Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Hiob. must er seines Vaters Hauß mit dem Rücken ansehen. Er kam inein frembdes Land/ darin must er manche saure Arbeit thun. Deß Tages verschmachtete er für Hitz/ deß Nachts für Frost/ und kam kein Schlaff in seine Augen. Er wurde geneidet und verfolgt von sei- nem eigenen Schwiegervater. Sein liebstes Weib starb ihm in der Geburt auff dem freyen Feld. Er hatte allerhand Unglück mit seinen Kindern. Er muste in seinem hohen Alter Theurung halben in die Frembde ziehen. Allein Gott ließ ihm doch allzeit nach dem Unge- witter die Sonne wider scheinen. Geb dich zu frieden/ es wird bald besser werden. Aber der Teuffel saß still eine geraume Zeit/ sahe dem Hiob zu/ und wartet/ biß daß es das Ansehen hatte/ daß nun alle Hülff/ aller Rath/ alle Hoffnung auß seye. Dann wie auß cap. 2. v. 8. zu sehen/ ist dieses Weib lang hernach mit
Hiob. muſt er ſeines Vaters Hauß mit dem Ruͤcken anſehen. Er kam inein frembdes Land/ darin muſt er manche ſaure Arbeit thun. Deß Tages verſchmachtete er fuͤr Hitz/ deß Nachts fuͤr Froſt/ und kam kein Schlaff in ſeine Augen. Er wurde geneidet und verfolgt von ſei- nem eigenen Schwiegervater. Sein liebſtes Weib ſtarb ihm in der Geburt auff dem freyen Feld. Er hatte allerhand Ungluͤck mit ſeinẽ Kindern. Er muſte in ſeinem hohen Alter Theurung halben in die Frembde ziehen. Allein Gott ließ ihm doch allzeit nach dem Unge- witter die Sonne wider ſcheinen. Geb dich zu frieden/ es wird bald beſſer werden. Aber der Teuffel ſaß ſtill eine geraume Zeit/ ſahe dem Hiob zu/ und wartet/ biß daß es das Anſehen hatte/ daß nun alle Huͤlff/ aller Rath/ alle Hoffnung auß ſeye. Dann wie auß cap. 2. v. 8. zu ſehen/ iſt dieſes Weib lang hernach mit
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Hiob.
muſt er ſeines Vaters Hauß mit dem Ruͤcken anſehen. Er kam in
ein frembdes Land/ darin muſt er manche ſaure Arbeit thun. Deß
Tages verſchmachtete er fuͤr Hitz/ deß Nachts fuͤr Froſt/ und kam
kein Schlaff in ſeine Augen. Er wurde geneidet und verfolgt von ſei-
nem eigenen Schwiegervater. Sein liebſtes Weib ſtarb ihm in der
Geburt auff dem freyen Feld. Er hatte allerhand Ungluͤck mit ſeinẽ
Kindern. Er muſte in ſeinem hohen Alter Theurung halben in die
Frembde ziehen. Allein Gott ließ ihm doch allzeit nach dem Unge-
witter die Sonne wider ſcheinen. Geb dich zu frieden/ es wird bald
beſſer werden. Aber der Teuffel ſaß ſtill eine geraume Zeit/ ſahe dem
Hiob zu/ und wartet/ biß daß es das Anſehen hatte/ daß nun alle
Huͤlff/ aller Rath/ alle Hoffnung auß ſeye.
Dann wie auß cap. 2. v. 8. zu ſehen/ iſt dieſes Weib lang hernach
kommen/ als Hiob in dem Creutzofen ſchon lang gebraten war/ als
er ſchon lang mit einer Scherben ſich geſchabt/ und in der Aſchen ge-
ſeſſen hatte. Und hat ihm zugeruffen/ hältſt du noch an deiner
Froͤmmigkeit? Segne Gott/ und ſtirb. Mich duͤnckt/ ich ſehe/
wie dieſes Weib die Haar außgeraufft/ die Haͤnd gewunden/ oder
uͤber dem Kopff zuſammen geſchlagen/ wie ſie geheult/ geweint und
geruffen hab: Nun ſihe du nichtswuͤrdiger Hiob! Du haſt mich
immerdar vertroͤſtet auff Beſſerung. Allein je laͤnger ich warte/ je
aͤrger es wird. Mein Brautſchatz/ den ich dir zubracht hab/ iſt weg.
Was mir mein Bruder Joſeph/ der koͤnigl. Stadthalter in Egyptẽ/
mitgeben hat/ das iſt weg. Meine Kleider und Kleinodien hab ich
verkaufft/ damit ich meinen Kindes Kindern Brodt zu eſſen geben
koͤnne. Du ſitzeſt da und biſt voller Laͤuß und voller boͤſen Blatern.
Du ſtinckeſt wie ein Aas/ und alles/ was du anfaͤngſt/ das will nicht
fortgehen. Ach ich armes elendes Weib/ was ſol ich doch anfangen?
O haͤtte doch das mein lieber Vater gewuſt/ daß ich noch einen ſolchẽ
untuͤglichen Mann haben wuͤrde/ ſeine graue Haar wuͤrden mit
Leid und Traurigkeit unter die Erde kommen ſeyn! Jch hab dir
doch offt geſagt/ du ſolleſt nicht einem jeden Bettler zu Willen ſeyn/
ſondern ſparen und auff Rente legen. Wie manchen Prieſter haſtu
begabt? Wie mancher Witbe haſtu unter die Arme gegriffen? Wie
manchen Frembden haſtu erquickt? Sihe nun/ ob ein Pfaff/ ein Wit-
be oder ein frembder Betler kommen/ und dir wider etwas geben
werde? Die Welt iſt nit mehr alſo/ wie du vermeynet haſt. Du haſt
immerdar auff Gott getrotzt/ und auff ſeine Huͤlff. Allein meynſtu/
daß Gott deinet halben werde Wunderwerck thun/ und werde dir
durch die Raben Speiſe zufuͤhren/ oder daß er dir werde Brot vom
Himmel regnen laſſen/ oder Waſſer auß den Steinfelſen geben? Das
ſind Einbildungen. Mein lieber Hiob. Du ſiheſt ja/ daß Gott ſeine
Hand von dir abgezogen hab/ daß es je laͤnger je aͤrger werde. Du
ſiheſt ja/ daß Gott dein Gedaͤchtnis von dem Erdboden außrotten
wolle. Damit meine Kinder/ die ich mit Schmertzen geboren/ und
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