Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Die erbare Hure. Bettelvögte ins Grab geworffen/ aber ihre durch das Blut JEsuChristi gereinigte Seele/ sey durch die H. Engel in Abrahams Schoß getragen worden. Jch zweifle nicht daran/ sagte Ehrenhold/ es werde Freude im Unglückseliger aber ist zu schätzen/ Juncker Holofernes! Daß Holofernes hoffärtig gewesen war/ das legeten sie also auß: Daß er seine Bauren biß auffs Blut geschoren/ und etlichen das Daß er Hurerey und Ehebruch getrieben/ gefressen und gesoffen/ Deß Holofernes gewesener Priester und Beichtvater M. Sim- ler
Die erbare Hure. Bettelvoͤgte ins Grab geworffen/ aber ihre durch das Blut JEſuChriſti gereinigte Seele/ ſey durch die H. Engel in Abrahams Schoß getragen worden. Jch zweifle nicht daran/ ſagte Ehrenhold/ es werde Freude im Ungluͤckſeliger aber iſt zu ſchaͤtzen/ Juncker Holofernes! Daß Holofernes hoffaͤrtig geweſen war/ das legeten ſie alſo auß: Daß er ſeine Bauren biß auffs Blut geſchoren/ und etlichen das Daß er Hurerey und Ehebruch getrieben/ gefreſſen und geſoffen/ Deß Holofernes geweſener Prieſter und Beichtvater M. Sim- ler
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Die erbare Hure.
Bettelvoͤgte ins Grab geworffen/ aber ihre durch das Blut JEſu
Chriſti gereinigte Seele/ ſey durch die H. Engel in Abrahams Schoß
getragen worden.
Jch zweifle nicht daran/ ſagte Ehrenhold/ es werde Freude im
Himmel geweſen ſeyn/ Freude bey Gott dem Vater/ Freude bey
Gott dem Sohn/ Freude bey Gott dem H. Geiſt/ Freude bey den H.
Engelen/ bey den Thronen und Herrſchafften/ bey den Cherubim und
Seraphinen/ Freude bey allen andern außerwehlten Kindern Got-
tes/ als dieſes durch ihre eigene Mutter verfuͤhꝛtes armes Schaͤfelein/
widerumb zu der Herde Chriſti iſt gebracht worden.
Ungluͤckſeliger aber iſt zu ſchaͤtzen/ Juncker Holofernes!
Dann als er zum letzten mal zu Ninive in der Corinnaͤ Hauſe war/
die gantze Nacht Hurerey getrieben/ den gantzen Tag gefreſſen und
geſoffen/ gefluchet/ und ſich wol hundert mal dem Teuffel ergeben hat-
te/ und gegen Abend auß der Stadt ritte/ fiel er vom Pferde und
brach den Hals/ beſchloß alſo ſein Leben/ wie Virgilius ſein Buch:
Vitaque cum gemitu fugit indignata ſub umbras. Sein Leib
wurde zwar praͤchtig und anſehnlich begraben/ die Ritterſchafft auß
gantz Arcadia wohneten ſeinem Begraͤbnuͤß bey/ die Poeten nahmen
Geld/ und machten Ehren-Reime/ ſie ruͤhmeten ſein uhraltes Ge-
ſchlecht/ ſeine ritterlichen Thaten/ und die getreuen Dienſte/ die er ſei-
nem Vaterland zu gutem/ in Krieg und Friedenszeiten erwieſen haͤt-
te. Kurtz geſagt/ alle ſeine Laſter verwandelten ſie in Tugenden.
Daß Holofernes hoffaͤrtig geweſen war/ das legeten ſie alſo auß:
Er ſey ein Mann geweſen/ der ſeine Reputation habe wiſſen in acht
zu nehmen. Er ſey ipſa Gravitas. (die Tapfferkeit ſelbſt) geweſen.
Daß er ſeine Bauren biß auffs Blut geſchoren/ und etlichen das
Fell gar uͤber die Ohren gezogen/ legten ſie alſo auß: Er ſey ein guter
Haußhalter geweſen/ er habe die Einnahme in ſeinem Regiſter weit
hoͤher gebracht/ als ſein ſeliger Herr Vater jemals haͤtte bringen
koͤnnen.
Daß er Hurerey und Ehebruch getrieben/ gefreſſen und geſoffen/
deuteten ſie alſo: Er ſey ein hoͤflicher Cavalliere geweſen/ der eine gu-
te Compagni nicht verſtoͤret habe. Das Adeliche Frauenzimmer ha-
be ihn allenthalben und jederzeit gern wiſſen/ ſehen und leiden moͤgen.
Deß Holofernes geweſener Prieſter und Beichtvater M. Sim-
plicius war nicht gut genug ihm die Leich-Predigt zu thun/ ſondern
es wurde auß der Nachbarſchafft geholet/ Doctor Pompilius
Geitzkefeler/ der bekam drey Portugaloͤſer/ daß er die Leich-Predigt
thaͤte: Als nun die Predigt beſchloſſen war/ und die Perſonalia ſol-
ten abgeleſen werden/ machte D. Geitzkefeler den Holofernes zu ei-
nem Heiligen/ und wann noch Platz im Calender/ und D. Geitzkefe-
ler
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