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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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deß Wörtlein Nichts.
Pfaffen muß man beichten die Sünde/ dem Juristen muß man erzeh-
len der Sachen rechten Verlauff; dem Medico die Kranckheit. Wol-
let ihr retten eure Seele/ euer Haab und Nahrung/ euren Leib und Ge-
sundheit/ so verschweiget denen Nichts. Corydon saget und offenba-
ret/ was er schweigen solte/ seinem Freunde/ den bittet er nachmals
vor und nach Gott/ daß er das/ was er von ihme gehört wol verschwei-
gen wolte. Wilstu guter Corydon/ daß ein ander schweige/ so schwei-
ge/ so schweige erst selbst/ und rede Nichts. Der Zeitungträger lauf-
fet den gantzen Tag die Stadt umb/ fraget menniglich/ was guts neues?
in dem er allen glaubet/ machet er daß ihme geglaubet wird Nichts.
Der Welt weise desperiret und trauet klüglich nicht/ hoffet doch tapf-
fer alles/ und siehet sich in allem wol vor/ und also fürchtet er endlichen
Nichts. Wann ihr klug und verständig seyd/ so thut alles behutsam
und bald/ verwegen und furchtsam aber/ zu früe und zu spat Nichts.
Fraget ihr/ was ihr ohne Gottes Hülffe und Segen außrichten kön-
net? Nichts. Unter den Christen verdammet etliche die Lehr/ etliche
das Leben. Es sind ihrer viel/ die ihre Religion biß zu dem Scheiter-
hauffen vertheidigen exclusive, wann das Feuer nur nicht heiß were.
Zu verwundern ist es/ daß die rechte reine Religion die wahre Gottes-
furcht zwar lehret/ erhält aber damit gemeiniglich Nichts. Man fin-
det Leute die allezeit lustig nunq. traurig/ immer wol bezechet/ schwer-
micht: wann aber ein böses Stündlein kombt/ lauffen sie zu den Bet-
büchern/ die offters von zimlichem Staube überzogen/ simuliren
grosse Andacht/ seufftzen und suchen die Gebete/ die sich wol räumen
auff das vorgefallene Creutz/ zehlen die Blätter/ sind sie aber zu lang/
suchen sie die so fein kurtz/ oder legen das Buch gar hin; diese weil Mund
und Hertz nicht überein stimmen/ sind sie auch würdig/ daß sie von Gott
empfangen Nichts. Wann so offt man übels thue/ die Augen außge-
graben würden/ würde in gar kurtzem die gantze Welt sehen Nichts.
An dem letzten Gerichte werden viel reiche sagen/ daß sie ihr Gold und
Silber als ein Anreitzung alles übeln zu deß Lautenistens und Musi-
cantens Füsse gelegt; dem Armen aber und Dürfftigen hätten sie geben
Nichts. Schultheisen/ Keller und Ambtleute pflegen ihren Patronen
und Cammerräthen gemeiniglich gut Federvieh/ Hüner/ Gänse/ etc.
zuschicken/ den armen aber Nichts; O ihr Thoren/ wann ihr wollet
Gaben und Geschenck schicken/ gebt den Armen Speisen; euern Pa-
tronen aber den Hunger oder Nichts Die Dünge ist ein Dreck/ den-
noch nicht unnützlich/ dann ohne den hat der Zackermann Nichts.
Die Rechtsgelehrten tractiren und ziehen den proceß so lange umb/
als solte er kein Ende haben/ verlieret der Client, fordern sie dannoch
die Besoldung/ nur weil sie etwan einmal darüber roth worden.
Wann der Cliens witzig/ gibt er ihnen zur Danckbarkeit Nichts.
Die Politici die Franckreich und Welschland besuchet und durchwan-

dert
C c iiij

deß Woͤrtlein Nichts.
