes Landgut. Da legt ich mich auff die artes Oeco-
nomicas,
und befand/ daß was die alten Roͤmer de re ruſtica geſchriebẽ/
ſich nicht allenthalben in Teutſchland practiciren laſſe. Jch kauffte un-
terdeſſen 20. paar Ochſen/ und ließ ſie nit alle zugleich in Pflug ſpan-
nen/ ſondern ließ ein paar oder vier anſpannen/ und ein paar Stunde
pfluͤgen. Hernach ließ ich widerumb andere anſpannen. Dardurch ka-
men die Ochſen nicht vom Leibe/ ſondern nahmen durch dieſe Bewe-
gung deſto beſſer zu. Wañ es nun gegen Martini kam/ verkauffte oder
ſchlachtete ich etzliche Ochſen/ und zog andere darneben auff/ und hatte
unterdeſſen mein Land außgeſtellet/ das iſt meine Zauberey. Hier war
ein Moraſtiger Ort/ der zu nichts war gebraucht worden/ als daß et-
wa ein paar Eſel da geweidet hatten/ den hab ich außſtechen/ und zu
Fiſchteichen machen/ und mit viel tauſend Karpen beſetzen laſſen/ daß
ich nit allein fuͤr mein Hauß/ ſondern fuͤr meine gantze Nachbarſchafft
Fiſch genug habe/ das iſt meine Zauberey. Jch wolte gern einen ſchoͤ-
nen Garten anlegen/ und befand/ daß der Buchsbaum den Laͤndern
die Feuchtigkeit benehme/ als ließ ich mir einen Ziegelofen machen/
und bekam einen Kerl der mir Kronen/ welche man auf die Kacheloͤfen
in den Stuben pflegt zu ſetzen/ brennete und glaſuͤrete/ und ließ damit
die Laͤnder beſetzen. Das ſtunde ſehr artig/ hielte die Laͤnder zuſammen/
und benahm ihnen nichts an ihrer Fettigkeit. Als ich nun dieſen Zie-
gelofen einsmals hatte/ ließ ich Ziegeln brennen/ und proviſionirte da-
mit die gantze Nachbarſchafft/ das iſt meine Zauberey. Was das Bier
anbelangt/ das bekenne ich/ daß ich es alles ſelbſt gebrauet hab. Man
ſagt zwar/ daß man an einem Orte nicht koͤnne Bier brauen wie am
andern. Allein verſichert euch/ es iſt immer ein Mangel bey denen die
da brauen. Jch bin ſelbſt hingeritten/ und hab genau Achtung drauff
geben/ wie man es mache. Und ob ſchon mein Weſen jenem nicht aller-
dings gleich iſt/ ſo koͤmbt es ihm doch nahe. Jn allen Cloͤſtern gibt es
gut Bier/ darin die alte Nonnen das Waſſer herzu tragen/ uñ die jun-
gen das Maltz. Wo aber Simſon das Waſſer herzu traͤgt/ und Laza-
rus das Maltz/ da gibt es ein elend Getraͤnck. Von meinem Wein wil
ich nicht viel ruͤhmens machen. Jch habe nit mehr als ein Faß Wein.
