Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Der gedultige und ließ ihm ihre Weise nicht gefallen. Hiob wohnete im Land Utzmitten unter abgöttischen bösen Leuten/ allein er blieb gleichwol fromm/ und ließ sich nicht verführen. Und das ist ein sonderbares grosses Lob/ wann ein frommer Christ unter bösen Leuten wohnt/ und sich nicht verführen läst/ sondern fromm bleibt. Das rühmet Gott an dem Bischoff zu Pergamon/ daß er wohne an dem Ort/ da deß Satans Schule sey/ und dennoch halte an dem Namen Gottes/ und den Glauben nicht verläugnet hab. Mancher sagt/ an grosser Herren Höfen/ im Krieg/ in grossen Städten/ kan man das nicht ändern/ sondern man muß sich in die Leut schicken. Allein wird nicht die wahre Kirche/ und ein rechtschaffenes Glied derselben/ in heil. Schrifft hin und wider eben deßwegen gerühmt/ daß sie sey wie eine Lilie unter den Dornen/ wie ein Schaaf unter den Wölffen/ wie ei- ne Taube unter den Adlern/ wie eine köstliche Perle unter dem Sand/ wie ein edles Kleinod auff dem Misten? Mancher denckt/ wann ich nur vom Hof/ von dem und dem gottlosen Ort weg were/ so wolte ich ein ander Leben führen: Hier ist es unmöglich. Allein was hindert der Ort an der Frömmigkeit? Lucifer hat gesündiget im Himmel/ an dem allerheiligsten Ort. Dagegen ist Loth fromm blieben unter den gottlosen Sodomiten/ und sündigte grövlich/ als er in das kleine Städlein Zoar kam/ und niemand umb sich hatte als seine beyde Töchter. An dem Käyser Nerva wird das sonderlich gelobt/ daß er in bösen Zeiten sich wol verhalten hab. Der Poet sagt von ihm: Temporibusque malis, ausus es, esse bonus. Cicero sagt: Si habet Asia suspicionem quandam luxuriae, non Asiam nunquam vidisse, sed in Asia continenter vixisse, laudandun est. Muß einer unter gottlosen Leuten wohnen/ so befleissige er sich desto mehr der Frömmigkeit/ und gebe ihm gut Exempel/ wie der Mann thäte/ der wohnte ihm Lande Utz/ und hieß Hiob. Dieser sein ehrlicher Nam ist Gott und Menschen wol bekandt Dieser Hiob war schlecht und recht: Er war nicht eben ein- auffge-
Der gedultige und ließ ihm ihre Weiſe nicht gefallen. Hiob wohnete im Land Utzmitten unter abgoͤttiſchen boͤſen Leuten/ allein er blieb gleichwol fromm/ und ließ ſich nicht verfuͤhren. Und das iſt ein ſonderbares groſſes Lob/ wann ein frommer Chriſt unter boͤſen Leuten wohnt/ und ſich nicht verfuͤhren laͤſt/ ſondern fromm bleibt. Das ruͤhmet Gott an dem Biſchoff zu Pergamon/ daß er wohne an dem Ort/ da deß Satans Schule ſey/ und dennoch halte an dem Namen Gottes/ und den Glauben nicht verlaͤugnet hab. Mancher ſagt/ an groſſer Herren Hoͤfen/ im Krieg/ in groſſen Staͤdten/ kan man das nicht aͤndern/ ſondern man muß ſich in die Leut ſchicken. Allein wird nicht die wahre Kirche/ und ein rechtſchaffenes Glied derſelben/ in heil. Schrifft hin und wider eben deßwegen geruͤhmt/ daß ſie ſey wie eine Lilie unter den Dornen/ wie ein Schaaf unter den Woͤlffen/ wie ei- ne Taube unter den Adlern/ wie eine koͤſtliche Perle unter dem Sand/ wie ein edles Kleinod auff dem Miſten? Mancher denckt/ wann ich nur vom Hof/ von dem und dem gottloſen Ort weg were/ ſo wolte ich ein ander Leben fuͤhren: Hier iſt es unmoͤglich. Allein was hindert der Ort an der Froͤmmigkeit? Lucifer hat geſuͤndiget im Himmel/ an dem allerheiligſten Ort. Dagegen iſt Loth fromm blieben unter den gottloſen Sodomiten/ und ſuͤndigte groͤvlich/ als er in das kleine Staͤdlein Zoar kam/ und niemand umb ſich hatte als ſeine beyde