Pfaffen muß man beichten die Suͤnde/ dem Juriſten muß man erzeh-
len der Sachen rechten Verlauff; dem Medico die Kranckheit. Wol-
let ihr retten eure Seele/ euer Haab und Nahrung/ euren Leib uñ Ge-
ſundheit/ ſo verſchweiget denen Nichts. Corydon ſaget und offenba-
ret/ was er ſchweigen ſolte/ ſeinem Freunde/ den bittet er nachmals
vor uñ nach Gott/ daß er das/ was er von ihme gehoͤrt wol verſchwei-
gen wolte. Wilſtu guter Corydon/ daß ein ander ſchweige/ ſo ſchwei-
ge/ ſo ſchweige erſt ſelbſt/ und rede Nichts. Der Zeitungtraͤger lauf-
fet den gantzẽ Tag die Stadt umb/ fraget menniglich/ was guts neues?
in dem er allen glaubet/ machet er daß ihme geglaubet wird Nichts.
Der Welt weiſe deſperiret und trauet kluͤglich nicht/ hoffet doch tapf-
fer alles/ und ſiehet ſich in allem wol vor/ und alſo fuͤrchtet er endlichẽ
Nichts. Wann ihr klug und verſtaͤndig ſeyd/ ſo thut alles behutſam
und bald/ verwegen und furchtſam aber/ zu fruͤe und zu ſpat Nichts.
Fraget ihr/ was ihr ohne Gottes Huͤlffe und Segen außrichten koͤn-
net? Nichts. Unter den Chriſten verdammet etliche die Lehr/ etliche
das Leben. Es ſind ihrer viel/ die ihre Religion biß zu dem Scheiter-
hauffen vertheidigen excluſive, wann das Feuer nur nicht heiß were.
Zu verwundern iſt es/ daß die rechte reine Religion die wahre Gottes-
furcht zwar lehret/ erhaͤlt aber damit gemeiniglich Nichts. Man fin-
det Leute die allezeit luſtig nunq. traurig/ im̃er wol bezechet/ ſchwer-
micht: wann aber ein boͤſes Stuͤndlein kombt/ lauffen ſie zu den Bet-
buͤchern/ die offters von zimlichem Staube uͤberzogen/ ſimuliren
groſſe Andacht/ ſeufftzen und ſuchen die Gebete/ die ſich wol raͤumen
auff das vorgefallene Creutz/ zehlen die Blaͤtter/ ſind ſie aber zu lang/
ſuchen ſie die ſo fein kurtz/ oder legẽ das Buch gar hin; dieſe weil Mund
und Hertz nicht uͤberein ſtim̃en/ ſind ſie auch wuͤrdig/ daß ſie von Gott
empfangen Nichts. Wann ſo offt man uͤbels thue/ die Augen außge-
graben wuͤrden/ wuͤrde in gar kurtzem die gantze Welt ſehen Nichts.
An dem letzten Gerichte werden viel reiche ſagen/ daß ſie ihr Gold uñ
Silber als ein Anreitzung alles uͤbeln zu deß Lauteniſtens und Muſi-
cantens Fuͤſſe gelegt; dem Armẽ aber und Duͤrfftigen haͤtten ſie geben
Nichts. Schultheiſen/ Keller und Ambtleute pflegen ihren Patronẽ
und Cammerraͤthen gemeiniglich gut Federvieh/ Huͤner/ Gaͤnſe/ ꝛc.
zuſchicken/ den armen aber Nichts; O ihr Thoren/ wann ihr wollet
Gaben und Geſchenck ſchicken/ gebt den Armen Speiſen; euern Pa-
tronen aber den Hunger oder Nichts Die Duͤnge iſt ein Dreck/ den-
noch nicht unnuͤtzlich/ dann ohne den hat der Zackermann Nichts.
Die Rechtsgelehrten tractiren uñ ziehen den proceß ſo lange umb/
als ſolte er kein Ende haben/ verlieret der Client, fordern ſie dannoch
die Beſoldung/ nur weil ſie etwan einmal daruͤber roth worden.
Wann der Cliens witzig/ gibt er ihnen zur Danckbarkeit Nichts.
