Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Freund in der Noht. eben von ihm nicht reich werden. Allein/ er wolte auch seines Freundeshalben/ keinen Schaden leiden. Mancher meynt/ seine Brüder/ seine Schwestern/ seyen seine beste Mancher meynet/ seine Vettern und Schwäger/ seyen seine beste mit
Freund in der Noht. eben von ihm nicht reich werden. Allein/ er wolte auch ſeines Freundeshalben/ keinen Schaden leiden. Mancher meynt/ ſeine Bruͤder/ ſeine Schweſtern/ ſeyen ſeine beſte Mancher meynet/ ſeine Vettern und Schwaͤger/ ſeyen ſeine beſte mit
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Freund in der Noht.
eben von ihm nicht reich werden. Allein/ er wolte auch ſeines Freundes
halben/ keinen Schaden leiden.
Mancher meynt/ ſeine Bruͤder/ ſeine Schweſtern/ ſeyen ſeine beſte
Freunde. Dann ſie haben unter einem Hertzen gelegen. Aber/ es iſt
auch offtmals weit gefehlet. Fratrum quoque gratia rara, ſagt jener
Poët. Rechte Freundſchafft unter Bruͤdern/ iſt ein ſeltzam Wildbraͤt.
Man kan nicht wiſſen/ ob einem ein Bruder oder Schweſter treu ſey/
eh man ein Erbgut mit ihnen getheilet hat. Salomon/ dem der Welt
Lauff wol bekandt geweſen/ ſagt in ſeinen Spruͤchen am 27. C. Gehe
nicht in das Hauß deines Bruders/ wann es dir uͤbel ge-
het. Mancher wird dencken/ zu wem er ein groͤſſer Vertrauen in Noͤ-
then haben ſolle/ als zu ſeinem leiblichen Bruder/ ſintemal ihre Seel/
Fleiſch und Blut/ einerley Urſprung habe? Aber/ der weiſe Salomo
gibt den Rath/ man ſolle in Noͤthen eh Huͤlffe ſuchen bey Frembden/
als bey ſeinem Bruder. Und in ſeinen Spruͤchen am 18. cap. ſagt er:
Ein verletzter Bruder haͤlt haͤrter/ dann eine feſte Stadt.
Wann Bruͤder und Geſchwiſter uneins werden/ ſo iſt es ein Caini-
ſche Feindſchafft. Und gleichwie auß dem ſuͤſſeſten Wein/ der ſauerſte
Eſſig wird; Alſo werden offtmals auß den beſten und nechſten Bluts-
verwandten/ die aͤrgſte und gifftigſte Feinde. Und wo ein ſolcher Wi-
derwill einmal in einem Gebluͤt eingewurtzelt iſt/ da ſolte mancher lie-
ber bey Tuͤrcken und Tartarn Freundſchafft ſuchen/ als bey ſeinen
Bruͤdern und Schweſtern. Die Alten haben im Sprichwort geſagt:
Francos amicos habe, non vicinos. Woher dieſes Sprichwort ſei-
nen Urſprung habe/ hab ich bißhero nicht koͤnnen erfahren. Allein/ ich
halte darvor/ daß es unterweilens rathſam ſey/ daß man ſeine Bruͤ-
der und Schweſtern zu Freunden hab/ aber nicht zu Nachtbarn.
Mancher meynet/ ſeine Vettern und Schwaͤger/ ſeyen ſeine beſte
Freunde. Aber es iſt offt weit gefehlet. Mancher ſagt im Sprichwort:
Viel Schwaͤger/ viel Knebelſpieſſe. Jacob war deß Labans
naher Vetter und Anverwandter. Er nahm ſeine beyde Toͤchter zur
Ehe. Wie haͤtte er ihm naͤher koͤnnen verwandt ſeyn/ als wann er ſein
eigener Sohn geweſen were? Er that ihm groſſe und getreue Dienſte.
Er verſchmachtete deß Tages vor Hitz/ deß Nachts vor Froſt/ uñ kam
kein Schlaf in ſeine Augen. Aber/ er hatte an dem Laban einen groſſen
Knebelſpieß. Er betrog ihn nicht allein in ſeiner Nahrung/ ſondern
auch/ da er von ihm ziehen wolte/ jagte er ihm nach/ und hatte nichts
gutes im Sinn. Jch wil jetzo nichts ſagen/ von alten Bibliſchen Ge-
ſchichten/ wie zwiſchen dem Simſon und ſeinem Schwiegervater/
ſchlechte Freundſchafft geweſen ſey/ im B. der Richt. am 14. und 15. c.
Jch wil nit ſagen/ wie Saul ſeinen Tochtermann/ den David/ mit ei-
nem Spieß an die Wand ſpieſſen/ uñ alſo die vaͤterliche Freundſchaft
mit
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