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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Lucidor.
und mit dem besten Wein euren Durst stillen soltet/ so würde euch
doch die Zeit lang werden. Aber/ wie gehet es rachgierigen unversöhn-
lichen Leuten in der Hölle? Sie liegen nicht in einem weichen Bette/
sie sitzen nicht auff einem Misthauffen wie Hiob/ sondern sie sitzen in
der höllischen Flamm. Wann sie hundert tausend Jahr/ ihr unauß-
sprechliche/ unaußdenckliche Marter und Qual werden außgestanden
haben/ und werden an das Wort EWJG gedencken/ so werden
sie eine neue Hölle empfinden mitten in der Hölle. O EWJG/
EWJG/ wer kan dieses Wort mit seiner Zungen recht außsprechen/
oder mit seinem Verstande recht begreiffen? Jn dieser Welt wehret
ein Ding offt lange. Etzliche Gelehrte sagen/ daß Hiobs Creutz ge-
wehret habe 7. Jahr/ das war LANG. Jene Tochter Abrahams/ die
der Satan gebunden hatte/ gieng in diesem Band 18. Jahr/ das war
LANG. Jener Krancker lag beym Deich Bethesda 38. Jahr/ das
war LANG. Allein LANG ist nicht EWJG/ EWJG aber das ist
LANG. Der ehrliche auffrichtige Engländische Cantzler Thomas
Morus, ille minime morus,
wolt einsmals in seines Königs böse
That nicht willigen. Dadurch kam er bey dem König in höchste Un-
gnad. Als ihn nun seine Freunde/ Ja/ sein eigen Eheweib ermahne-
ten/ er solle doch so eigensinnig nit seyn/ und den König also für den
Kopff stossen. Da antwortet Morus, wenn ich nun in des Königes
That consentirte, und mein Seel und Gewissen beschwerete/ wie
lang könt ich dieser Königlichen Gnad geniessen? Da wird ihm geant-
wortet: Jhr seyd noch ein Mann in eurem besten Alter/ Jhr könnet
noch 30. 40. und mehr Jahr leben. O antwortet Morus, ich dacht/
ihr würdet sagen von 100. Jahren! Und wann ich schon noch 100.
Jahr leben könt/ was wäre das gegen der EWJGKEJT? Luci-
dor
hier zeitlich/ dort ewig/ darnach richt euch. Jst noch etwas bey eu-
rem harten steinern/ unbeweglichen Hertzen zu erhalten/ so bitte und
ermahne ich euch durch die unermeßliche und unerforschliche Barm-
hertzigkeit Gottes/ durch das allerheiligste Blut/ durch den schmähli-
chen Tod JEsu Christi des Sohnes Gottes/ umb eurer Seelen Se-
ligkeit willen/ um des bald herzunahenden Jüngsten Gerichts willeu/
Jhr wollet in dieser Abendstunde/ da die Sonne sich allgemach zum
Untergang neiget/ mit allem Fleiß betrachten/ was Christus für ein
erschreckliches Urtheil über den Schalcksknecht gefället/ der sich über
seinen Mitknecht nicht erbarmen wolte/ und darneben geruffen: Also
wird euch (Euch Lucidor, und eures gleichen/ also wird euch mein
himmlischer Vater auch thun/ so ihr nicht vergebet von eurem Hertzen/
ein jeglicher seinem Bruder seine Fehle. Jhr werdet zwar dencken/
wanns ja nicht anders seyn könne/ wollet ihr vergeben/ aber nicht
vergessen. Jhr wollet eurem Widerpart nichts zu leid/ aber auch
nichts zu willen und gefallen thun. Es komme noch einmal die Zeit/

da

Lucidor.