Und wann das bald auß iſt/ laß ich ein anders holen/ und wann ein
vornehmer Mann zu mir kombt/ ſo laß ich jemands mir ein friſches
Venediſch Glaß geben/ da hab ich dañ allerhand Spiritus, und gieß ein
paar Tropffen hinein/ ſo hab ich allerley Wein/ und das iſt meine Zau-
berey. Jch erinnere mich itzo an den Engl. Baron Bacon, der ſagt an ei-
nem Ort: Novi ex proceribus Angliæ quendam, cui maximi reditus pro-
veniebàt è re ruſtica. Supra ſubditos cæteros dives erat armentis, ovibus,
tam cæduis quam grandioribus; frumento, plumbi & ferri ſodinis; &

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H 4
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[119/0161] Regenten-Spiegel. Darnach zog ich in Krieg/ und wurde ein Officierer. Endlich verhey- ratet ich mich mit einer alten Witwen/ mit welcher ich ein ehrlich ſtuͤck Geld bekam/ und dieſes Landgut. Da legt ich mich auff die artes Oeco- nomicas, und befand/ daß was die alten Roͤmer de re ruſtica geſchriebẽ/ ſich nicht allenthalben in Teutſchland practiciren laſſe. Jch kauffte un- terdeſſen 20. paar Ochſen/ und ließ ſie nit alle zugleich in Pflug ſpan- nen/ ſondern ließ ein paar oder vier anſpannen/ und ein paar Stunde pfluͤgen. Hernach ließ ich widerumb andere anſpannen. Dardurch ka- men die Ochſen nicht vom Leibe/ ſondern nahmen durch dieſe Bewe- gung deſto beſſer zu. Wañ es nun gegen Martini kam/ verkauffte oder ſchlachtete ich etzliche Ochſen/ und zog andere darneben auff/ und hatte unterdeſſen mein Land außgeſtellet/ das iſt meine Zauberey. Hier war ein Moraſtiger Ort/ der zu nichts war gebraucht worden/ als daß et- wa ein paar Eſel da geweidet hatten/ den hab ich außſtechen/ und zu Fiſchteichen machen/ und mit viel tauſend Karpen beſetzen laſſen/ daß ich nit allein fuͤr mein Hauß/ ſondern fuͤr meine gantze Nachbarſchafft Fiſch genug habe/ das iſt meine Zauberey. Jch wolte gern einen ſchoͤ- nen Garten anlegen/ und befand/ daß der Buchsbaum den Laͤndern die Feuchtigkeit benehme/ als ließ ich mir einen Ziegelofen machen/ und bekam einen Kerl der mir Kronen/ welche man auf die Kacheloͤfen in den Stuben pflegt zu ſetzen/ brennete und glaſuͤrete/ und ließ damit die Laͤnder beſetzen. Das ſtunde ſehr artig/ hielte die Laͤnder zuſammen/ und benahm ihnen nichts an ihrer Fettigkeit. Als ich nun dieſen Zie- gelofen einsmals hatte/ ließ ich Ziegeln brennen/ und proviſionirte da- mit die gantze Nachbarſchafft/ das iſt meine Zauberey. Was das Bier anbelangt/ das bekenne ich/ daß ich es alles ſelbſt gebrauet hab. Man ſagt zwar/ daß man an einem Orte nicht koͤnne Bier brauen wie am andern. Allein verſichert euch/ es iſt immer ein Mangel bey denen die da brauen. Jch bin ſelbſt hingeritten/ und hab genau Achtung drauff geben/ wie man es mache. Und ob ſchon mein Weſen jenem nicht aller- dings gleich iſt/ ſo koͤmbt es ihm doch nahe. Jn allen Cloͤſtern gibt es gut Bier/ darin die alte Nonnen das Waſſer herzu tragen/ uñ die jun- gen das Maltz. Wo aber Simſon das Waſſer herzu traͤgt/ und Laza- rus das Maltz/ da gibt es ein elend Getraͤnck. Von meinem Wein wil ich nicht viel ruͤhmens machen. Jch habe nit mehr als ein Faß Wein. Und wann das bald auß iſt/ laß ich ein anders holen/ und wann ein vornehmer Mann zu mir kombt/ ſo laß ich jemands mir ein friſches Venediſch Glaß geben/ da hab ich dañ allerhand Spiritus, und gieß ein paar Tropffen hinein/ ſo hab ich allerley Wein/ und das iſt meine Zau- berey. Jch erinnere mich itzo an den Engl. Baron Bacon, der ſagt an ei- nem Ort: Novi ex proceribus Angliæ quendam, cui maximi reditus pro- veniebàt è re ruſtica. Supra ſubditos cæteros dives erat armentis, ovibus, tam cæduis quam grandioribus; frumento, plumbi & ferri ſodinis; & cum H 4

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/161>, abgerufen am 21.11.2024.