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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Die stieben Wort Christi.

ALlerliebster HErr JEsu Christe/ der du am Creutz so hoch in
Angst und Noht kommen/ und so tieff in Leyden gesuncken bist/
daß du/ als ein warhafftiger Mensch/ zu deinem Vater geruf-
fen hast: Mein Gott/ mein Gott/ wiehästu mich ver-
lassen?
Jch bitte dich durch die hohe bittere Angst/ unsegliche Mar-
ter/ Zittern und Zagen/ damit du bist am Creutz von allen Seiten
häuffig/ wie mit einer starcken Wasserfluth/ überschwemmet/ und zu
diesem Gebet bist gedrungen worden/ du wollest mich insonderheit im
letzten/ für dem allergreulichsten Laster der Verzweiffelung behüten;
und weil umb die Zeit die Gefahr am grösten ist/ der Satan auch
mit seinen feurigen Pfeilen/ mit dem Schrecken der Hölle und des e-
wigen Todes/ am allerhefftigsten andringt und wütet/ so verlaß mich
alsdann nicht/ gütiger JEsu/ sondern erhalte mich in den höchsten
Aengsten/ daß mich der Höllen Abgrund ja nicht verschlinge. Und wenn
mir gleich der leidige Sathan/ oder mein eigen Fleisch und Blut/ die
Gedancken machen wolte/ als wann ich von dir keine Hülffe oder
Trost haben würde/ sondern endlich unter der Last der Anfechtung
versincken müste; So gib du Gnade/ HErr JEsu/ und strecke mich
mit deinem Geist/ daß ich gleichwol wieder alle Hoffnung in die Hoff-
nung gläube/ und mich durch keine Wasserwogen der Anfechtung/
wie grausam sie auch von allen Seiten zufallen mögen/ von dir ab-
treiben lasse. Amen.

V.
Johannis 19.
Mich dürstet.

HHErr JEsu Christe/ der du am Creutz geruffen hast: Mich
dürstet;
Dadurch du deinen leiblichen und geistlichen Durst
hast wollen zu erkennen geben; Wiewol dich vielmehr nach der
Menschen Seligkeit/ denn nach einigen eusserlichen Tranck gedürstet
hat. Der leibliche Durst hat durch den Tod in dir auffgehöret; Und
hast denselben darumb am Creutz leiden wollen/ weil wir im Para-
dieß/ in unsern ersten Eltern/ mit dem Fras gesündigethatten/ und
dadurch in die ewige Verdamnüß gefallen waren. Aber der geistliche
Durst wehret nochmal an dir/ wird auch nicht auffhören biß zum En-
de der Welt; Jst anders nicht/ denn eine hertzliche und brünstige Be-
gierde nach unser Seligkeit; O HErr JEsu gib Gnade/ daß ich die-
sen deinen heiligen Durst/ so viel mich angehet/ stillen mag. Erwecke
auch in mir einen Durst/ nach dem theuren lebendigen Wasser/ das
auß dem ewigen unerschöpflichen Brunnen des Lebens/ der allein bey
Gott ist/ durch deine heilige Wunden reichlich daher quellet; Träncke
mich auch mit demselbigen Wasser dem kräfftigen Himmel-Tranck/

jetzt
Die ſtieben Wort Chriſti.

ALlerliebſter HErꝛ JEſu Chriſte/ der du am Creutz ſo hoch in
Angſt und Noht kommen/ und ſo tieff in Leyden geſuncken biſt/
daß du/ als ein warhafftiger Menſch/ zu deinem Vater geruf-
fen haſt: Mein Gott/ mein Gott/ wiehaͤſtu mich ver-
laſſen?
Jch bitte dich durch die hohe bittere Angſt/ unſegliche Mar-
ter/ Zittern und Zagen/ damit du biſt am Creutz von allen Seiten
haͤuffig/ wie mit einer ſtarcken Waſſerfluth/ uͤberſchwemmet/ und zu
dieſem Gebet biſt gedrungen worden/ du wolleſt mich inſonderheit im
letzten/ fuͤr dem allergreulichſten Laſter der Verzweiffelung behuͤten;
und weil umb die Zeit die Gefahr am groͤſten iſt/ der Satan auch
mit ſeinen feurigen Pfeilen/ mit dem Schrecken der Hoͤlle und des e-
wigen Todes/ am allerhefftigſten andringt und wuͤtet/ ſo verlaß mich
alsdann nicht/ guͤtiger JEſu/ ſondern erhalte mich in den hoͤchſten
Aengſten/ daß mich der Hoͤllen Abgrund ja nicht verſchlinge. Und weñ
mir gleich der leidige Sathan/ oder mein eigen Fleiſch und Blut/ die
Gedancken machen wolte/ als wann ich von dir keine Huͤlffe oder
Troſt haben wuͤrde/ ſondern endlich unter der Laſt der Anfechtung
verſincken muͤſte; So gib du Gnade/ HErr JEſu/ und ſtrecke mich
mit deinem Geiſt/ daß ich gleichwol wieder alle Hoffnung in die Hoff-
nung glaͤube/ und mich durch keine Waſſerwogen der Anfechtung/
wie grauſam ſie auch von allen Seiten zufallen moͤgen/ von dir ab-
treiben laſſe. Amen.