und mit dem beſten Wein euren Durſt ſtillen ſoltet/ ſo wuͤrde euch
doch die Zeit lang werden. Aber/ wie gehet es rachgierigen unverſoͤhn-
lichen Leuten in der Hoͤlle? Sie liegen nicht in einem weichen Bette/
ſie ſitzen nicht auff einem Miſthauffen wie Hiob/ ſondern ſie ſitzen in
der hoͤlliſchen Flamm. Wann ſie hundert tauſend Jahr/ ihr unauß-
ſprechliche/ unaußdenckliche Marter und Qual werden außgeſtanden
haben/ und werden an das Wort EWJG gedencken/ ſo werden
ſie eine neue Hoͤlle empfinden mitten in der Hoͤlle. O EWJG/
EWJG/ wer kan dieſes Wort mit ſeiner Zungen recht außſprechen/
oder mit ſeinem Verſtande recht begreiffen? Jn dieſer Welt wehret
ein Ding offt lange. Etzliche Gelehrte ſagen/ daß Hiobs Creutz ge-
wehret habe 7. Jahr/ das war LANG. Jene Tochter Abrahams/ die
der Satan gebunden hatte/ gieng in dieſem Band 18. Jahr/ das waꝛ
LANG. Jener Krancker lag beym Deich Bethesda 38. Jahr/ das
war LANG. Allein LANG iſt nicht EWJG/ EWJG aber das iſt
LANG. Der ehrliche auffrichtige Englaͤndiſche Cantzler Thomas
Morus, ille minimè morus,
wolt einsmals in ſeines Koͤnigs boͤſe
That nicht willigen. Dadurch kam er bey dem Koͤnig in hoͤchſte Un-
gnad. Als ihn nun ſeine Freunde/ Ja/ ſein eigen Eheweib ermahne-
ten/ er ſolle doch ſo eigenſinnig nit ſeyn/ und den Koͤnig alſo fuͤr den
Kopff ſtoſſen. Da antwortet Morus, wenn ich nun in des Koͤniges
That conſentirte, und mein Seel und Gewiſſen beſchwerete/ wie
lang koͤnt ich dieſer Koͤniglichen Gnad genieſſen? Da wird ihm geant-
wortet: Jhr ſeyd noch ein Mann in eurem beſten Alter/ Jhr koͤnnet
noch 30. 40. und mehr Jahr leben. O antwortet Morus, ich dacht/
ihr wuͤrdet ſagen von 100. Jahren! Und wann ich ſchon noch 100.
Jahr leben koͤnt/ was waͤre das gegen der EWJGKEJT? Luci-
dor
hier zeitlich/ dort ewig/ darnach richt euch. Jſt noch etwas bey eu-
rem harten ſteinern/ unbeweglichen Hertzen zu erhalten/ ſo bitte und
ermahne ich euch durch die unermeßliche und unerforſchliche Barm-
hertzigkeit Gottes/ durch das allerheiligſte Blut/ durch den ſchmaͤhli-
chen Tod JEſu Chriſti des Sohnes Gottes/ umb eurer Seelen Se-
ligkeit willen/ um des bald herzunahenden Juͤngſten Gerichts willeu/
Jhr wollet in dieſer Abendſtunde/ da die Sonne ſich allgemach zum
Untergang neiget/ mit allem Fleiß betrachten/ was Chriſtus fuͤr ein
erſchreckliches Urtheil uͤber den Schalcksknecht gefaͤllet/ der ſich uͤber
ſeinen Mitknecht nicht erbarmen wolte/ und darneben geruffen: Alſo
wird euch (Euch Lucidor, und eures gleichen/ alſo wird euch mein
him̃liſcher Vater auch thun/ ſo ihr nicht vergebet von eurem Hertzen/
ein jeglicher ſeinem Bruder ſeine Fehle. Jhr werdet zwar dencken/
wanns ja nicht anders ſeyn koͤnne/ wollet ihr vergeben/ aber nicht
vergeſſen. Jhr wollet eurem Widerpart nichts zu leid/ aber auch
nichts zu willen und gefallen thun. Es kom̃e noch einmal die Zeit/

da