Toͤchter. An dem Kaͤyſer Nerva wird das ſonderlich gelobt/ daß er in boͤſen Zeiten ſich wol verhalten hab. Der Poet ſagt von ihm: Temporibusque malis, auſus es, eſſe bonus. Cicero ſagt: Si habet Aſia ſuſpicionem quandam luxuriæ, non Aſiam nunquam vidiſſe, ſed in Aſia continenter vixiſſe, laudandũ eſt. Muß einer unter gottloſen Leuten wohnen/ ſo befleiſſige er ſich deſto mehr der Froͤmmigkeit/ und gebe ihm gut Exempel/ wie der Mann thaͤte/ der wohnte ihm Lande Utz/ und hieß Hiob. Dieſer ſein ehrlicher Nam iſt Gott und Menſchen wol bekandt Dieſer Hiob war ſchlecht und recht: Er war nicht eben ein- auffge-
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Der gedultige
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mitten unter abgoͤttiſchen boͤſen Leuten/ allein er blieb gleichwol
fromm/ und ließ ſich nicht verfuͤhren. Und das iſt ein ſonderbares
groſſes Lob/ wann ein frommer Chriſt unter boͤſen Leuten wohnt/
und ſich nicht verfuͤhren laͤſt/ ſondern fromm bleibt. Das ruͤhmet
Gott an dem Biſchoff zu Pergamon/ daß er wohne an dem Ort/ da
deß Satans Schule ſey/ und dennoch halte an dem Namen Gottes/
und den Glauben nicht verlaͤugnet hab. Mancher ſagt/ an groſſer
Herren Hoͤfen/ im Krieg/ in groſſen Staͤdten/ kan man das nicht
aͤndern/ ſondern man muß ſich in die Leut ſchicken. Allein wird nicht
die wahre Kirche/ und ein rechtſchaffenes Glied derſelben/ in heil.
Schrifft hin und wider eben deßwegen geruͤhmt/ daß ſie ſey wie eine
Lilie unter den Dornen/ wie ein Schaaf unter den Woͤlffen/ wie ei-
ne Taube unter den Adlern/ wie eine koͤſtliche Perle unter dem
Sand/ wie ein edles Kleinod auff dem Miſten? Mancher denckt/
wann ich nur vom Hof/ von dem und dem gottloſen Ort weg were/
ſo wolte ich ein ander Leben fuͤhren: Hier iſt es unmoͤglich. Allein
was hindert der Ort an der Froͤmmigkeit? Lucifer hat geſuͤndiget
im Himmel/ an dem allerheiligſten Ort. Dagegen iſt Loth fromm
blieben unter den gottloſen Sodomiten/ und ſuͤndigte groͤvlich/ als
er in das kleine Staͤdlein Zoar kam/ und niemand umb ſich hatte
als ſeine beyde Toͤchter. An dem Kaͤyſer Nerva wird das ſonderlich
gelobt/ daß er in boͤſen Zeiten ſich wol verhalten hab. Der Poet ſagt
von ihm: Temporibusque malis, auſus es, eſſe bonus. Cicero
ſagt: Si habet Aſia ſuſpicionem quandam luxuriæ, non Aſiam
nunquam vidiſſe, ſed in Aſia continenter vixiſſe, laudandũ eſt.
Muß einer unter gottloſen Leuten wohnen/ ſo befleiſſige er ſich deſto
mehr der Froͤmmigkeit/ und gebe ihm gut Exempel/ wie der Mann
thaͤte/ der wohnte ihm Lande Utz/ und hieß Hiob.
Dieſer ſein ehrlicher Nam iſt Gott und Menſchen wol bekandt
geweſen/ und iſt noch bekandt in der gantzen Welt/ wo nur Chriſten
wohnen. Er iſt im Himmel auffgeſchrieben/ in das Buch deß Lebens/
darauß ihn niemand außleſchen wird. Sein Gedaͤchtnis wird im
ewigen Segen bleiben.
Dieſer Hiob war ſchlecht und recht: Er war nicht eben ein-
faͤltig wie jener Witzeburger. Man ſagt/ daß die Witzebuͤrger eins-
mals haben Contribution geben ſollen. Als ſie nun das Geld zu-
ſammen bracht/ da haben ſie Rath gehalten/ wem ſie es anvertrauen
ſollen/ daß er es liefere? Nach vielen Rathſchlaͤgen hab einer an-
gefangen: Wem koͤnnen wir es beſſer anvertrauen/ als dem jeni-
gen/ dem wir all unſer Viehe anvertrauen/ nemlich dem Kuͤhhir-
ten? Dieſe Meynung ſey von andern im Rath fuͤr gut gehalten
worden. Der Hirt ſey darauff fuͤrgefodert/ und ihm Commiſſion
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