V.
Johannis 19.
Mich duͤrſtet.

HHErr JEſu Chriſte/ der du am Creutz geruffen haſt: Mich
duͤrſtet;
Dadurch du deinen leiblichen und geiſtlichen Durſt
haſt wollen zu erkennen geben; Wiewol dich vielmehr nach der
Menſchen Seligkeit/ denn nach einigen euſſerlichen Tranck geduͤrſtet
hat. Der leibliche Durſt hat durch den Tod in dir auffgehoͤret; Und
haſt denſelben darumb am Creutz leiden wollen/ weil wir im Para-
dieß/ in unſern erſten Eltern/ mit dem Fras geſuͤndigethatten/ und
dadurch in die ewige Verdamnuͤß gefallen waren. Aber der geiſtliche
Durſt wehret nochmal an dir/ wird auch nicht auffhoͤren biß zum En-
de der Welt; Jſt anders nicht/ denn eine hertzliche und bruͤnſtige Be-
gierde nach unſer Seligkeit; O HErr JEſu gib Gnade/ daß ich die-
ſen deinen heiligen Durſt/ ſo viel mich angehet/ ſtillen mag. Erwecke
auch in mir einen Durſt/ nach dem theuren lebendigen Waſſer/ das
auß dem ewigen unerſchoͤpflichen Brunnen des Lebens/ der allein bey
Gott iſt/ durch deine heilige Wunden reichlich daher quellet; Traͤncke
mich auch mit demſelbigen Waſſer dem kraͤfftigen Himmel-Tranck/

jetzt
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[452/0494] Die ſtieben Wort Chriſti. ALlerliebſter HErꝛ JEſu Chriſte/ der du am Creutz ſo hoch in Angſt und Noht kommen/ und ſo tieff in Leyden geſuncken biſt/ daß du/ als ein warhafftiger Menſch/ zu deinem Vater geruf- fen haſt: Mein Gott/ mein Gott/ wiehaͤſtu mich ver- laſſen? Jch bitte dich durch die hohe bittere Angſt/ unſegliche Mar- ter/ Zittern und Zagen/ damit du biſt am Creutz von allen Seiten haͤuffig/ wie mit einer ſtarcken Waſſerfluth/ uͤberſchwemmet/ und zu dieſem Gebet biſt gedrungen worden/ du wolleſt mich inſonderheit im letzten/ fuͤr dem allergreulichſten Laſter der Verzweiffelung behuͤten; und weil umb die Zeit die Gefahr am groͤſten iſt/ der Satan auch mit ſeinen feurigen Pfeilen/ mit dem Schrecken der Hoͤlle und des e- wigen Todes/ am allerhefftigſten andringt und wuͤtet/ ſo verlaß mich alsdann nicht/ guͤtiger JEſu/ ſondern erhalte mich in den hoͤchſten Aengſten/ daß mich der Hoͤllen Abgrund ja nicht verſchlinge. Und weñ mir gleich der leidige Sathan/ oder mein eigen Fleiſch und Blut/ die Gedancken machen wolte/ als wann ich von dir keine Huͤlffe oder Troſt haben wuͤrde/ ſondern endlich unter der Laſt der Anfechtung verſincken muͤſte; So gib du Gnade/ HErr JEſu/ und ſtrecke mich mit deinem Geiſt/ daß ich gleichwol wieder alle Hoffnung in die Hoff- nung glaͤube/ und mich durch keine Waſſerwogen der Anfechtung/ wie grauſam ſie auch von allen Seiten zufallen moͤgen/ von dir ab- treiben laſſe. Amen. V. Johannis 19. Mich duͤrſtet. HHErr JEſu Chriſte/ der du am Creutz geruffen haſt: Mich duͤrſtet; Dadurch du deinen leiblichen und geiſtlichen Durſt haſt wollen zu erkennen geben; Wiewol dich vielmehr nach der Menſchen Seligkeit/ denn nach einigen euſſerlichen Tranck geduͤrſtet hat. Der leibliche Durſt hat durch den Tod in dir auffgehoͤret; Und haſt denſelben darumb am Creutz leiden wollen/ weil wir im Para- dieß/ in unſern erſten Eltern/ mit dem Fras geſuͤndigethatten/ und dadurch in die ewige Verdamnuͤß gefallen waren. Aber der geiſtliche Durſt wehret nochmal an dir/ wird auch nicht auffhoͤren biß zum En- de der Welt; Jſt anders nicht/ denn eine hertzliche und bruͤnſtige Be- gierde nach unſer Seligkeit; O HErr JEſu gib Gnade/ daß ich die- ſen deinen heiligen Durſt/ ſo viel mich angehet/ ſtillen mag. Erwecke auch in mir einen Durſt/ nach dem theuren lebendigen Waſſer/ das auß dem ewigen unerſchoͤpflichen Brunnen des Lebens/ der allein bey Gott iſt/ durch deine heilige Wunden reichlich daher quellet; Traͤncke mich auch mit demſelbigen Waſſer dem kraͤfftigen Himmel-Tranck/ jetzt

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/494>, abgerufen am 26.06.2024.