Die Politici die Franckreich uñ Welſchland beſuchet und durchwan-

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[407/0449] deß Woͤrtlein Nichts. Pfaffen muß man beichten die Suͤnde/ dem Juriſten muß man erzeh- len der Sachen rechten Verlauff; dem Medico die Kranckheit. Wol- let ihr retten eure Seele/ euer Haab und Nahrung/ euren Leib uñ Ge- ſundheit/ ſo verſchweiget denen Nichts. Corydon ſaget und offenba- ret/ was er ſchweigen ſolte/ ſeinem Freunde/ den bittet er nachmals vor uñ nach Gott/ daß er das/ was er von ihme gehoͤrt wol verſchwei- gen wolte. Wilſtu guter Corydon/ daß ein ander ſchweige/ ſo ſchwei- ge/ ſo ſchweige erſt ſelbſt/ und rede Nichts. Der Zeitungtraͤger lauf- fet den gantzẽ Tag die Stadt umb/ fraget menniglich/ was guts neues? in dem er allen glaubet/ machet er daß ihme geglaubet wird Nichts. Der Welt weiſe deſperiret und trauet kluͤglich nicht/ hoffet doch tapf- fer alles/ und ſiehet ſich in allem wol vor/ und alſo fuͤrchtet er endlichẽ Nichts. Wann ihr klug und verſtaͤndig ſeyd/ ſo thut alles behutſam und bald/ verwegen und furchtſam aber/ zu fruͤe und zu ſpat Nichts. Fraget ihr/ was ihr ohne Gottes Huͤlffe und Segen außrichten koͤn- net? Nichts. Unter den Chriſten verdammet etliche die Lehr/ etliche das Leben. Es ſind ihrer viel/ die ihre Religion biß zu dem Scheiter- hauffen vertheidigen excluſive, wann das Feuer nur nicht heiß were. Zu verwundern iſt es/ daß die rechte reine Religion die wahre Gottes- furcht zwar lehret/ erhaͤlt aber damit gemeiniglich Nichts. Man fin- det Leute die allezeit luſtig nunq. traurig/ im̃er wol bezechet/ ſchwer- micht: wann aber ein boͤſes Stuͤndlein kombt/ lauffen ſie zu den Bet- buͤchern/ die offters von zimlichem Staube uͤberzogen/ ſimuliren groſſe Andacht/ ſeufftzen und ſuchen die Gebete/ die ſich wol raͤumen auff das vorgefallene Creutz/ zehlen die Blaͤtter/ ſind ſie aber zu lang/ ſuchen ſie die ſo fein kurtz/ oder legẽ das Buch gar hin; dieſe weil Mund und Hertz nicht uͤberein ſtim̃en/ ſind ſie auch wuͤrdig/ daß ſie von Gott empfangen Nichts. Wann ſo offt man uͤbels thue/ die Augen außge- graben wuͤrden/ wuͤrde in gar kurtzem die gantze Welt ſehen Nichts. An dem letzten Gerichte werden viel reiche ſagen/ daß ſie ihr Gold uñ Silber als ein Anreitzung alles uͤbeln zu deß Lauteniſtens und Muſi- cantens Fuͤſſe gelegt; dem Armẽ aber und Duͤrfftigen haͤtten ſie geben Nichts. Schultheiſen/ Keller und Ambtleute pflegen ihren Patronẽ und Cammerraͤthen gemeiniglich gut Federvieh/ Huͤner/ Gaͤnſe/ ꝛc. zuſchicken/ den armen aber Nichts; O ihr Thoren/ wann ihr wollet Gaben und Geſchenck ſchicken/ gebt den Armen Speiſen; euern Pa- tronen aber den Hunger oder Nichts Die Duͤnge iſt ein Dreck/ den- noch nicht unnuͤtzlich/ dann ohne den hat der Zackermann Nichts. Die Rechtsgelehrten tractiren uñ ziehen den proceß ſo lange umb/ als ſolte er kein Ende haben/ verlieret der Client, fordern ſie dannoch die Beſoldung/ nur weil ſie etwan einmal daruͤber roth worden. Wann der Cliens witzig/ gibt er ihnen zur Danckbarkeit Nichts. Die Politici die Franckreich uñ Welſchland beſuchet und durchwan- dert C c iiij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/449>, abgerufen am 22.11.2024.