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[319/0361] Lucidor. und mit dem beſten Wein euren Durſt ſtillen ſoltet/ ſo wuͤrde euch doch die Zeit lang werden. Aber/ wie gehet es rachgierigen unverſoͤhn- lichen Leuten in der Hoͤlle? Sie liegen nicht in einem weichen Bette/ ſie ſitzen nicht auff einem Miſthauffen wie Hiob/ ſondern ſie ſitzen in der hoͤlliſchen Flamm. Wann ſie hundert tauſend Jahr/ ihr unauß- ſprechliche/ unaußdenckliche Marter und Qual werden außgeſtanden haben/ und werden an das Wort EWJG gedencken/ ſo werden ſie eine neue Hoͤlle empfinden mitten in der Hoͤlle. O EWJG/ EWJG/ wer kan dieſes Wort mit ſeiner Zungen recht außſprechen/ oder mit ſeinem Verſtande recht begreiffen? Jn dieſer Welt wehret ein Ding offt lange. Etzliche Gelehrte ſagen/ daß Hiobs Creutz ge- wehret habe 7. Jahr/ das war LANG. Jene Tochter Abrahams/ die der Satan gebunden hatte/ gieng in dieſem Band 18. Jahr/ das waꝛ LANG. Jener Krancker lag beym Deich Bethesda 38. Jahr/ das war LANG. Allein LANG iſt nicht EWJG/ EWJG aber das iſt LANG. Der ehrliche auffrichtige Englaͤndiſche Cantzler Thomas Morus, ille minimè morus, wolt einsmals in ſeines Koͤnigs boͤſe That nicht willigen. Dadurch kam er bey dem Koͤnig in hoͤchſte Un- gnad. Als ihn nun ſeine Freunde/ Ja/ ſein eigen Eheweib ermahne- ten/ er ſolle doch ſo eigenſinnig nit ſeyn/ und den Koͤnig alſo fuͤr den Kopff ſtoſſen. Da antwortet Morus, wenn ich nun in des Koͤniges That conſentirte, und mein Seel und Gewiſſen beſchwerete/ wie lang koͤnt ich dieſer Koͤniglichen Gnad genieſſen? Da wird ihm geant- wortet: Jhr ſeyd noch ein Mann in eurem beſten Alter/ Jhr koͤnnet noch 30. 40. und mehr Jahr leben. O antwortet Morus, ich dacht/ ihr wuͤrdet ſagen von 100. Jahren! Und wann ich ſchon noch 100. Jahr leben koͤnt/ was waͤre das gegen der EWJGKEJT? Luci- dor hier zeitlich/ dort ewig/ darnach richt euch. Jſt noch etwas bey eu- rem harten ſteinern/ unbeweglichen Hertzen zu erhalten/ ſo bitte und ermahne ich euch durch die unermeßliche und unerforſchliche Barm- hertzigkeit Gottes/ durch das allerheiligſte Blut/ durch den ſchmaͤhli- chen Tod JEſu Chriſti des Sohnes Gottes/ umb eurer Seelen Se- ligkeit willen/ um des bald herzunahenden Juͤngſten Gerichts willeu/ Jhr wollet in dieſer Abendſtunde/ da die Sonne ſich allgemach zum Untergang neiget/ mit allem Fleiß betrachten/ was Chriſtus fuͤr ein erſchreckliches Urtheil uͤber den Schalcksknecht gefaͤllet/ der ſich uͤber ſeinen Mitknecht nicht erbarmen wolte/ und darneben geruffen: Alſo wird euch (Euch Lucidor, und eures gleichen/ alſo wird euch mein him̃liſcher Vater auch thun/ ſo ihr nicht vergebet von eurem Hertzen/ ein jeglicher ſeinem Bruder ſeine Fehle. Jhr werdet zwar dencken/ wanns ja nicht anders ſeyn koͤnne/ wollet ihr vergeben/ aber nicht vergeſſen. Jhr wollet eurem Widerpart nichts zu leid/ aber auch nichts zu willen und gefallen thun. Es kom̃e noch einmal die Zeit/ da

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/361>, abgerufen am 22.11.2024.